Sie sind hier: Home > Baugewerbe > Bündner Whistleblower abgeblitzt: Keine Entschädigungen für Quadroni

Bündner Whistleblower abgeblitzt: Keine Entschädigungen für Quadroni

Adam Quadroni liess das Bündner Baukartell auffliegen. Die Regierung wies nun Forderungen nach einer Millionenentschädigung wegen «fehlender Rechtsgrundlage» zurück. Sein Anwalt bestreitet das.

Bleischwer war die Atmosphäre im Grossratssaal des Kantons Graubünden: Gleich drei Regierungsräte traten am Dienstag vor die Medien, um den Entscheid im Fall des Whistleblowers Adam Quadroni zu verkünden. Der ehemalige Unternehmer und dreifache Familienvater aus Ramosch GR hatte den Skandal um vorgängige Preisabsprachen unter Baufirmen im Unterengadin zu Lasten des Kantons im Jahr 2017 auffliegen lassen; Preisabsprachen, an denen er selbst anfänglich beteiligt war.

Der Fall mit dem Gemauschel unter den Baufirmen aus dem beschaulichen Engadin sorgte landesweit für Schlagzeilen, zumal Adam Quadroni als «Einflüsterer» einen hohen Preis bezahlte. Seine Firma hatte bereits Konkurs gemacht. Dazu kam dann, dass sich auch Freunde und Familie von ihm abwandten.

Er war 2017 sogar vorübergehend verhaftet und für einige Tage in eine psychiatrische Klinik nach Chur gebracht worden. Der Polizeieinsatz war möglicherweise unverhältnismässig. Eine rechtliche Auseinandersetzung ist noch in Gang. Quadroni lebt inzwischen von einer Invalidenrente.

Petition für Quadroni gestartet

Dank der Entlarvung des Kartells wurde der Kanton «nicht länger finanziell geschädigt», räumte Carmelia Maissen als Baudirektorin ein. Von einer «Einsparung» wollte sie nicht reden. Adam Quadroni hatte mehrfach geltend gemacht, dass der Kanton infolge der Auflösung des Kartells Ausgaben in Millionenhöhe habe vermeiden können. Über seinen Rechtsvertreter hatte er daher seit 2019 wiederholt aussergerichtlich Entschädigungsforderungen an den Kanton in einstelliger Millionenhöhe gerichtet.

Eine von mehr als 4000 Personen unterzeichnete und im Dezember 2024 eingereichte Online-Petition «Gerechtigkeit für Adam Quadroni – Entschädigung jetzt!» verlangte gar einen zweistelligen Millionenbetrag. Die Entschädigungsforderungen begründete Quadroni auch mit dem erwähnten Polizeieinsatz und dem fürsorgerischen Freiheitsentzug.

Doch für den Kanton Graubünden kommt eine solche Entschädigung in Millionenhöhe durch Steuergelder nicht infrage, wie der Bündner Finanzdirektor Martin Bühler (FDP) ausführte. Daher wurde auch die Petition zurückgewiesen. Dafür fehle es national und kantonal an einer rechtlichen Grundlage. Die Entschädigung eines Whistleblowers durch einen benachteiligten staatlichen Akteur wäre ein landesweites Novum.

In diesem Zusammenhang wurde auch auf den Entscheid des Nationalrats verwiesen, der im Frühjahr 2024 zum wiederholten Male die Schaffung eines Rechtsrahmens zum Schutz von Whistleblowern abgelehnt hatte.

Leichtes Entgegenkommen der Behörden

Matthias Brunner als Anwalt von Adam Quadroni bestreitet auf Anfrage von CH Media, dass es keine rechtliche Grundlage für eine Entschädigungszahlung gebe: «In Bezug auf den Polizeieinsatz gibt es das Haftungsgesetz für widerrechtliches Handeln.» Und in Bezug auf die Anzeige des Baukartells durch seinen Mandanten fehle es einfach am Goodwill der Regierung, diese Zivilcourage anzuerkennen.

Immerhin in einem Punkt kam die Bündner Regierung dem ehemaligen Unternehmer entgegen. Sie wertete seinen Fall als «Härtefall» und verzichtet daher auf «offene Forderungen». Das bedeutet, dass seitens der Behörden keine weiteren Betreibungen und Verlustscheine gegen den Whistleblower ausgestellt werden. Um wie viel Geld es dabei geht, wollte Bühler aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht sagen. Gemäss der Nachrichtenagentur Keystone-SDA handelt es sich bei diesen offenen Forderungen um 40’000 Franken.

Karin Huber als Erstunterzeichnerin der Petition zeigte sich nach der Medienkonferenz enttäuscht: «Es wäre mehr als gerechtfertigt, Quadroni für sein langes Leiden, an dem der Kanton mitschuldig ist, zu entschädigen.»

«Dank und Respekt» für die Aufdeckung

Infolge der Aufdeckung des Baukartells kam es zu zwei Untersuchungsberichten, unter anderem von einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Es wurde deutlich, dass Kadermitarbeiter des Tiefbauamtes ihre Sorgfaltspflicht verletzt hatten. Ausserdem wurden diverse Behördenvertreter kritisiert, die Quadroni falsch eingeschätzt und ihn deswegen ungerechtfertigt zwangseinweisen liessen.

Aus beiden Berichten resultierten Massnahmen, die nach Angaben der Regierung per Juni 2023 vollständig umgesetzt wurden. Unter anderem besteht seit Oktober 2022 im Kanton eine unabhängige Whistleblowing-Meldestelle für anonyme Meldungen im öffentlichen Beschaffungswesen.

Die Regierung hat Quadroni «Dank und Respekt» entgegengebracht. Wiederholt erklärten die Bündner Regierungsräte im Rahmen der Medienkonferenz, wie ihnen dieser Fall aus menschlicher Sicht leidtäte. Aber sie müssten sich an Recht und Gesetz halten. Angesichts dieser Betroffenheitsbekundung ist indes nur schwer nachvollziehbar, dass es zu keinem direkten Treffen zwischen Quadroni und den Bündner Regierungsräten kam.