So viel kostet ein Schweizer Film – und so viel bezahlt der Staat daran
Schweizer Filme ohne öffentliche Förderung – das gibt es praktisch nicht. Dass ein hiesiger Kinofilm hohe Einnahmen generiert, ist nämlich selten. Bei der Budgetierung wird gerade mal mit einem Prozent an Einnahmen kalkuliert – Subventionen und Sponsoring decken den Rest der Produktionskosten, wie das Bundesamt für Kultur (BAK) in einem Bericht zur Finanzierung des Schweizer Kinofilms schreibt.
Die Filmförderung, die mit dem neuen Filmgesetz ausgebaut werden soll, spielt also eine entscheidende Rolle. Sie bringt es auch mit sich, dass detailliert bekannt ist, wie viel ein Schweizer Film kostet und wer dafür bezahlt.
Am Beispiel eines fiktiven Spielfilms mit einem Budget von rund 2,9 Millionen Franken zeigt der Bund im Abstimmungskampf die Finanzströme rund um die Filmproduktion auf. Ausgegangen wird von einer Koproduktion, bei der ein Schweizer Produzent mit einem ausländischen Partner zusammenspannt: 780’000 Franken stammen aus dem Ausland. Die restlichen Mittel könnten wie folgt zusammenkommen:
Förderung durch das Bundesamt für Kultur (33%): Der Bund steuert über diverse Töpfe rund 940’000 Franken an die Produktion bei, der grösste Teil davon ist die Herstellungsförderung, die fast zwei Drittel ausmacht. Die Bundesfinanzierung muss nicht zurückbezahlt werden.
Regionalförderungen (20%): Nebst dem Bund unterstützen auch Kantone das Filmschaffen. In unserem Fall mit 570’000 Franken für Drehbuch, Entwicklung und Herstellung. Die Finanzierung durch die Regionalförderung muss ebenfalls nicht zurückbezahlt werden.Grösster Player in der Regionalförderung ist die Zürcher Filmstiftung, die jährlich total rund 7,2 Millionen Franken ausgibt. Es folgen die Westschweizer Fördergesellschaft Cinéforom (4,9 Mio.), die Berner Filmförderung (2,0 Mio.) und jene der Region Basel (1,2 Mio.).
Fernsehen (8%): Das Fernsehen (hauptsächlich die SRG) finanziert ebenfalls Kinofilme mit, hier mit 230’000 Franken. Mit dem Beitrag wird es Mitinhaber und erhält Senderechte, um den Film im Programm zu zeigen oder auf Portalen anzubieten. Die Sender kriegen eine Gegenleistung für ihr Geld. Ist der Film erfolgreich, kann es auch zu Rückzahlungen kommen.
Produktionsfirma (5%): Der Bund verlangt, dass sich Produzenten, Regie oder Technik angemessen beteiligen. Im Beispiel verzichten sie zunächst auf einen Teil ihres Honorars oder Lohns verzichten, hier 130’000 Franken. Generiert der Film genügend Einnahmen, werden diese ausbezahlt.
Verleihgarantie (unter 1%): Mit dem Filmverleiher, der den Film in die Kinos bringt, können die Produzenten einen Vorschuss auf die Kinoeinnahmen vereinbaren. Die Verteilung weiterer Einnahmen über diese Minimumgarantie hinaus wird vertraglich geregelt.
Übrige (7%): Eine Reihe weiterer Finanztöpfe stehen Filmproduzenten zur Verfügung. Dazu gehören Branchenorganisationen oder Kulturförderer wie das Migros Kulturprozent. Diese Beträge müssen die Produzenten in der Regel nicht zurückbezahlen.
Durchschnittlich 24 Spielfilme kommen pro Jahr zustande, die mit der Förderung unterstützt werden. Sie kosten im Schnitt 2,5 Millionen Franken – der Beispielfilm ist also leicht teurer, was typisch ist für eine Koproduktion. Filme, die nur in der Schweiz produziert werden, haben in der Regel ein kleineres Budget.
Mit allen Fördermöglichkeiten könne ein Film auf rund 1,7 bis 1,8 Millionen Franken Unterstützung durch den Bund kommen, sagte Laurent Steiert, stellvertretender Leiter der Sektion Film beim Bundesamt für Kultur (BAK). Dass sich Filme mit Budgets über 3 Millionen Franken in der Schweiz praktisch nicht eigenständig finanzieren lassen, erklärt das BAK unter anderem mit der Kleinräumigkeit der Sprachräume und des Filmmarkts.
Günstigere Dokumentarfilme
Nebst den Spielfilmen werden pro Jahr im Schnitt auch 53 Dokumentarfilme gedreht. Diese sind jedoch um einiges günstiger: Ihre Kosten belaufen sich durchschnittlich auf 460’000 Franken.
Die drei Haupttöpfe für die Filmfinanzierung – Bund, Regionen, Fernsehen – finanzieren zusammen fast 80 Prozent des Schweizer Films. Die Töpfe umfassen zusammen rund 47 Millionen Franken, sind aber unterschiedlich gross:
Zukünftig mehr Serien?
Nur einen Bruchteil dieser Mittel setzt der Bund für Fernsehfilme und Serien ein, rund zwei Millionen Franken. Hier spielt die gebührenfinanzierte SRG die grösste Rolle, die dafür laut Bund rund 27 Millionen Franken pro Jahr ausgibt. (Die Gegner der «Lex Netflix» beziffern die SRG-Ausgaben auf 50 Millionen Franken.)
Das Schweizer Fernsehen (SRF) listet detailliert auf, wie viel Geld es für seine Sendungen ausgibt. Ein Schweizer «Tatort» kostet rund 2,1 Millionen Franken, die Serie «Frieden» etwa eine Million Franken. Von den drei Millionen Franken Produktionskosten für «Tschugger» soll SRF 70 Prozent, also rund 2,1 Millionen Franken übernommen haben. Private Sender geben weitere rund 6 Millionen für Kino- und Fernsehfilme sowie Serien aus.
Die sogenannte «Lex Netflix» erhöht nicht die existierenden Beträge für die Filmförderung, sondern schafft ein neues Instrument. Streamingdienste wie Netflix und alle Fernsehsender müssen bei Annahme des Filmgesetzes vier Prozent ihres Umsatzes in Schweizer Filme investieren (einige Sender müssen das schon heute tun).
Nach Berechnung des Bundes fliessen damit weitere 18 Millionen Franken in die Filmförderung. Die Gegner bezeichnen die Pflicht als Filmsteuer und gehen von weit höheren Beträgen aus.
Bei der Filmförderung steht nicht zwingend der kommerzielle Erfolg, sondern der künstlerische und kulturelle Aspekt, die Förderung des einheimischen Filmschaffens und dessen Vielfalt im Vordergrund, sagte Steiert. Er geht davon aus, dass die Mittel aus der Investitionspflicht der «Lex Netflix» marktorientierter ausgegeben würden. Die grossen Plattformen hätten ein Interesse daran, in Produktionen zu investieren, die auf ihren Plattformen nachgefragt werden.
Das könnten durchaus auch Serien sein.