Bürgerliche und Wirtschaftsverbände weibeln für Abschaffung der Stempelsteuer
Die Abschaffung der Stempelsteuer ist umstritten. Der Bundesrat und das Parlament wollen sie eliminieren, um das Wirtschaftswachstum zu fördern. Die Ratslinke und die Gewerkschaften sehen in der Abschaffung dagegen eine weitere Bevorzugung der Grosskonzerne, weshalb sie das Referendum ergriffen haben. Am 13. Februar wird abgestimmt. Am Dienstag nun haben die Befürworter der Vorlage ihre Argumente dargelegt, welche Vorteile sie in einem System ohne Stempelsteuer sehen.
Es stimme nicht, dass das Kapital und die Wirtschaft immer mehr entlastet werde, derweil die finanzielle Belastung für die Bürgerinnen und Bürger immer weiter ansteige, sagte Nationalrat Fabio Regazzi (Mitte/TI) vor den Medien in Bern. Zudem profitieren laut dem Redetext des Präsidenten des Gewerbeverbands nicht in erster Linie Grosskonzerne von der Abschaffung der Stempelsteuer, sondern zu 90 Prozent kleine und mittlere Betriebe, sprich KMU.
Gegen die Krise und für Start-ups
In dieselbe Kerbe schlug auch Lars Guggisberg. Stecke die Wirtschaft in einer Rezession, dann würden Unternehmen Abgaben besonders stark belasten. Auf die aktuelle Situation umgemünzt bedeutet dies laut dem Berner SVP-Nationalrat, dass die Stempelabgabe die Erholung von den wirtschaftlichen Folgen Coronapandemie bremst. Darum gehöre sie in der aktuellen Situation nun erst recht abgeschafft.
GLP-Nationalrätin Judith Bellaiche (ZH) wiederum argumentierte, gerade Start-Ups würden bei Kreditvergabe nicht in das klassische Muster passen. Dies, weil sich die Kreditfähigkeit von Unternehmen in der Regel an Umsatz- und insbesondere an Gewinnzahlen orientiere. Auch da sei die Stempelabgabe schädlich und gehöre folglich abgeschafft.
Bei der Abstimmung vom 13. Februar geht es konkret um die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital. Sie muss bezahlt werden, wenn ein Unternehmen neu gegründet wird oder wenn ein bestehendes sein Eigenkapital erhöht. Diese Steuer schwächt laut Ueli Maurer den Unternehmensstandort Schweiz, auch angesichts der OECD-Steuerreform, die eine globale Mindeststeuer vorsieht. Beim bundesrätlichen Start des Abstimmungskampfes im Dezember argumentierte der Finanzminister, damit diese bevorstehende Mehrbelastung weniger ins Gewicht falle, gelte es jetzt, die Unternehmen an anderen Orten zu entlasten.
Linke und Gewerkschaften kritisieren «Steuer-Bschiss»
«Haben wir den Vorteil attraktiverer, tieferer Gewinnsteuern nicht mehr, müssen wir den Unternehmen andere Vorteile bieten», lässt sich Thierry Burkart in der Mitteilung des Pro-Komitees zitieren. Kapital sei mobil und werde schnell neu alloziert, so der Aargauer Ständerat und FDP-Präsident weiter. Gerade als kleines Land sei die Schweiz darum auf Investitionen aus aller Welt angewiesen.
Eine Allianz aus SP, Grünen und EVP sowie dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) und dem Gewerkschaftsverband Travail.Suisse sieht das anders. Sie hat gegen die Vorlage das Referendum ergriffen. Die Gegner sprechen vom «Stempelsteuer-Bschiss». Die Abschaffung der Emissionsabgabe sei Teil einer seit Jahren andauernden Salamitaktik, mit der Grosskonzerne und Kapitalbesitzer steuerlich bevorzugt werden sollten. Arbeit und Konsum würden derweil weiter belastet, die geschätzten Mindereinnahmen von 200 bis 250 Millionen Franken jährlich müssten die Arbeitnehmenden tragen. (sat)