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Darum geht es bei der Abstimmung über die Beteiligung der Schweiz am Frontex-Ausbau

Am 15. Mai stimmt die Schweizer Bevölkerung darüber ab, ob sich die Schweiz künftig finanziell und personell stärker am Ausbau der EU-Grenzschutzbehörde Frontex beteiligen soll. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Abstimmung.

Was ist Frontex?

Frontex wurde 2004 gegründet. Es ist die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache. Sie unterstützt die 26 Schengen-Staaten operativ bei der Kontrolle der Schengen-Aussengrenze. Es geht um unkontrollierte Migration und um die Bekämpfung von grenzüberschreitender Kriminalität. Frontex hat eine koordinierende und unterstützende Funktion. Sie führt keine Aktionen durch ohne Einverständnis des Einsatzstaates. Zuständig bleibt immer der Staat an der Aussengrenze.

Weshalb wird Frontex ausgebaut?

Der Ausbau hängt mit der Migrationskrise 2015 zusammen. Es zeigte sich, dass die Aussengrenzen Lücken aufweisen. Die Grenzübertritte konnten nicht umfassend kontrolliert werden. Das ist aber wichtig, weil im Schengen-Raum keine systematischen Personenkontrollen durchgeführt werden. Deshalb soll Frontex bis 2027 schrittweise mehr Geld, Ausrüstung und Personal erhalten. Frontex werden 10 000 Personen als Reserve zur Verfügung gestellt. Es geht dabei um 3000 Einsatzkräfte, die direkt bei Frontex angestellt sind und um 7000 Expertinnen und Experten aus den 26 Schengen-Staaten.

Welche Rolle spielt die Schweiz?

Die Schweiz beteiligt sich seit 2011 an Frontex. Sie unterstützt die Grenzagentur anteilsmässig, wie es im Schengen-Abkommen vereinbart wurde. 2021 zahlte die Schweiz 21 Millionen Franken an die Agentur und steuerte sechs Vollzeitstellen bei. Mit dem Ausbau erhöhen sich der finanzielle Beitrag der Schweiz auf 61 Millionen Franken bis 2027 und die personelle Unterstützung auf maximal 40 Personen.

Weshalb stimmen wir ab?

Ein Komitee um das Migrant Solidarity Network mit rund 90 Organisationen brachte das Referendum mit 62 000 Unterschriften zu Stande. SP und Grüne schlossen sich nach anfänglichem Zögern ebenfalls an. Frontex gilt für Linke als Feindbild für die «Festung Europa». Menschenrechtsverletzungen und illegales Zurückschieben von Migrantinnen und Migranten (Pushbacks) sind das Hauptargument gegen den Frontex-Ausbau. Im Abstimmungsbüchlein schreibt das Komitee: «Die Vorwürfe gegen Frontex wiegen schwer: Intransparenz, Wegschauen und Beteiligung bei Menschenrechtsverletzungen.»

Verletzt Frontex Grundrechte?

Es gibt mehrere Untersuchungen dazu. Am substanziellsten ist der Bericht der EU-Antibetrugsbehörde Olaf. Sie ermittelte ein Jahr lang gegen Frontex. Ihr Bericht ist geheim. Laut «Spiegel» werden drei Frontex-Führungskräfte beschuldigt, gegen EU-Gesetze verstossen zu haben. Der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments verweigert Frontex deshalb die Entlastung und fordert die Veröffentlichung des Olaf-Berichts. Mit dem Ausbau von Frontex sollen auch die Grundrechte gestärkt werden. Der Grundrechtsbeauftragte, den es seit 2011 gibt, erhält 40 Grundrechtsbeobachterinnen und Grundrechtsbeobachter. Sie werden die Einsätze vor Ort beaufsichtigen.

Wer ist für den Frontex-Ausbau?

Bundesrat wie Parlament sprechen sich für den Frontex-Ausbau aus. Auch FDP, Mitte, GLP, SVP und Economiesuisse sagen Ja. Die Schweiz solle bei der Überwachung der Schengen-Aussengrenzen ihren Teil der Verantwortung tragen und die Zusammenarbeit mit den europäischen Ländern nicht aufs Spiel setzen, betont das überparteiliche Ja-Komitee.

Welche Folgen hätte ein Nein?

Sagt die Schweiz Nein, ende die Zusammenarbeit mit den Schengen/Dublin-Staaten automatisch, sagen die Befürworter. Die Schweiz müsse der EU ein Nein notifizieren, hielt Justizministerin Karin Keller-Sutter fest. Damit würde eine Frist von 90 Tagen zu laufen beginnen. In dieser Zeit braucht es einen einstimmigen Beschluss aller EU-Staaten, damit die Schweiz nicht automatisch aus Schengen/Dublin ausgeschlossen wird. Das sei illusorisch angesichts der Schwierigkeiten der Schweiz mit der EU, glauben Befürworter. Ein Rauswurf aus Schengen/Dublin hätte aber «schwerwiegende Folgen» für Sicherheit, Asylwesen, Grenzverkehr, Tourismus und Wirtschaft. Die SP hingegen spricht von Propaganda und betont, es habe immer Verzögerungen gegeben – ohne Folgen. Eine innenpolitisch veränderte Vorlage könne zudem schon in der Sommersession durch das Parlament. Als Entgegenkommen fordert sie eine Erhöhung des UNHCR-Resettlement-Kontingents von 1600 auf 4000 Personen pro zwei Jahre.