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Mindeststeuer, Klimavorlagen, Bahnausbau, Ombudsstelle und Covid-Gesetz: So positionieren sich die Aargauer Parteien

Alle Parteien haben die Parolen für die Abstimmungen vom 18. Juni gefasst. Differenzen gibt es vor allem bei der Aargauer Klimaschutz-Initiative – die EVP empfiehlt ein Ja, obwohl ihr Co-Präsident das Volksbegehren ablehnt. Und die SVP unterstützt trotz Empfehlung zur Stimmfreigabe den S-Bahn-Ausbau im Fricktal.

Sechs Abstimmungen stehen am 18. Juni an – Klimagesetz, Covidgesetz und OECD-Mindeststeuer auf nationaler Ebene, Klimaschutz-Initiative,Bahnausbau im Fricktal und eine neue Ombudsstelle im Kanton. SP, Mitte und EVP haben Ende April an ihren Parteitagen die Parolen für den Urnengang gefasst. Bei den meisten Vorlagen sind die Empfehlungen der drei Parteien gleich – doch es gibt interessante Unterschiede.

Die Mitte unterstützt alle drei nationalen Vorlagen, sagt also auch Ja zum Klimaschutzgesetz, das eine Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses bis 2040 im Vergleich zum Stand von 1990 um 75 Prozent vorsieht. Die kantonale Klimaschutz-Initiative, die verlangt, dass jährlich an mindestens 3 Prozent der Gebäude auf Kantonsgebiet energetische Sanierungen unterstützt werden, lehnt die Mitte hingegen ab. Ja sagt die Partei zum Bahnausbau im Fricktal und zur geplante Ombudsstelle des Kantons.

Mitte würdigt Ortspräsident von Windisch und Ruth Humbel

Am Parteitag wurde auch der Mitte-Oskar verliehen – die Auszeichnung ging an Stefan Stammbach, den Präsidenten der Ortspartei Windisch. Stammbach hatte eine Solidaritäts-Kundgebung für die betroffenen Mieterinnen und Mieter organisiert, denen die Wohnung gekündigt worden war, weil der Besitzer einen Neubau plant und der Kanton die Liegenschaft bis dahin als Asylunterkunft nutzen will.

Am Parteitag der Mitte wurde die langjährige Nationalrätin Ruth Humbel geehrt.
Bild: Alex Spichale

Zudem würdigte Mitte-Präsidentin Marianne Binder das langjährige politische Wirken von Nationalrätin Ruth Humbel. Sie gehörte zu den renommiertesten Gesundheitspolitikerinnen in der Bern, habe zahlreichen Vorlagen ihren Stempel aufgedrückt und Abstimmungskampagnen im Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich geprägt.

SP gegen Steuerwettbewerb – aber auch gegen Mindeststeuer

Die SP empfiehlt bei beiden Klimavorlagen ein Ja, sie unterstützt sowohl das nationale Gesetz als auch die kantonale Initiative. Der Gebäudepark sei für etwa einen Drittel des CO₂-Ausstosses im Aargau verantwortlich, schreibt die Partei. «Leider liegt die Gebäudesanierungsrate seit Jahren bei nur rund einem Prozent», kritisiert die SP – dies solle sich dank der Initiative ändern. Ja sagen die Genossinnen und Genossen auch zum Bahnausbau im Fricktal, zur neuen Ombudsstelle sowie zum Covid-Gesetz.

Die SP Aargau unterstützt grundsätzlich auch die Idee der OECD-Mindeststeuer als Bremse des internationalen Steuerwettbewerbs. Die vorgeschlagene Umsetzung sehe jedoch vor, dass Kantone mit bisher tiefen Steuersätzen unverhältnismässig stark profitierten. Co-Präsident Stefan Dietrich kritisierte: «Die Bevölkerung geht leer aus: kein Geld für Kitas, keine Prämienverbilligungen, kein Teuerungsausgleich für AHV-Renten.» Die Delegierten fassten mit 52 zu 11 Stimmen die Nein-Parole.

Colette Basler, SP-Co-Fraktionspräsidentin, sitzt auch im Vorstand des Bauernverbandes – hier auf ihrem Hof in Zeihen.
Bild: Sandra Ardizzone

Die SP-Delegierten stimmten auch einem Positionspapier zu Ernährung und Landwirtschaft zu. Colette Basler, Gossrätin und Bäuerin, sagt dazu: «Wir sind überzeugt, dass Gesellschaft und Landwirtschaft zusammenarbeiten müssen. So entstehen neue, zukunftsgerichtete und innovative Lösungen.» Klima- und Biodiversitätskrise seien grosse Herausforderungen der nächsten Jahre. Gleichzeitig habe die Landwirtschaft einen Ernährungssicherungsauftrag zu erfüllen.

Klimaschutz-Initiative: EVP-Co-Präsident dagegen, Parteibasis dafür

Auch die EVP-Mitglieder trafen sich zur Parolenfassung und sagten letztlich Ja zu allen sechs Vorlagen. Co-Präsidentin Therese Dietiker verglich den Politik-Abend mit einer «Tour d’Horizon». Diskussionen gab es insbesondere zur kantonalen Klimaschutz-Initiative, die Grünen-Grossrat Robert Obrist vorstellte.

Roland Frauchiger, Co-Präsident der EVP Aargau, sprach sich gegen die Klimaschutz-Initiative aus.
Bild: Henry Muchenberger

Obrist warb als Mitglied des Initiativkomitees für mehr Investitionen beim Förderprogramm für energetische Gebäudesanierungen. Roland Frauchiger, Grossrat und Co-Präsident der EVP Aargau, bewertete die Initiative hingegen als gut gemeint, aber nicht umsetzbar. Doch die Parteibasis folgte Frauchiger nicht: «Nach reger Diskussion beschlossen die Versammelten schliesslich mit grossem Mehr die Ja-Parole», teilt die EVP mit.

SVP sagt viermal Nein und einmal Ja

Die SVP Aargau hat die Parolen für die Abstimmungen am Parteitag vom 10. Mai in Zeihen gefasst. Die Volkspartei sagt insgesamt viermal Nein und zweimal Ja, gleichmässig verteilt auf die nationalen und kantonalen Vorlagen. Die OECD-Mindeststeuer für grosse Unternehmen unterstützt die SVP, zum Klimagesetz – das sie als Stromfressergesetz bezeichnet – und zum Covid-19-Gesetz fasste der Parteitag die Nein-Parole.

Auf kantonaler Ebene unterstützt die SVP den S-Bahnausbau im Fricktal – der Parteitag fasste die Ja-Parole, in der Parteizeitung SVP aktuell hatte sich Grossrat Patrick Gosteli noch für eine Stimmfreigabe ausgesprochen. Nein sagten die SVP-Mitglieder zur Schaffung einer Ombudsstelle im Aargau und zur kantonalen Klimaschutz-Initiative.

Grüne sagen fünfmal Ja und beschliessen einmal Stimmfreigabe

Als letzte Kantonalpartei haben die Grünen am 16. Mai die Parolen für den kommenden Abstimmungssonntag gefasst, wie die Partei auf Twitter schreibt. Die Grünen sagen fünfmal Ja: Sie unterstützen alle drei kantonalen Vorlagen sowie das Covid-19-Gesetz und das Klimaschutzgesetz auf kantonaler Ebene.

Stimmfreigabe wurde am Parteitag in Buchs am Dienstagabend für die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer beschlossen. Damit folgen die Aargauer Grünen der Schweizer Mutterpartei, die ebenfalls Stimmfreigabe empfiehlt. Die Argumente dahinter: Die Mindeststeuer sei ein historischer Fortschritt für mehr internationale Steuergerechtigkeit, könnte aber den Steuerwettbewerb zwischen den Kantone weiter befeuern.