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GLP Aargau sagt Nein zum Medienpaket und könnte Abweichler-Sektion werden, Gratiszeitungs-Verleger irritiert über politische Aussagen

Glaubt man der aktuellsten Umfrage von Tamedia und «20 Minuten», wird das Medienpaket am 13. Februar an der Urne abgelehnt. Demnach sagten 39 Prozent Ja zum Mediengesetz, 57 Prozent sprechen sich dagegen aus. Damit ist das Nein-Lager im Vergleich zur ersten Befragung von Anfang Januar um 6 Prozentpunkte gewachsen. 4 Prozent der Teilnehmenden an der Umfrage – diese wurde auf den Newsportalen der Tamedia-Zeitungen durchgeführt – sind noch unentschlossen. Mehrheiten findet die Vorlage laut der Umfrage im Lager der SP und Grünen sowie knapp bei der GLP. Nein sagen demnach Wählerinnen und Wähler von SVP, FDP und Mitte.

Vergleicht man diese Ergebnisse mit den Parolen der Parteien im Aargau, ergibt sich ein ähnliches Bild – allerdings mit bemerkenswerten Abweichungen bei zwei Parteien. So hat die Aargauer GLP an ihrer Mitgliederversammlung vom 13. Januar die Nein-Parole gefasst. Für ein Ja setzte sich Martin Nietlispach von der Freiämter Regionalmedien AG ein, für ein Nein warb Evelyn Motschi von den Jungfreisinnigen Aargau. Eine knappe Mehrheit der Aargauer Grünliberalen folgte der Jungpolitikerin, wie die GLP nach der Mitgliederversammlung mitteilt.

GLP und Mitte entscheiden am Samstag über nationale Parolen

Damit entspricht die Parole der Aargauer GLP nicht der Position der grünliberalen Wählerinnen und Wähler, die sich in der Tamedia-Umfrage für ein Ja aussprachen. Und die GLP Aargau könnte auch parteiintern zur Abweichler-Sektion werden: Die GLP Schweiz fasst ihre Parole am Samstag, der Parteivorstand und die Bundeshausfraktion empfehlen der nationalen Delegiertenversammlung ein Ja zum «Massnahmenpaket zu Gunsten der Medien».

Ebenfalls anders als ihre Wählerschaft positionierte sich die Mitte Aargau: Am Parteitag vom 18. Januar wurde grossmehrheitlich die Ja-Parole beschlossen. In der Tamedia-Umfrage zeigte sich aber, dass 55 Prozent der Mitte-Anhänger das Medienpaket ablehnen. Immerhin dürfte die Parole der Mitte Aargau im Einklang mit jener der nationalen Partei stehen: Die Bundeshausfraktion hat sich klar für ein Ja ausgesprochen und empfiehlt dies auch der Delegiertenversammlung, die am Samstag stattfindet.

Die übrigen Parolen der Aargauer Parteien entsprechen sowohl denen ihrer Wählerschaft gemäss aktuellster Umfrage als auch denen der nationalen Parteien, Nein sagen SVP, FDP, EDU und GLP, ein Ja empfehlen SP, Grüne, EVP und die Mitte, wie der Parolenspiegel zeigt.

SVP: Nein (Empfehlung der Geschäftsleitung)FDP: Nein (71 zu 22, Parteitag vom 18. Januar)GLP: Nein (knapp, Mitgliederversammlung vom 14. Januar)EDU: Nein (Parole der EDU Schweiz)Die Mitte: Ja (grossmehrheitlich, Parteitag vom 18. Januar) EVP: Ja (Parole der EVP Schweiz)Grüne: Ja (35 zu 1, Mitgliederversammlung vom 18. Januar)SP: Ja (54 zu 2, Parteitag vom 13. Januar)Aargauischer Gewerbeverband: NeinAargauische Industrie- und Handelskammer: NeinGewerkschaftsdachverband Arbeit Aargau: Ja

Gegen das Medienpaket sind auch die beiden Wirtschaftsverbände: «Der Vorstand der Aargauischen Industrie- und Handelskammer hat an seiner letzten Sitzung mit grosser Mehrheit die Nein-Parole gefasst», teilt Sprecherin Jelena Teuscher mit. Der Aargauische Gewerbeverband, der von SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner präsidiert wird, begründet seine Ablehnung in einer Mitteilung.

Gewerbeverband: «Nicht mehr wettbewerbsfähige Strukturen»

Das Präsidium des Gewerbeverbandes ist der Meinung, es werde lediglich die staatspolitisch und demokratisch hohe Bedeutung der Vielfalt von Medien betont. Zudem berücksichtige das Medienpaket die Bedürfnisse der lokalen und regionalen Medien in ungenügender Weise. Der Verband weist darauf hin, dass die Finanzierung der Medien heute im Wesentlichen durch die Wirtschaft erfolge. «Die KMU, die Werbung und Inserate schalten, werden dies dort machen, wo es am meisten Erfolg bringt», schreibt der Verband.

Ausgewählt werde derjenige Ort, wo auch die Mehrheit der Bevölkerung sich informiert. Der Bund wolle aber mit dem Medienpaket gerade jene Medien unterstützen, «die vom Inhalt oder von der Aufmachung oder von der Art des Mediums her nicht mehr attraktiv sind für die Bevölkerung». Das Medienpaket halte nicht mehr wettbewerbsfähige Strukturen am Leben, was volkswirtschaftlich schädlich sei.

Arbeit Aargau: «Medien sind Service public und müssen unterstützt werden»

Für ein Ja setzt sich Arbeit Aargau ein, die Dachorganisation der Gewerkschaften hält fest: «Die Medien sind vermehrt unter finanziellen Druck geraten, da sie ihre Werbeeinnahmen an internationale Internetplattformen verlieren.» Seit 2003 seien über 70 Zeitungen verschwunden, viele lokale und regionale Medien seien akut bedroht. «Unter dem finanziellen Druck in der Medienbranche leiden auch die Arbeitnehmenden – Löhne sinken, Arbeitsbedingungen verschlechtern sich und Arbeitsplätze werden abgebaut», schreibt Arbeit Aargau.

Aus der Sicht der Gewerkschaften ist eine vielfältige Medienlandschaft für eine starke Demokratie unabdingbar. «Die professionelle, differenzierte und unabhängige Berichterstattung ist Ausdruck der Meinungsfreiheit und fördert die Meinungsbildung landesweit, regional und kommunal.» Deshalb seien die Medien als Teil des Service public zu qualifizieren, was staatliche Unterstützungsleistungen nicht nur rechtfertige, sondern notwendig mache, schreibt Arbeit Aargau.

Gratiszeitungsverleger irritiert über politische Aussagen

Von den Mitteln aus dem Medienpaket würden im Aargau die Bezahlzeitungen profitieren, entsprechend setzen sich deren Verleger für ein Ja am 13. Februar ein. Daneben gibt es im Kanton mehrere Gratiszeitungen und -anzeiger wie die «Aarauer Nachrichten», den «Landanzeiger», den «Lenzburger Bezirksanzeiger», den «Generalanzeiger» und die «Rundschau» im Bezirk Brugg oder die «Limmatwelle» im Osten des Kantons. Diese würden keine zusätzlichen Gelder aus dem Medienpaket erhalten.

In einem Editorial im «Generalanzeiger» und in der «Rundschau» haben sich Verlagsleiter Stefan Bernet und Redaktionsleiterin Annegret Ruoff zur Abstimmung vom 13. Februar an die Leserschaft gewandt. Die beiden zeigen sich darin irritiert, wenn Politikerinnen und Politiker in Inseraten das Medienpaket mit einem Plädoyer für die regionalen Medien verbinden.

«Denn egal, ob Sie für oder gegen das Massnahmenpaket zugunsten der Medien stimmen – für uns bleibt finanziell alles, wie es war. Als Gratiszeitungen werden wir von weiteren Subventionen ausgeschlossen.» Bernet und Ruoff schreiben weiter:

«Wir fühlen uns dabei, ehrlich gesagt, etwas desavouiert. Machen unsere Kolleginnen und Kollegen bei den bezahlten Medien per se einen besseren Job als wir?»

Und sie halten fest: «Auch wenn wir Gratiszeitungen und keine bezahlten Abonnementsmedien herausgeben, ist unser Beruf für uns weit mehr als ein nettes Hobby.» Die Verantwortlichen von Generalanzeiger und Rundschau legen auch dar, wie sich ihre Medien finanzieren.

Den grössten Teil der Einnahmen machen Inserate, Publireportagen und weitere bezahlte Gefässe aus.

Die zweite Einnahmequelle bilden Gemeinden, die «Generalanzeiger» und «Rundschau» für ihre amtlichen Publikationen nutzen.

Geld kommt zudem von rund 1200 Leserinnen und Lesern, die den Verlag mit Spenden und Pluscard-Mitgliedschaften unterstützen.

Staatliche Förderung erhalten die Gratiszeitungen in Form von ermässigten Posttarifen. «Das ist für uns seit Jahren eine grosse Unterstützung», schreiben Bernet und Ruoff. Sie schliessen ihr Editorial mit einem Dank an die Leserschaft und einem Aufruf: «Wir schätzen es, dass Sie sich zum Massnahmenpaket zugunsten der Medien Ihre eigene Meinung bilden – ganz wie es sich in einer Demokratie gehört.»

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