Steuervorlage: «Alle profitieren», Frontex: «Totalschaden verhindern», kontroverse Netflix-Debatte
Am 15. Mai finden spannende Abstimmungen statt. Für einmal steht eine kantonale Vorlage im Vordergrund des Interesses: Die Steuervorlage. Mit ihr wollen die bürgerlichen Parteien die natürlichen Personen mit einer Anhebung des steuerlichen Versicherungsabzugs um 50 Prozent entlasten, und zeitlich gestaffelt die Gewinnsteuern für Firmen auf einheitlich 15,1 Prozent senken.
Der Vorstoss für die Firmensteuersenkung wurde von der FDP initiiert. Kein Wunder also, dass der FDP-Fraktionschef im Grossen Rat, Silvan Hilfiker, mit seiner Erläuterung und Werbung für die Vorlage am Parteitag am Mittwochabend in Wildegg auf offene Ohren stiess: «Alle profitieren von der Vorlage, denn damit machen wir den Aargau attraktiver», so Hilfiker.
Bis jetzt habe jede Steuersenkung langfristig zu Mehreinnahmen geführt. Zudem könne es sich der Aargau leisten, er habe ein Reservekasse von fast 800 Millionen Franken. Er hoffe auf ein Signal an die Firmen, dass der Aargau für sie attraktiver werde.
Der Direktor der Aargauischen Industrie- und Handelskammer (AIHK), Beat Bechtold, ergänzte, die Firmen bewerteten den Standort Aargau als gut, Nachholbedarf gebe es jedoch in der Steuersituation. Der Parteitag folgte den Referenten mit einstimmigem Ja.
Burkart zu Frontex: Totalschaden verhindern
Offene Türen rannte FDP-Präsident und Ständerat Thierry Burkart mit seiner Ja-Empfehlung zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands («Frontex») ein. Man brauche den Grenzschutz um die EU herum, warb er. Bei einem Nein zu dieser «dynamischen Rechtsübernahme» müsste die Schweiz wohl aus Schengen und Dublin austreten, und würde zur EU-Aussengrenze. Das wäre «ein europapolitischer Totalschaden». Der Parteitag sagt diskussionslos Ja zur Vorlage mit 63:1.
Deutliche Absage an die «Lex Netflix» nach intensiver Diskussion
Kontrovers diskutiert wurde die «Lex Netflix». Damit will der Bund Streaming-Dienste wie Netflix verpflichten, 4 Prozent ihrer hiesigen Einnahmen in das Schweizer Filmschaffen zu investieren, und 30 Prozent europäische Filme zu zeigen. Mia Jenni (SP/pro) und Anna Staub (Jungfreisinnige/kontra) kreuzten dazu die Klingen.
Jenni sagte, in Frankreich müssten die Dienste mehr zahlen. Sie warb, es sei keine Sondersteuer, sondern eine Investitionspflicht. Anna Staub hielt dagegen, die Vorlage greife unnötig in die Wirtschaftsfreiheit ein. Es sei eine neue Steuer: «Mehr Geld führt nicht einfach zu mehr Qualität oder mehr Publikum.»
Erschüttert über den russischen Angriff auf die Ukraine
Aus dem FDP-Publikum folgten viele kritische bis ablehnende Voten. Nationalrat Matthias Jauslin warb als einziger für ein Ja. Damit könne man in Europa mehr Schweizer Filme sehen. Thierry Burkart dagegen lehnt die Vorlage «aus liberaler Sicht» ab. Der Parteitag folgte ihm und den eigenen Jungen mit 55:9.
Die kantonale Parteipräsidentin Sabina Freiermuth war einleitend auf den «sinnlosen Überfall Russlands auf ein Brudervolk» zu sprechen gekommen. Das mache sprachlos. Die Hälfte der ukrainischen Kinder seien auf der Flucht, die Menschen litten unglaublich. Die Schutzbedürftigen seien unbürokratisch aufzunehmen, forderte sie.