Putins Angstmache zielt ins Leere – seine neuste Rede sollte auch den letzten Schweizer Appeasement-Verfechtern die Augen öffnen
Erst scheiterten Putins Truppen beim Versuch, Kiew einzunehmen. Dann gelang es ihnen nur bedingt, im Osten und Süden der Ukraine vorzurücken. Inzwischen müssen sie sich teilweise wieder zurückziehen, sogar die Grossstadt Cherson könnte bald von der Ukraine zurückerobert werden.
Der Kreml-Chef ist militärisch in Rücklage, darum versucht er es nun mit Atom-Drohungen. Indem er die Angst vor einem Nuklearschlag schürt, will er seine lausige Verhandlungsposition verbessern. Er hofft, dass im Westen mehr und mehr Politiker sagen, man müsse Russland jetzt Zugeständnisse machen – um des Friedens willen. Eine Strategie, die verzweifelte Kriegsherren schon früher anwendeten, wie der Schwerpunkt in der «Schweiz am Wochenende» zeigt.
Wir dürfen Putins Panikmache nicht verfallen. Erstens hat er auch in früheren Konflikten nukleare Drohungen ausgestossen, und nichts passierte. Zweitens ist seine Armee logistisch und technisch gar nicht in der Lage, taktische Atomwaffen einzusetzen. Das berichtet unser Kriegsreporter Kurt Pelda, der sich eben wieder mehrere Wochen lang in Frontnähe aufhielt. Nicht einmal Gasmasken seien vorhanden. «Die Stärke der russischen Armee wird massiv überschätzt, noch immer», sagt Pelda. Das liege daran, dass sich die Propaganda aus Moskau auch im Westen eingenistet habe.
Bundespräsident Ignazio Cassis sieht seinen Besuch in Kiew auch als Zeichen gegen die Angst. Kurz nach ihm reiste Deutschlands Präsident Frank-Walter Steinmeier erstmals dorthin. Zudem bekräftigten die neuen Regierungschefs Grossbritanniens und Italiens überaus deutlich, sie stünden an der Seite der Ukraine.
Das zeigt: Putin konnte Europa bislang nicht spalten.
Am Donnerstag hielt Putin erneut eine Angst-Rede. Er sagte, der Westen habe sich als Sieger gesehen. Nun stehe er am Abgrund, seine Ära ende. Der Liberalismus befinde sich in einer «doktrinären Krise». Wer es, wie gewisse Schweizer Appeasement-Verfechter, noch nicht gemerkt hat: Putin geht es nicht nur um die Ukraine. Er will, wie er selbst sagte, ein «neues Herrschaftssystem». Ein System des Autoritarismus und der Unfreiheit. Das Gegenteil von allem, was uns lieb und teuer ist.