AKB-Chefökonom im ZT-Talk: «Der steigende Preistrend bei den Immobilien wird anhalten»
Der Sprit an der Tanksäule wird immer teurer, die Hypo-Zinsen ziehen kräftig an, an der Börse geht es seit Wochen nur noch nach unten. Rutscht die Schweizer Wirtschaft in eine Rezession? Marcel Koller, der Chefökonom der Aargauischen Kantonalbank, ist zuversichtlich, dass das nicht passiert. Die Bekämpfung der Inflation sei eine grosse Herausforderung für alle Zentralbanken. «Sie müssen die Wirtschaft dämpfen können – aber nicht so stark, dass diese plötzlich ins Negativwachstum kippt», so Koller. «Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Zentralbanken dies schaffen, ohne dass wir in der Schweiz in eine Rezession rutschen, bei der wir ein negatives Wachstum und steigende Preise hätten.»
Wie geht es bei den Hypo-Zinsen weiter? Bei den langfristigen Hypotheken sind die Zinsen im Schnitt seit Jahresbeginn um rund zwei Prozent gestiegen. Konkret kostete eine zehnjährige Hypothek zu Jahresbeginn rund 1,1 Prozent Zins pro Jahr, jetzt sind es rund 3,1 Prozent. Falls sich die wirtschaftliche Situation bis Ende Jahr entspanne, könnten auch die Hypo-Zinsen wieder etwas sinken, so Koller. Bei den kurzfristigen Saron-Hypotheken rechne die AKB bis Mitte nächstes Jahr mit Zinssätzen von 1,5 oder 1,6 Prozent.
Sinken nun auch die Immobilienpreise? «Wir stellen fest, dass die Bautätigkeit leicht zurückgeht. Und wir stellen auch fest, dass Baugesuche zurückgehen», sagt Koller. Allerdings sei das Angebot im Immobilienbereiche einerseits beschränkt, der Wunsch nach Wohneigentum andererseits ungebrochen. Der AKB-Chefökonom spricht von einer Ausweichbewegung: In Agglomerationsnähe gehe die Nachfrage eher zurück. In Gegenden, die vor der Pandemie nicht im Fokus waren, nehme sie zu. Wer zwei, drei Tage im Homeoffice arbeiten könne und nur noch für den Rest der Zeit pendeln müsse, könne auch in einer abgelegenen Gegend wohnen. Die Nachfrage nach Immobilien im Aargau bleibe zudem aufgrund der Zuwanderung hoch. Fazit: «Die Immobilienpreise werden nicht mehr so stark steigen wie in den letzten beiden Jahren, aber der steigende Trend wird anhalten.»
Die entscheidende Frage an den Börsen sei, wie viel von der negativen Entwicklung in den Kursen bereits eingepreist sei. «Das ist schwer schwierig abzuschätzen», so Koller. Falls die Inflationsraten tatsächlich sinken, die Energiepreise nicht mehr weiter steigen und sich die Lieferkettenprobleme entspannen, dann würden sich auch die Börsenkurse positiv entwickeln.» Was sollten Anleger jetzt beachten? «Wichtig ist, dass man ein klares Anlageprofil hat, das die eigene Risikobereitschaft abbildet – und dass man am Profil festhält, auch wenn es an den Börsen mal runtergeht. Aus unserer Sicht wäre es ganz schlecht, wenn man jetzt verkaufen würde – und hofft, dass man den Punkt erwischt, wo es am tiefsten ist. Denn diesen erwischt man nie.»