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Immunität von Roger Köppel soll doch nicht aufgehoben werden – nun müssen sich die Kommissionen einigen

Der Zürcher SVP-Nationalrat soll das Kommissionsgeheimnis verletzt haben. Deshalb wollte die nationalrätliche Kommission seine Immunität aufheben. Diesen Entscheid hat die ständerätliche Kommission nun gekippt.

Hat SVP-Nationalrat und «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel das Amtsgeheimnis verletzt? Diese Frage bleibt vorerst unbeantwortet. Denn Köppels parlamentarische Immunität bleibt intakt – zumindest vorerst. Nachdem die nationalrätliche Kommission Köppels Rechtsschutz vor Strafverfolgung aufheben wollte, hat die ständerätliche Rechtskommission diesen Entscheid nun gekippt. Das teilten die Parlamentsdienste am Donnerstagnachmittag mit.

Der Entscheid der Rechtskommission fiel erstaunlich deutlich aus – mit 9 zu 0 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Obwohl die Kommission den «unmittelbaren Zusammenhang zwischen der amtlichen Stellung und Tätigkeit von Nationalrat Köppel und der ihm vorgeworfenen Handlung» als gegeben sieht, will sie keine Aufhebung der Immunität.

Disziplinarmassnahmen statt Strafuntersuchung gegen Köppel?

In Abwägung «der Interessen an der Strafverfolgung und den institutionellen Interessen des Parlaments» kommt die Kommission zum folgenden Schluss: Im Fall Köppel gehe es in erster Linie «um die Einhaltung der parlamentsinternen Regeln und Gepflogenheiten». Daher ergebe es keinen Sinn, dass sich die Bundesanwaltschaft mit dem mutmasslichen Verstoss des Kommissionsgeheimnisses beschäftigen müsse, heisst es weiter.

Die Kommission schlägt der nationalrätlichen Immunitätskommission deshalb vor, eine Verhängung von Disziplinarmassnahmen gegen Köppel zu prüfen. Da sich die Kommissionen uneinig sind, kommt es nun zur Differenzbereinigung. Das Geschäft geht zurück an die nationalrätliche Kommission. Damit kommt es derzeit noch nicht zu einer Premiere: Noch nie wurde die Immunität eines amtierenden Parlamentariers aufgehoben.

Hintergrund ist eine mutmassliche Amtsgeheimnisverletzung durch Roger Köppel. In einer Ausgabe der Internet-Sendung «Weltwoche Daily» von Ende März las der Verleger aus vertraulichen Dokumenten der aussenpolitischen Kommission vor. Dabei ging es um Uhren der Schweizer Firma Audemars Piguet im Wert von mehreren Millionen Franken, die in Moskau beschlagnahmt worden waren.

Die Aussenpolitische Kommission, der Köppel selbst angehört, reichte daraufhin wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses Strafanzeige ein. Auch die Bundesanwaltschaft sah einen «hinreichenden Tatverdacht» und bat die Immunitätskommission um Aufhebung des Schutzes vor strafrechtlicher Verfolgung.

Journalist und Politiker: Ist das überhaupt vereinbar?

Der Fall Köppel ist in mehrerlei Hinsicht aussergewöhnlich. So wollte er freiwillig auf seine Immunität verzichten, was jedoch rechtlich nicht möglich ist. Zudem hat Köppel als Nationalrat und zugleich Chefredeaktor sowie Verleger des Wochenmagazins «Weltwoche» eine heikle Doppelrolle inne. Köppel argumentierte denn auch, er habe die Dokumente in seiner Funktion als Journalist erhalten, bevor sie ihm als Politiker zugestellt worden seien – somit liege keine Verletzung des Amtsgeheimnisses vor.

Das sah die nationalrätliche Kommission jedoch anders: Ansonsten wären Parlamentsmandate und journalistische Berufe «per se nicht mehr vereinbar», begründete sie ihren Entscheid.

Kommissionssitzungen sind vertraulich

Gemäss Parlamentsgesetz sind Kommissionssitzungen der eidgenössischen Räte vertraulich. Einerseits dürfen die Ratsmitglieder nicht bekannt geben, was Kolleginnen und Kollegen in den Sitzungen gesagt haben. Der Vertraulichkeit unterliegen aber auch die Protokolle und in der Regel die Unterlagen, die in den Sitzungen abgegeben werden. Besonders der letzte Punkt betrifft Köppel. Das von ihm publizierte Dokument war dem Vernehmen nach explizit als vertraulich klassifiziert.

An der Sitzung vom Donnerstag musste die Rechtskommission des Ständerats über einen zweiten Antrag zur Aufhebung der Immunität entscheiden. Dabei entschied sie mit 6 zu 5 Stimmen, die Teilnahme von Fabian Molina an einer unbewilligten Demonstration vom Februar falle nicht unter den parlamentarischen Schutz vor Strafverfolgung. Wie schon die nationalrätliche Kommission trat sie deshalb nicht auf den Antrag ein.

Da «kein direkter Zusammenhang» zwischen dem Auftritt und dem Parlamentsmandat Molinas bestehe, sei die Strafverfolgung nicht durch die parlamentarischen Kommissionen freizugeben.

Fabian Molina hatte im Februar in Zürich an einer unbewilligten Demonstration gegen Rechtsextreme teilgenommen, die zuvor an einer Anti-Coronademo mitgelaufen sein sollen. Dafür ist der ehemalige Juso-Präsident von Massnahmengegnern angezeigt worden. Daraufhin beantragten die Zürcher Strafverfolgungsbehörden die Aufhebung der Immunität von Nationalrat Molina. (aka/sat)