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Der Witz vom UBS-Wegzug: Ohne Schweiz geht es nicht

Bankenlobbyisten und Bankenhasser heizen eine Debatte an über eine Frage, die sich gar nicht stellt.

Donald Trump schafft Politik und Vokabular, auch wo er nichts zu melden hat. Seine Weltanschauung, wonach sich jedes noch so komplizierte Problem auf einen einfachen «Deal» reduzieren lässt, prägt vermehrt auch die hiesigen Debatten. Darunter auch jene um die Bankenregulierung. Die UBS, ist etwa in der heimischen Presse zu lesen, werde vom Bund nicht in die «Verhandlungen» einbezogen.

Die Nachrichtenagentur «Reuters» wiederum will wissen, dass die UBS nun neu dazu bereit sei, «Zugeständnisse» zu machen, etwa in Form von zusätzlichen 5 Milliarden Franken Eigenkapital und dem Versprechen, das Investmentbanking auf 30 Prozent des Geschäfts zu beschränken.

Doch zu verhandeln gibt es nichts, die Spielregeln für systemrelevante Banken werden nicht in einem «Deal» zwischen UBS-Chef Sergio Ermotti und Finanzministerin Karin Keller-Sutter «dekretiert», sondern in einem langwierigen politischen Prozess erarbeitet. Im Mai legt der Bundesrat die Eckpunkte fest, Ende Jahr dürfte dann die Vernehmlassungsvorlage folgen, die Botschaft ein Jahr später. Erst Ende 2027 startet der parlamentarische Prozess. Bis die neuen Spielregeln stehen, dauert es also noch Jahre. Das lässt viel Raum für etliche Breaking News zum angeblichen Deal. Das Lobbying läuft auf vollen Touren.

Die Reduktion der Komplexität widerspiegelt sich auch in der unsäglichen Diskussion um die Wegzugspläne der UBS, die von den Bankenlobbyisten und Bankenhassern befeuert wird und via eine Meldung von «Bloomberg» nochmals richtig an Fahrt gewonnen hat. Alle tun so, als ob Ermotti einfach den Hauptsitz seiner Bank in einen Koffer packen könnte, als gebe es all die steuerlichen, regulatorischen, aufsichtsrechtlichen, betrieblichen und personellen Probleme nicht, die mit einem Bank-Umzug verbunden sind. Und sie suggerieren, dass die Schweizer UBS-Tochter dann von allen Regulierungsauflagen befreit würde. Das wäre sicherlich nicht der Fall. Denn auch ohne Holding-Dach bliebe die hiesige UBS-Universalbank eine systemrelevante Bank und die Nummer eins im Land.

Die UBS lässt die Diskussion laufen, statt sie zu stoppen. Wohl auch, weil ihr Management unter Druck der Aktionäre steht. Aber es gibt bei der Bank auch Strategen, die der Ansicht sind, dass diese Wegzugsdrohung die Politiker aufschreckt und in Bezug auf die Eigenkapitalanforderungen milde stimmt. Bei einer allfälligen Volksabstimmung hingegen dürften solche Drohungen kaum Wirkung zeigen. Zu oft wurden sie ausgesprochen, zu oft haben sie sich in Luft aufgelöst. Ernst genommen werden sie schon lange nicht mehr. So hat etwa die Schweizer Bevölkerung trotz Heraufbeschwören von Untergangsszenarien die Masseneinwanderungsinitiative der SVP angenommen und die Erstauflage der Unternehmensbesteuerung III abgelehnt.

Den Briten wiederum wurde das Ende ihres Finanzplatzes prophezeit, sollten sie dem Brexit zustimmen. Ohne Kosten freilich war der Austritt aus der EU nicht für Grossbritannien, doch die Londoner City ist noch immer Europas unangefochtenes Finanzzentrum.

Es ist nicht das erste Mal, dass aus der UBS Wegzugspläne via die angelsächsische Presse an die Öffentlichkeit gelangen. Auch 2011 etwa, als die Politik nach der Bankenkrise an den «Too big to fail»-Regeln feilte, drohte die nur kurz zuvor staatlich gerettete UBS damit, ihr Investmentbanking ins Ausland zu verlagern. Daraus wurde freilich nichts. Und auch diesmal wird nichts daraus werden. Weder Ermotti noch sein Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher wollen mit der Union de Banques Suisses oder der Union Bank of Switzerland, welche den geografischen Ursprung der drei Buchstaben UBS festhält, das Land verlassen.

Denn die UBS braucht die Schweiz. Als grösste Vermögensverwalterin der Welt lebt sie vom Ruf ihres Heimatlandes, von dessen politischen und wirtschaftlichen Stabilität, von der politischen Neutralität und vor allem von der starken Währung. Die Tradition des Bankings in der Schweiz ist älter als das Bankgeheimnis, und sie setzt sich offensichtlich auch ohne das Geschäft mit Steuerflüchtlingen fort.

Die UBS ist nicht Lindt & Sprüngli, Geldgeschäfte sind keine goldenen Schoggihasen, die auch in Deutschland übers Fliessband laufen können. Gerade im Banking ist das «Swiss made» mehr als ein Marketinginstrument. Es ist das Versprechen auf ein Stück Schweiz, für das noch immer viele vermögende Menschen in vielen Ländern bereit sind, einen Preis zu bezahlen.