Warum das Ärgernis Eigenmietwert noch eine Weile bleiben könnte
Der Eigenmietwert soll weg. Wer ein Eigenheim besitzt, ärgert sich jedes Jahr bei der Steuererklärung, wenn da noch eine fiktive Miete auf das Einkommen draufgeschlagen wird. Das tut weh. Und sorgt seit Jahren für emotionale Debatten. Nun scheint eine Lösung in Griffweite.
Für viele dürfte der harte Realitätscheck aber ernüchternd ausfallen. Es geht hier nicht «nur» um eine Abschaffung des Eigenmietwerts, sondern um einen generellen Systemwechsel in der Wohneigentumsbesteuerung. All die Abzüge, die heute gemacht werden können, fallen weg. Keine Unterhaltsabzüge mehr und für das Gros aller Eigenheimbesitzer auch keine Schuldzinsabzüge mehr.
Finanziell richtig ins Gewicht fallen dürfte der Systemwechsel für viele nicht. Gerade wer heute viel in sein Haus investiert oder nicht über genügend Mittel verfügt, um die Hypothekarsumme grösstenteils zu amortisieren, der profitiert nicht wirklich von der Abschaffung des Eigenmietwerts. Das gilt vor allem dann, wenn die Hypozinsen steigen sollten.
Für Senioren, die in einem abbezahlten Haus wohnen, wird es dagegen spürbare Erleichterungen geben. Das mag Betroffene freuen. Dass Bund und Kantone Steuereinnahmen von 1,7 Milliarden Franken entgehen, war bei den Befürwortern des Systemwechsels kaum ein Thema. In einer allfälligen Abstimmung könnte sich das rächen.
Kommt hinzu: Wer sein Haus ausfinanziert hat, der dürfte in aller Regel eher vermögend sein. Auch denen sei es gegönnt, wenn sie weniger Steuern zahlen müssen, aber die Politik tut gut daran, das Ungleichgewicht in der Gesellschaft nicht noch grösser werden zu lassen.
In diesem Fall wäre das zusätzliche Zückerchen für Senioren und Seniorinnen aber verkraftbar. Da so gleichzeitig – das ist eines der Hauptziele des Systemwechsels – der Anreiz zu einer möglichst hohen Verschuldung korrigiert wird. Heute macht es steuerlich durchaus Sinn, wenn die Hypothek nicht zurückbezahlt wird. Solche Fehlanreize müssen beseitigt werden.
Und auch sonst ist an der jetzigen Vorlage vieles richtig. Sie ist konsequent. Wenn der Eigenmietwert wegfällt, dann fallen auch all die Abzugsmöglichkeiten weg. Und es ist auch richtig, dass der Wechsel sowohl bei Erst- wie auch Zweitwohnungen gemacht wird. Alles andere wäre vor dem Stimmvolk kaum erklärbar gewesen.
Nur: Reicht das tatsächlich, um an der Urne zu bestehen? Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer lebt zur Miete und dürfte sich eher um die Steuerausfälle sorgen als um weitere Zückerchen für bereits privilegierte Eigenheimbesitzer. Die Bürgerlichen hätten zudem lieber den Fünfer (Schuldzinsabzüge) und das Weggli (Wegfall vom Eigenmietwert) gehabt. Einigen Linken geht es ganz knapp nicht zu weit (einigen anderen schon mehr als weit genug).
Bereits auf den Hinterbeinen sind die Kantone, die grosse Steuerausfälle fürchten. Und auch in der Baubranche gibt es skeptische Stimmen, da mit dem Wegfall der Unterhaltsabzüge auch ein Teil ihrer Einnahmen wegfallen dürfte. Es sind viele, die etwas zu verlieren fürchten, und nur wenige, die wirklich etwas gewinnen. So macht man konsensorientierte Politik, aber Abstimmungskämpfe gewinnt man so eher nicht.
Und so könnte es am Ende durchaus sein, dass trotz all der Bemühungen der Eigenmietwert auch weiterhin ein Ärgernis bleibt.