
Finanzausgleich: Ausser der SVP kritisieren alle Aargauer Parteien einzelne Anpassungen
Es gibt Gemeinden im Kanton Aargau, die eher zu viel Geld aus dem Ausgleichstopf erhalten, und solche, die mehr einzahlen, als nötig. Deshalb besteht Handlungsbedarf. Um den zuletzt 2018 vollständig überarbeiteten Finanzausgleich zu optimieren,hat der Regierungsrat Ende November letzten Jahres zwei mögliche Änderungen in die Anhörungen geschickt.
Er schlug einerseits vor, am Soziallastenausgleich zu schrauben. Beiträge daraus gehen an Gemeinden mit einem überdurchschnittlichen Anteil an Personen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Der Grund für die Anpassung ist, dass dieser teilweise zu stark wirkt, was je nach Gemeinde zur Überkompensation oder zu einer übermässig starken Belastung führen kann. Mit einer Senkung des Grundbetrags von 7000 auf 5000 Franken soll eine ausgewogenere Wirkung erzielt werden.
Andererseits will der Regierungsrat die nicht immer klare Verteilung beim räumlich-strukturellen Lastenausgleich verbessern. Für die Berechnung soll neu der Indikator «Strassenlänge pro Kopf» eingeführt werden. Beiträge erhalten künftig jene Gemeinden, die bei diesem Indikator über dem Medianwert liegen. Mit dem bisherigen Indikator erhalten Gemeinden Beiträge, wenn ihre Siedlungsfläche weniger als 7,25 Prozent der Gesamtfläche ausmacht.
Der Kanton sieht vor, die Änderungen gestaffelt über drei Jahre einzuführen. Die Anhörung für Parteien, Gemeinden und Verbände endete am 14. März. Die Stellungnahmen sind unterschiedlich: Während die SVP Aargau mit allen Vorschlägen einverstanden ist, lehnt die FDP sämtliche Anpassungen ab und verlangt die Überarbeitung der Vorlage.
Soziallasten benachteiligen grössere Gemeinden
Zum Soziallastenausgleich halten die Liberalen fest, dass die Reduktion des Grundbetrags auf 5000 Franken bei den meisten grösseren Gemeinden, die strukturell hohe Soziallasten zu tragen haben, teilweise zu erheblichen Mehrbelastungen führen kann. Die Überkompensation müsse anders ausgeglichen werden, beispielsweise mit einem «Deckel» bei den betroffenen Gemeinden.
«Eine Senkung des Grundbetrags auf 5000 Franken ist eine Abkehr vom Solidaritätsgedanken zwischen den Gemeinden», schreibt die SP in ihrer Stellungnahme. Die Grünen lehnen den Änderungsvorschlag des Soziallastenausgleichs ebenfalls ab und verlangen einen neuen Vorschlag. In stark belasteten Gemeinden wie Reinach, Suhr oder Wohlen würden dadurch jährliche Beiträge von bis zu 600’000 Franken wegfallen.
Anders tönt es bei der Mitte, welche den vorgeschlagenen Grundbetrag von 5000 Franken begrüsst: «Die Überkompensation kann damit fast ganz eliminiert werden.» Das sehen auch EVP und GLP so. Aus Sicht der EDU hätte der Grundbetrag auch tiefer sein dürfen. Die Partei schlägt vor, diesen Betrag in regelmässigen Abständen zu überprüfen und – falls erforderlich – zu senken.
Neuer Indikator «Strassenlänge pro Kopf»
Für die FDP ist der neue Indikator zur Strassenlänge beim räumlich-strukturellen Lastenausgleich weniger geeignet als der alte, da er nicht sachgerecht sei. Die «Strassenlänge pro Kopf» entspreche nicht den effektiven Belastungen. «Die Strassen werden unter anderem auch durch den Kanton und Private (Erschliessungsbeiträge) finanziert», schreibt die Partei.
Auch die Mitte hat hier Vorbehalte und verlangt die Überprüfung der vorgeschlagenen Berechnung: «Bei der Grundlage ist es wichtig und richtig, dass all jene Strassen berücksichtigt werden, für deren Bau und Unterhalt die Gemeinden auch zuständig sind.» Das sei im Moment nicht der Fall. Die Neuberechnung soll wieder in die Vernehmlassung geschickt werden.
Ähnlich tönt es bei der EVP: «Ein Indikator sollte dort ansetzen, wo bei ländlichen Gemeinden tatsächlich höhere Lasten anfallen.» Der Zusammenhang zur Strassenlänge sei für die Partei noch nicht klar ersichtlich. Es könnten falsche Anreize entstehen, sodass Gemeinden ihre Strassen «aufklassieren», nur um Geld zu erhalten. Zudem seien von der Systemanpassung mehrere Gemeinden mit bereits hohen Steuerfüssen von einschneidenden Kürzungen betroffen.
Weitere Kritik kommt von den Grünliberalen. Denn die Umstellung vom Indikator «Siedlungsfläche» auf die «Strassenlänge pro Kopf» könnte unerwünschte Anreize schaffen und indirekt den Strassenbau fördern.
Aus Sicht der EDU hingegen müsste die Berechnungslogik nicht zwingend geändert werden. Auch SP und Grüne stimmen der vorgeschlagenen Anpassung zu.
Tiefe Steuerfüsse und Pflegekosten im Fokus
Die Mitte geht bei der Optimierung des Finanzausgleichs noch einen Schritt weiter. Sie fordert zusätzlich eine Überprüfung bei den Nehmergemeinden mit einem Steuerfuss unter 100 Prozent. Als Ergänzung zum Finanzausgleich ist es der EVP wichtig, dass es auch bei den Pflegekosten bald eine Umstellung gibt.