Aargauer Bio-Bauer setzte Pestizide ein – das Unkraut hat ihn verraten
Ein anonymer Hinweis an den Kanton veranlasste diesen zu einer Kontrolle. Der Vorwurf: Ein Biobauer habe ein Pestizid, genauer ein Herbizid, eingesetzt, das nur in der konventionellen Landwirtschaft zugelassen ist.
In den Bodenproben wurden dann tatsächlich zwei Pestizide nachgewiesen, wobei eines aufgrund der Konzentration vernachlässigbar ist. Das andere – Aclonifen – wurde dagegen in einer solch hohen Konzentration gefunden, dass laut den Experten des Kantons eine Altlast oder eine Verunreinigung durch umliegende Felder ausgeschlossen ist. Dem Betrieb wurden Direktzahlungen in Höhe von 98’000 Franken aberkannt, dagegen erhoben die Verantwortlichen Einspruch, und so musste das Verwaltungsgericht über den Fall entscheiden.
An der Verhandlung erklärte Franz Kälin, Fachspezialist Direktzahlungen bei Landwirtschaft Aargau, dass es weitere Hinweise gegeben habe, dass auf dem Betrieb, der durch Vater und Sohn geführt wird, das Pestizid verbotenerweise eingesetzt wurde:
«Wir haben ein Foto erhalten, dass vor unserer Kontrolle aufgenommen wurde. Darauf ist Unkraut zu sehen – dieses war bei der Kontrolle nicht mehr vorhanden, dabei hätte es in der Zwischenzeit einige Zentimeter wachsen müssen.»
Das Gericht befand allerdings, dass nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei, dass dieses den Behörden zugespielte Foto tatsächlich besagtes Feld zeige. Allerdings zeigten Fotos der Kontrolleure, dass die noch vorhandenen Unkräuter eine Verfärbung aufgewiesen haben, was auf ein Herbizid hindeute.
Unglaubwürdiges Unkraut-Argument
«Wir haben nie ein Pestizid gespritzt, wir haben das Unkraut abgeflammt, mit Sternhackgeräten oder von Hand entfernt», erklärten die Beschuldigten den Richtern. Dass das Unkraut gehackt wurde, glaubten die Experten nicht, dafür würden die Dämme, auf denen das Gemüse wachse, viel zu glatt aussehen.
So ging es in der Verhandlung hin und her. Neben zwei Fachleuten des Kantons sagte auch Andi Distel, Leiter Pflanzenschutzdienst vom landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg, als Zeuge aus – er hatte die Bodenproben entnommen. «Es sah einfach nicht aus wie eine Bioparzelle, dafür war sie zu sauber, das hat mich stutzig gemacht.»
Auch der Experte von bio inspecta, der Firma, die Landwirtschaftsbetriebe zertifiziert, schätzte die Situation grösstenteils ähnlich ein wie Distel. Allerdings stellte sich dem Gericht ein Problem, denn die Proben, die bio inspecta entnommen hat, wiesen niedrigere Wert aus. Dafür könnte es mehrere Gründe geben, neben einer tatsächlich niedrigeren Konzentration dürfte auch die Entnahme der Bodenprobe Einfluss gehabt haben, die nicht exakt gleich verlief.
Eine Altlast ist unwahrscheinlich
Bernhard Speiser vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) brachte dagegen noch eine andere Theorie auf: Bei der ersten Messung durch den Kanton, dabei handelt es sich um eine Mischprobe aus vier verschiedenen Parzellen, sei eine Probe extrem hoch belastet gewesen. «Das könnte sein, wenn zum Beispiel mal ein Schlauch gerissen und Pestizid ausgelaufen ist.»
Dass es sich um Altlasten handelt, hielten alle Experten für unwahrscheinlich. Zwar war bis im November 2018 auf den Parzellen konventionell angebaut worden, und dies auch noch durch verschiedene Bauern, doch eine relativ neue Bodenprobe wie keine Rückstände mehr aus – dies spreche klar gegen die Altlast-Theorie.
Das Verwaltungsgericht hat die Beweise und Aussagen eingehend geprüft und mehrere Woche nach der Verhandlung das Urteil veröffentlicht. Das Gericht kommt zum Schluss, «dass die Beschwerdeführerin auf biologisch bewirtschafteten Feldern Herbizide verbotenerweise eingesetzt hat». Die Beschwerde wurde damit abgewiesen und die Beitragskürzung über 98’000 Franken zulässig. Der Entscheid kann beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.