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35’900 EU-Bürger zügelten im zweiten Coronajahr zum Arbeiten in die Schweiz

Im vergangenen Jahr sind wieder mehr Personen aus EU- und EFTA-Staaten zum Arbeiten in die Schweiz eingewandert. Deutlich stärker war die Einwanderungswelle im zweiten Coronajahr jedoch aus Drittstaaten.

Kaum ist die Coronapandemie aus den Schlagzeilen verschwunden, zieht die Wirtschaft wieder an. Und das trotz Ukraine-Krieg noch immer deutlich, wenn auch inzwischen etwas langsamer. Spätestens seit Anfang Jahr macht darum auch das andere Schreckgespenst wieder die Runde: Mit dem Ende der Wirtschaftskrise ist der Fachkräftemangel zurück.

Dass auf dem Schweizer Arbeitsmarkt aktuell nicht noch mehr Spezialistinnen und Spezialisten fehlen, ist auch dem Zustrom von Fachkräften aus dem europäischen Ausland zu verdanken. Zu diesem Schluss kommt einmal mehr der jährliche Bericht des Observatoriums zur Überwachung der Auswirkungen des EU-Freizügigkeitsabkommen auf den Schweizer Arbeitsmarkt und die hiesigen Sozialleistungen.

Geht es nach den Prognosen des Berichts, wird die Bedeutung ausländischer Fachkräfte aus dem Raum der EU- und EFTA-Länder für den Schweizer Arbeitsmarkt rasch weiter ansteigen: «Der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften für die Schweizer Wirtschaft wird auch in den kommenden Jahren hoch bleiben», schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Mittwoch in einer Mitteilung zum 18. Observatorium-Bericht.

Deutlich stärkerer Zuwachs aus Drittstaaten

In der Krise hätten zugewanderte Arbeitskräfte die Auswirkungen der Pandemie zwar «insgesamt stärker zu spüren bekommen» als Einheimische, schreibt das Seco weiter. Das zeige sich nicht nur am steileren Anstieg der Arbeitslosenzahlen dieser Bevölkerungsgruppe.

Unter dem Strich sind 2021 laut dem Personenfreizügigkeits-Bericht 35’900 Personen aus dem EU/EFTA-Raum eingewandert. Zum Vergleich: Im ersten Coronajahr hatte diese Zahl 29’500 Arbeitskräften betragen. Im vergangenen Jahr per saldo noch stärker angestiegen ist dagegen die – laut Seco – «mehrheitlich nicht direkt arbeitsmarktbezogene» Zuwanderung aus Drittstaaten.

Hier betrug der Wanderungsüberschuss 26’600 Personen (2020: 17’400 Personen). Vor Jahresfrist stellte der Observatorium-Bericht beim Arbeitsvolumen von EU-Bürgern zudem einen Rückgang von 4,5 Prozent fest. Bei ihren Kollegen mit Schweizer Pass betrug dieser 3,4 Prozent.

Inzwischen profitieren wieder Schweizerinnen wie Ausländer

In der ausländischen Bevölkerung haben sich zwar auch im Jahr 2021 Personen zwischenzeitlich häufiger aus dem Arbeitsmarkt zurückgezogen. Doch bereits diesen Frühling lagen die Arbeitslosenzahlen aller Volksgruppen wieder auf Vorkrisenniveau und teilweise sogar darüber. Fazit des Seco: «Sowohl ausländische als auch einheimische Arbeitskräfte vermochten von der Erholung zu profitieren.»

Und der Arbeitsmarkt zieht weiter kräftig an – dem Ukraine-Krieg zum Trotz. So meldete das Seco am Mittwoch für Juni eine Arbeitslosenquote von 2,0 Prozent – ein Tiefstand seit 20 Jahren. Im Mai betrug sie noch 2,1 Prozent, im Juni 2021 waren es 2,8 Prozent.

Bericht zum Trotz: Kritik an Freizügigkeit hält sich

Dass die aktuellen Personalengpässe dabei nicht noch gravierender ausfallen, als dies gewisse Branchen wie die IT, Gastronomie oder das Gesundheitswesen bereits beklagen, hängt laut dem Bericht über die Personenfreizügigkeit nicht zuletzt von der Zuwanderung ab: «Die Rekrutierung im Ausland wirkte den Engpässen auf dem Arbeitsmarkt entgegen und unterstützte damit die Wirtschaftsentwicklung», schreibt das Seco.

Ganz so unumstritten, wie dieser Satz den Anschein erwecken mag, ist die Personenfreizügigkeit mit der EU hierzulande allerdings nicht. Zumindest aus rechtsbürgerlichen Kreisen wird der freie Personenverkehr immer wieder heftig kritisiert oder es werden sogar neue Volksinitiativen zur selbstständigen Steuerung des Arbeitsmarkts durch die Schweiz angekündigt.