Unia fordert schon zum zweiten Mal diesen Sommer einen Baustopp wegen grosser Hitze
Die Medienmitteilung fängt genau gleich an wie im Juli: «Von oben scheint die pralle Sonne, von unten kocht der Asphalt.» Mit der neuen Hitzewelle fordert die Gewerkschaft Unia zum zweiten Mal diesen Sommer, dass Bauherren ihre Baustellen bei grosser Hitze einstellen. Die Bauherren würden bewusst in Kauf nehmen, dass die Gesundheit der Büezer durch die Arbeit an der heissen Sonne aufs Spiel gesetzt werde, kritisiert die Unia.
1000 Büezer erkranken jährlich an Hautkrebs
Der Druck, die Termine einzuhalten, sei die ewige Begründung der Baufirmen, um die Baustellen bei 30 Grad oder mehr nicht lahmzulegen. Die Unia fordert deshalb eine Verschiebung der Endtermine, damit die Bauarbeiter hitzefrei erhalten können.
Dabei verweist die Unia auf Gefahren wie Sonnenstiche, Dehydrierung und Hitzschläge. Darauf, dass jedes Jahr tausend Bauarbeiter an «berufsbedingtem Hautkrebs» erkrankten und dass die Suva das Unfallrisiko an Tagen mit über 30 Grad um 7 Prozent höher einschätze.
Die Gewerkschaften wollen die Bauherren in die Pflicht nehmen – die Auftraggeber also. Gerade die öffentlichen Bauherren – dabei sind Kantone, Bund, SBB oder sonstige Staatsbetriebe gemeint – würden Arbeitssicherheit dem Termindruck opfern, statt eine «Vorbildfunktion wahrzunehmen», schreibt Nico Lutz, Leiter Sektor Bau bei der Unia, in der Medienmitteilung.
Bauherren weisen Verantwortung von sich
Im Aargau weisen die grossen öffentliche Bauherren die Verantwortung von sich. Das Kantonsspital Aarau etwa, das die grösste öffentliche Baustelle der Schweiz betreibt, geht nicht auf eine Nachfrage der AZ ein. Die Zuständigkeit für dieses Thema liege bei der Baufirma Implenia. Diese erklärt, dass der Rohbau inzwischen fertiggestellt sei – der Grossteil der Beschäftigten sei zurzeit in den Untergeschossen tätig, wo die Temperaturen wesentlich angenehmer seien als draussen. Ein Baustopp sei deshalb zurzeit kein Thema. Auch beim Kantonsspital Baden heisst es, dass die Arbeiten im Aussenbereich abgeschlossen seien – deshalb könnten die Büezer im Schatten arbeiten.
Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons verweist auf seine Antwort vom vergangenen Juli, wo es unterstrich, dass «die Verantwortung für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz beim jeweiligen Arbeitgeber, also bei den Bauunternehmern», liegt.
Die Abteilung Tiefbau könne feststellen, dass diese ihre Verantwortung wahrnehmen und Massnahmen umsetzen würden, um den Schutz der Arbeitenden zu gewährleisten. Darüber hinaus habe der Baumeisterverband allen Gemeinden ein Schreiben zugestellt, damit die Arbeiten in die frühen Morgenstunden verlegt werden können.
Beim Strassenunterhalt, wo der Kanton direkt verantwortlich ist, würden folgende Massnahmen umgesetzt:
– Anpassen der Arbeitszeit, früherer Arbeitsbeginn
– Kompensieren von Gleitzeit
– Verkürzen der Mittagspause/früherer Feierabend
– Pause am Vormittag auf den Nachmittag verschieben
– Kurzpausen im Schatten
– Kurzpausen im Schatten
– Kühlende Kopfbedeckung
– Genügend Wasser
Skepsis bei der Unia
Baufirmen verweisen in anderen Fällen auf enge Terminpläne, die ihnen Bauherren auferlegen. Bauherren verweisen darauf, dass die Verantwortlichkeit bei den Baufirmen liegt. «Ein Trauerspiel», findet Nico Lutz von der Unia. Die öffentliche Hand könne nicht sagen, es sei schlichtweg nicht ihr Problem, das sei verantwortungslos.
Dass alle Firmen Massnahmen gegen die Hitze konsequent treffen würden, kann laut Lutz nicht stimmen: «Machen die wirklich jede Stunde zehn Minuten Pause?» Dies sei offensichtlich nicht der Fall, sonst würde die Unia nicht jeden Sommer immer wieder dasselbe Thema ansprechen. Wie vergangenes Jahr, als wir eine Baustelle in Oberrohrdorf besuchten, wo leidenschaftliche, aber teils auch resignierte Bauarbeiter die engen Zeitpläne und die Hitze schwitzend und achselzuckend hinnahmen.
Gewiss gebe es lokal Verbesserungen und manche Firmen, die verantwortungsbewusst seien, räumt Nico Lutz ein. Im Kanton Waadt und Tessin gibt es branchenübergreifende Vereinbarungen. «Doch es geht viel zu langsam voran», moniert er. Und ohne umfassende Regelungen werde es immer wieder Firmen geben, die kaum Rücksicht nehmen. Und somit jedes Jahr die gleichen Schlagzeilen.