SVP-Heer attackiert SP-Chef: «Ihr seid eine üble, linke Partei, die zu Gewalt aufhetzt»
Bald sitzt Donald Trump wieder im Weissen Haus. Trotz – oder auch wegen — seinen fragwürdigen Aussagen ging er als Sieger der US-Präsidentschaftswahl Anfang November hervor.
Faktencheck-Maschinen kamen im Wahlkampf oft an ihre Grenzen wegen all den von Trump verbreiteten Fake News. Unvergessen bleibt seine Behauptung in der TV-Debatte mit Kamala Harris, dass Einwanderer aus Haiti in Springfield die Hunde und Katzen der Einwohner essen würden. Eine Aussage, die sich nachweislich als falsch herausstellte.
Diese Behauptung kritisierte immerhin auch SVP-Bundesrat Albert Rösti, als er kurz vor der US-Wahl zu Basler Schülerinnen und Schülern sagte, er persönlich tendiere eher zu einer Präsidentschaft Trumps. Passend zum Wahlsieg von Röstis Favorit drehte sich die «Arena» von SRF deshalb um die Frage: Wie viel Donald Trump steckt bereits in der Debattenkultur der Schweizer Politik?
Sibel Arslan, Grüne-Nationalrätin, Basel-Stadt
Alfred Heer, SVP-Nationalrat, Zürich
Cédric Wermuth, SP-Nationalrat, Aargau
Philipp Bregy, Mitte-Nationalrat, Wallis
Umstrittene Reaktionen auf US-Wahl
Eine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler in den USA hat Donald Trump erneut zum Präsidenten erkoren. Das ist unbestritten. Trotzdem freuen sich nicht alle Parteien in der Schweiz über eine neue Amtszeit Trumps.
Die SP mache sogar Werbung damit, nach Trumps Wahl der SP beizutreten, kritisiert der Zürcher SVP-Nationalrat Alfred Heer gleich zu Beginn der Sendung. «Nur die SP politisiert mit Trump», sagt Heer. Die SVP hingegen «mache nichts».
Von den Aktivitäten der Jungen SVP Schweiz scheint Heer nicht viel mitbekommen zu haben. Die Jungpartei zeigte sich nämlich über Trumps Wahl «erfreut» und nahm sie zum Anlass, per Medienmitteilung erneut die Aufhebung aller von der EU übernommenen Sanktionen gegen Russland zu fordern. Auch trumpsche’ Symbolik pflegt die JSVP gerne, wie man auf X sieht:
Kritisiert wurde in der «Arena» eine andere Jungpartei für ihre Reaktion auf die US-Wahlen. Die Zürcher Jungsozialisten (JUSO) posteten auf Instagram einen Beitrag, in dem sie sich der Frage stellten, wie sie nach der «erschreckenden Wahl von Donald Trump die rollende Welle des Faschismus aufhalten» können. Die Antwort lieferten die Juso gleich selbst: «Geh an eine Demo, Entfache ein Feuer, Wirf den ersten Stein.»
Der umstrittene Juso-Post
Diese Wortwahl – «Wirf den ersten Stein» – macht Mitte-Nationalrat Philipp Bregy «Sorgen». Moderator Sandro Brotz will darum von SP-Co-Präsident Cédric Wermuth wissen, ob der Post als Metapher oder Gewaltaufruf zu verstehen sei.
Wermuth will nicht für die Juso sprechen, ordnet den Satz jedoch als «Bibelzitat» ein. Er betont aber, man könne den Post «zu Recht kritisieren». Gleichzeitig seien Donald Trumps Methoden auf einem anderen Level. So erklärt Wermuth, dass Trump Gegner in der eigenen Partei «bedroht und zusammengeschlagen» habe und oft seine Macht missbraucht habe. Diese Handlungen mit einem Social-Media-Post einer Jungpartei zu vergleichen, sei eine «Verharmlosung».
Davon will SVP-Nationalrat Alfred Heer nichts wissen. Er unterstellt allen «Linken, eine Revolution» zu wollen. «Wenn ihr Wahlen in den USA verliert, wollt ihr Steine werfen in der Schweiz», sagt Heer und holt aus: «Ihr habt gesagt, wie schlimm Donald Trump ist, aber ihr seid schlimmer!» Der SVP-Politiker begründet das mit dem «Chaos, an den 1. Mai Demonstrationen und mit Anti-Israel-Demonstrationen». Dann schaut Heer in Richtung SP-Co-Präsident Wermuth und redet sich komplett in Rage:
«Ihr seid eine ganz üble, linke Partei, die die Demokratie nicht respektiert und zu Gewalt aufhetzt.»
Auf diese Provokation geht Wermuth gar nicht erst ein. Grüne-Nationalrätin Sibel Arslan zeigt sich aber entsetzt über Heers «Pauschalisierungen».
Politik leidet unter Polarisierung
Kritisch betrachtet wurde in der «Arena» nicht nur die Debattenkultur, sondern auch die Kampagnenkultur in der Schweiz. Besonders einige SVP-Sujets sorgten in der Vergangenheit für Aufsehen – 2023 stufte die Eidgenössische Kommission für Rassismus (EKR) die Wahlkampagne der Partei sogar als «rassistisch und fremdenfeindlich» ein. Die SVP reagierte damals mit dem Vorwurf der Zensur durch die EKR.
Alfred Heer verteidigt seine Partei auch in der «Arena». Alle vergangenen Kampagnen habe man machen müssen, um sich Gehör zu verschaffen. Die SVP habe schliesslich «keine eigenen Zeitungen» und müsse deshalb gewisse «Pflöcke einschlagen». Heer betont, dass auch die SP oft provoziere und man in der Politik «nicht so zartbesaitet» sein dürfe.
SP-Co-Chef Cédric Wermuth kann über das Zeitungsargument nur lachen. Schliesslich habe SVP-Übervater Christoph Blocher mehrere Zeitungen gekauft. Wermuth verteidigt die Abstimmungskampagnen der SP: «Wir greifen nur Menschen an, die mächtig sind. Wir treten nach oben. Die SVP hingegen tritt nach unten gegen Menschen, die sich nicht wehren können, wie Flüchtlinge oder Menschen ohne Stimmrecht.»
Daraufhin entbrennt zwischen Heer und Wermuth ein verbaler Schlagabtausch: Während der eine dem anderen vorwirft, seine Partei setze sich ausschliesslich für «kommunistische, brutale Diktaturen» ein, kontert dieser, die Gegenseite vertrete «ausschliesslich die Interessen der Reichen und Grosskonzerne».
Wenn links und rechts sich streiten, trumpft die Mitte. «Wie die Polarisierung in der Schweiz aussieht, haben die beiden gerade perfekt auf den Punkt gebracht – verheerend», fasst Mitte-Nationalrat und Fraktionspräsident Philipp Bregy zusammen. In vielen Kampagnen gehe es mittlerweile darum, gegen oben oder gegen unten zu treten. Das sei nichts Schweizerisches. «Wir haben den Grundsatz, ehrliche, korrekte und neutrale Argumente auszutauschen», mahnt Bregy seine Nationalratskollegen. Sonst leide die Politik.
Nur die SVP ist «glücklich»
Auswirkungen von Trumps erneuter Wahl werden aber nicht nur in der Debatten- und Kampagnenkultur befürchtet. Besonders bei der Bekämpfung der Klimakrise sieht Grüne-Nationalrätin Sibel Arslan eine schwierige Zukunft. Trump werde wieder aus dem Pariser Klimaabkommen austreten wollen, was sie sehr bedauere. «Wir müssen Alternativen suchen, denn die (Klima)Krise hat gar noch nicht richtig angefangen. Doch bereits jetzt spüren wir es wie etwa im Wallis oder in Valencia», sagt Arslan. Es sei «tragisch».
«Haben Sie gemeint, Valencia ist passiert, weil Trump die Wahlen gewonnen hat?», sagt dazu Alfred Heer. Gelächter im Studio. Aber nicht bei Sibel Arslan, die ab der Antwort die Hände verwirft. Sie betrachtet die Zukunft der Debattenkultur in der Schweiz immer kritischer, wie sie am Schluss der Sendung zu Moderator Sandro Brotz sagt. Zustimmung erhält sie von Mitte-Nationalrat Philipp Bregy, der zumindest gewisse «Elemente sieht, die wir besser machen können». Einzig SVP-Nationalrat Alfred Heer findet, er sei mit der Situation «rundum glücklich».