Freund und Feind ratlos: Amherd irritiert mit neuem 10-Milliarden-Plan
NEF. Wer schon einmal Sold bezogen hat in der Armee, kennt das Akronym für «Nicht erfüllt» – es bedeutet selten etwas Gutes. So ähnlich fällt das Urteil des Gesamtbundesrats auf einen Antrag aus von Verteidigungsministerin Viola Amherd. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, wurde sie in der Sitzung vom Mittwoch mit einem 10-Milliarden-Plan zugunsten der klammen Armeekasse vorstellig.
Dieser sah einen Sonderfonds vor, um Rüstungsgüter schnellstmöglich zu beschaffen. Konkret soll sich die Armee bei der Bundestresorerie im Finanzdepartement verschulden. Die 10 Milliarden entsprechen jenem Fehlbetrag, mit welchem die Militärausgaben per 2030 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht werden könnten. Der Clou: Das Geld würde erst ab 2045 zurückbezahlt.
Wie das geschehen soll, ist nur eine der offenen Fragen. Und mit ein Grund, warum Amherd im Kollegium auflief. Das offenbar kurzfristig ausgearbeitete Aussprachepapier wurde gemäss «Tages-Anzeiger» zur Nachbesserung an die Erstellerin retourniert. Die Zeitung beruft sich dabei auf mehrere Quellen aus unterschiedlichen Departementen.
Wermuth: «Unglaublich unseriös»
Für Stirnrunzeln sorgt Amherds Manöver auch im Parlament. Mitte-Ständerat und -Finanzpolitiker Peter Hegglin zeigt sich über den Vorschlag «irritiert». Er sagt: «Man sollte besser mit den bestehenden Instrumenten arbeiten, statt hier eine spezielle Fonds-Konstruktion zu schaffen.» Dieser bräuchte eine gesetzliche Grundlage, gibt Hegglin zu bedenken. «Das geht nicht von heute auf morgen.» Gleichzeitig sehe er nicht, wie die Armee das Geld wieder zurückzahlen könne.
Praktikabler ist aus Sicht von Hegglin der Weg über eine befristete Mehrwertsteuererhöhung, wie es Mitte-Ständerat Benedikt Würth vorschlug. Hegglin vermisst allerdings noch etwas: ein fundiertes Konzept zur strategischen Ausrichtung der Armee, ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen. «Das müsste der Bundesrat endlich ausarbeiten.»
Auch FDP-Präsident Thierry Burkart hält wenig von Amherds Einfall. «Die Armeefinanzierung bedarf einer finanzpolitisch soliden und langfristig abgesicherten Grundlage und darf nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip geplant werden», sagt er.
Noch deutlicher wird SP-Co-Präsident Cédric Wermuth: «Diesem Departement muss der Bundesrat offensichtlich die Notbremse ziehen. Es ist unglaublich unseriös, wie hier über riesige Beträge verhandelt wird.»
Das Jekami der Mitte-Partei
Es gibt aber auch Politikerinnen, die Amherds Vorschlag wohlgesinnter sind. Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger sagt: «Wir müssen die Sicherheit unbedingt stärken. Ich bin schon sehr erstaunt, dass dem Bundesrat in Anbetracht der internationalen Lage die Finanzen so viel wichtiger sind als unsere Sicherheit.» Sie sei froh, wenn Bundespräsidentin Amherd diese immer wieder aufs Tapet bringe, so wie jetzt mit diesem Vorschlag.
An Ideen zur Armeefinanzierung mangelt es der Mitte-Partei nicht: Amherds Vorschlag ist bereits der dritte aus ihren Reihen. Erst waren Mitte-Politikerinnen zusammen mit der Linken mit einem 15-Milliarden-Deal für die Armee und die Ukraine vorgeprescht – und gescheitert.
Amherds Plan, so scheint es derzeit, dürfte das gleiche Schicksal ereilen. Leicht besser sieht es für Würths Vorschlag aus: Seine Motion, die eine befristete Mehrwertsteuererhöhung zugunsten von Armee und AHV fordert, erhält aus SP und FDP Unterstützung. Auch hier gibt es allerdings selbst innerhalb der Mitte Vorbehalte.
Gmür-Schönenberger etwa unterstützt Würths Motion – so wie sie jetzt vorliegt – nicht. «Die Erhöhung zugunsten der Armee und der AHV müssten zwingend miteinander verknüpft werden», sagt sie. Sonst sei eine Volksabstimmung nicht zu gewinnen.
Bis auf weiteres gilt für alle, die an einem Plan zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben hirnen, eine andere Militär-Abkürzung: SBG, Suchen bis gefunden.