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Südkoreas Präsident sieht rot: Er droht in einer TV-Ansprache und lässt Polizisten aussperren

In einer trotzigen Fernsehansprache hat Präsident Yoon Suk Yeol seine Kriegsrechtsentscheidung verteidigt. Sein politisches Schicksal scheint dennoch bereits besiegelt, weil sich die Ereignisse in Südkorea überschlagen.

Völlig unverhofft wandte sich Yoon Suk Yeol am Donnerstag an sein Volk. Doch was die Leute vor den Fernsehschirmen zu sehen bekamen, war keineswegs ein reumütiger Präsident, der sich für die grösste Staatskrise der letzten Jahrzehnte entschuldigen wollte. Ganz im Gegenteil.

Der 63-Jährige ging vollständig in den Angriffsmodus über. Mit selbstbewusster, fester Stimme verteidigte er seine Entscheidung von letzter Woche, das Kriegsrecht über Südkorea ausgerufen zu haben. Er habe die demokratische Ordnung schützen müssen, argumentierte Yoon. Die Opposition habe mit ihren Blockaden die Regierungsarbeit lahmgelegt.

Gegen Ende seiner Rede fügte Yoon einen schicksalhaften Satz an, der wohl schon bald in Südkoreas Geschichtsbücher eingehen wird: «Ich werde bis zum Ende kämpfen.» Damit hat der konservative Politiker zumindest in einem Punkt Klarheit geschaffen: Trotz des immensen öffentlichen Drucks, flächendeckender Demonstrationen und laufender Polizeiermittlungen wird Präsident Yoon Suk Yeol nicht aus eigenen Stücken zurücktreten. Für die langjährigen Staatsanwaltschaft geht es jetzt um alles oder nichts.

Angriffsmodus: Präsident Yoon Suk Yeol rechtfertigt sich in einer TV-Ansprache.
Bild: AP

Doch sein trotziger Tonfall kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Yoons politischer Niedergang de facto besiegelt ist. In einer umgehenden Reaktion auf seine Ansprache redete Regierungsparteichef Han Dong Hoon erstmals öffentlich davon, dass Yoon Suk Yeol seines Amtes enthoben werden müsse. Den von der Opposition eingereichten Antrag, der am Samstagnachmittag im Parlament zur Abstimmung kommt, sollten auch die konservativen Abgeordneten unterstützen, forderte Han.

Damit gilt als nahezu gesichert, dass das Amtsenthebungsverfahren die benötigte Zweidrittelmehrheit erhalten wird. Denn 192 der insgesamt 300 Abgeordneten gehören ohnehin den Oppositionsparteien an. Mit Stand Donnerstagabend haben sich zudem bereits sieben Abgeordnete der Regierungspartei offen dazu bekannt, am Samstag ebenfalls für den Antrag zu stimmen. Es braucht jetzt also nur noch eine einzige weitere Stimme, damit der Präsident – zumindest übergangsweise bis zur finalen Entscheidung der Staatsanwaltschaft – seine Macht abgeben muss.

Yoon Suk Yeol hat seinen letzten Kredit verspielt

Die Amtsgeschäfte wird dann Premierminister Han Duck Soo übernehmen. Der studierte Ökonom und langjährige Diplomat gilt als besonnener Politiker und bestens dafür geeignet, das Land aus seinen tiefen, ideologischen Grabenkämpfen zu hieven. Aber auch beim Volk hat Yoon Suk Yeol gestern noch den allerletzten Kredit verspielt.

Die präsidialen Sicherheitskräfte verhinderten eine Razzia im Präsidentenbüro, indem sie die anrückenden Polizisten aussperrten. Mit der Durchsuchung wollte die Staatsanwaltschaft Dokumente konfiszieren, welche die Umstände der Kriegsrechtsentscheidung ausleuchten. Yoon jedoch stellte sich mit seiner Verweigerungshaltung dreist über das Gesetz.

Ausgesperrt: Ermittler der Staatsanwaltschaft und Polizei warten vor dem Präsidentenbüro vergeblich auf Zutritt.
Bild: Yonhap/Pool/EPA

Die Rechnung dafür bekam das Staatsoberhaupt in Form von zunehmendem Volkszorn präsentiert. Die in Teilen linksradikale Gewerkschaft KCTU rief am Donnerstagnachmittag zu einem Protestzug auf, der sich seinen Weg vom Rathaus bis zum Wohnsitz des Präsidenten bahnte. «Verhaftet den Rädelsführer Yoon Suk Yeol!», riefen etwa tausend Demonstranten direkt vor dessen Residenz. Sie besetzten ganze Strassenzüge und lieferten sich kleine Rangeleien mit der Polizei.