«Viele Leute wollen aus ökonomischen Gründen nach Europa. Sie haben keinen Anspruch auf Asyl»: Baume-Schneider fordert schärfe Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen
Die Lage im Asylbereich spitzt sich für Bund und Kantone weiter zu. Alleine im März haben knapp 1900 Personen ein Asylgesuch in der Schweiz eingereicht. Dazu kommt der Aufnahmestopp in Italien: Der südliche Nachbar weigert sich seit mehreren Monaten, Geflüchtete zurückzunehmen, die in Italien bereits ein Asylgesuch gestellt haben.
Betroffen davon sind die Schweiz und alle anderen Dublin-Staaten. Können die Personen nicht innert sechs Monaten überstellt werden, wird in der Schweiz ein nationales Asylverfahren für sie durchgeführt.
Ein Problem, das wohl noch länger Bestand haben wird. «Italien bleibt voraussichtlich noch mehrere Monate bei dieser Praxis. Ich sehe jedenfalls keine Anzeichen dafür, dass sich etwas bewegt», sagte SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider am Donnerstag in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ). Der Druck an Italiens Südgrenze sei enorm, weshalb die Haltung teilweise verständlich sei.
In 40 Fällen ist die Frist verstrichen
Laut der Justizministerin hat die Schweiz Italien in rund 300 Fällen um eine Rücknahme ersucht. «In rund 40 Fällen ist die Zuständigkeit inzwischen auf uns übergegangen, weil sechs Monate verstrichen sind.»
Sie sei allerdings froh, dass die zuständigen Parlamentskommissionen Unterstützungsprogramme nicht gestoppt hätten, um Italien zum Einlenken zu bewegen. Denn das würde nichts bringen. «Wir müssen mit Italien eine Lösung im Gespräch finden», sagte Baume-Schneider. Sie werde sich daher demnächst mit Innenminister Matteo Piantedosi treffen.
Der Bund rechnete Anfang Jahr mit 24’000 bis 40’000 neuen Asylgesuchen. Nun hat Elisabeth Baume-Schneider die Zahl etwas eingegrenzt. «Wir gehen heute von 27’000 bis 30’000 Personen aus», sagte sie. Aber Prognosen seien in diesem Bereich extrem schwierig. «Wir wissen nur eines: Der Druck auf das Asylsystem wird vorerst nicht nachlassen.»
Baume-Schneider will «schärfere Kontrollen»
Für die Justizministerin ist klar, dass das Problem der Sekundärmigration auf europäischer Ebene gelöst werden muss. Die Jurassierin fordert «schärfere Kontrollen» bei den Einreisen an den Schengen-Aussengrenzen. Das gehöre zur geplanten Reform des europäischen Asyl- und Migrationssystems.
«Es sind viele Leute unterwegs, die aus ökonomischen Gründen nach Europa kommen wollen. Sie haben keinen Anspruch auf Asyl», sagte sie. Da müsse man konsequent sein. «Im Gegenzug muss die Solidarität bei der Verteilung der Aufgenommenen unter den europäischen Ländern verbessert werden.»
Externe Asylzentren kommen für sie jedoch nicht infrage. «Wir können diese wichtige Aufgabe nicht so einfach auslagern», sagte sie. Der Druck möge in der Schweiz zurzeit gross sein. «Aber schauen wir nur einmal nach Polen, wo Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer Schutz gefunden haben und weiterhin finden. Da kann die reiche Schweiz dieses Problem doch nicht einfach exportieren.» (abi)