Der Angstblocker Pregabalin breitet sich als Suchtmittel unter Asylsuchenden aus dem Maghreb aus – auch im Aargau?
Pregabalin. Erst tauchte es in den Asylzentren auf, jüngst in den Schlagzeilen. Denn der Angstblocker und das Arzneimittel gegen Epilepsie wird in hoher Dosierung vom Medikament zur Droge. Dann wirkt Pregabalin berauschend und euphorisierend. Und macht seine Konsumenten teilweise aggressiv und abhängig.
Diese stammen zwar nicht ausschliesslich, aber doch überdurchschnittlich oft aus den Maghrebstaaten. In verschiedenen Ländern Nordafrikas ist das Medikament rezeptfrei erhältlich. Entsprechend ist der Konsum von Pregabalin bei Geflüchteten aus Tunesien, Algerien oder Marokko überdurchschnittlich verbreitet. Doch auch andere Asylsuchende geraten mitunter auf der beschwerlichen Flucht in Kontakt mit Suchtmitteln.
Kurz: Die Droge sei in der Schweiz auf dem Vormarsch, berichteten kürzlich «Tages-Anzeiger», NZZ oder SRF. In Asylzentren, Drogenszenen, Gefängnissen. Wie ist die Lage im Aargau?
Bereits vor zwei Jahren war Pregabalin in Aargauer Gefängnissen
Die kurze Antwort: unproblematisch. Jedenfalls weitgehend.
Die längere Antwort: Sowohl bei den bekannten Drogen-Hotspots als auch in den kantonalen Asylunterkünften ist das Medikament kaum verbreitet. Probleme gebe es kaum welche, heisst es von den entsprechenden Medienstellen des Kantons.
So stellte die Kantonspolizei an den bekannten Szenetreffpunkten in Brugg und Aarau im vergangenen Jahr gerade mal rund 30 Tabletten des Arzneimittels sicher. Verglichen mit anderen Substanzen sei dies eine geringe Menge, schreibt ein Polizeisprecher. Sein Schluss: Das Medikament scheint kein grosses Thema zu sein. «Wie immer bei Drogendelikten sehen wir natürlich immer bloss die Spitze des Eisbergs.»
Auch in den Aargauer Gefängnissen zeigen sich derzeit wenig Schwierigkeiten mit Pregabalin. Das war nicht immer so. Die Problematik um das Medikament sei im Aargauer Justizvollzug seit zwei Jahren bekannt. «Vor allem bei Gefangenen aus Nordafrika», wie eine Sprecherin des Kantons schreibt. Die Institutionen reagierten und gaben ohne klare medizinische Gründe kein Pregabalin mehr an Inhaftierte ab. «In den Gefängnissen des Kantons Aargau wird dies seither strikte beachtet und ist nur noch in seltenen Fällen ein Thema», schreibt die Sprecherin.
Auch in den Asylunterkünften des Kantons Aargau stellen sich gemäss kantonalem Sozialdienst keine Probleme. Es gebe einige wenige Personen mit einer Verschreibung für das Medikament Pregabalin, heisst es vom Kanton. Nennenswerte Beeinträchtigungen bezüglich des Zusammenlebens in kantonalen Unterkünften entstünden indes nicht.
Nur wenige Asylsuchende aus den Maghrebstaaten leben im Aargau
Dies liegt vermutlich auch daran, dass in den Unterkünften des Kantons nur wenig Asylsuchende aus dem Maghreb untergebracht sind.
Mehr Geflüchtete aus Nordafrika befinden sich hingegen in den Bundesasylzentren. Und hier zeigten sich in der Vergangenheit deutlich mehr Probleme. «Der missbräuchliche Konsum von Pregabalin hat zu schwierigen Situationen geführt», erklärte eine Mediensprecherin des Staatssekretariats für Migration (SEM) gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Sie nennt aggressives Verhalten bei hoher Dosierung und teilweise Gewalt innerhalb der Zentren bei Entzugserscheinungen.
Wie sich die derzeitige Situation im einzigen Bundesasylzentrum im Aargau, jenem in Brugg, darstellt, ist indes unklar. Ein anderer SEM-Sprecher antwortet allgemein auf eine entsprechende Anfrage der AZ. In der Tat kämen viele Asylsuchende aus dem Maghreb bereits Pregabalin-abhängig in den Zentren an, schreibt der Sprecher. «Das ist teilweise eine Herausforderung für Betreuung und Sicherheit, aber auch für die übrigen dort untergebrachten Asylsuchenden.»
Wie die Gefängnisse reagierte auch das SEM bereits vor einigen Jahren. Seit 2021 geben die Betreuungspersonen in den Bundesasylzentren ausser in ärztlich angeordneten Ausnahmefällen kein Pregabalin mehr ab. Stellen sie eine Abhängigkeit fest, so verabreichen sie diesen Personen in der Regel ein Substitut. Seither verzeichnet das SEM weniger Zwischenfälle. «Es ist ruhiger geworden», schreibt der SEM-Sprecher.