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Aus welchen Energieträgern stammt der Strom der Zukunft? In Aarau lieferte sich die politische Prominenz eine aufgeladene Debatte

Thierry Burkart und Jeanine Glarner von der FDP gegen Lelia Hunziker und Roger Nordmann von der SP: Letzterer verlangte schnellere Verfahren bei der Bewilligung von Windpärken, Burkart hingegen würde gerne ein Mini-AKW bei sich im Garten bauen lassen.

«Ich bitte um eine freundliche Debatte», schickte Irene Stutz der Gesprächsrunde voraus. Die Einwohnerrätin der SP Aarau eröffnete das Podium am Donnerstagabend im Stadtmuseum. Das Thema: Die Zukunft der Schweizer Energiepolitik und des «Stromkantons» Aargau. Der Saal war voll. Die Frage des Abends: Ist es Zeit für einen Ausstieg aus dem Ausstieg?

Auf der Bühne: Ständerat Thierry Burkart und Grossrätin Jeanine Glarner, beide FDP, gegen Grossrätin Lelia Hunziker und den Lausanner Nationalrat Roger Nordmann, beide von der SP.

In der folgenden Stunde argumentierte Burkart für die Aufhebung des Atomkraftverbots und Glarner forderte gar sofortige Baupläne für ein neues AKW. Nordmann und Hunziker beriefen sich darauf, den aktuellen Pfad der Energiepolitik nicht zu verlassen und die erneuerbaren Energien zügig voranzutreiben.

Die Gefahr war da, dass die Runde in einer ideologischen Grundsatzdebatte stecken bleiben könnte. Doch sie tat es nicht. Die Diskussion verlief gesittet, lösungsorientiert und nahm viele Fragen aus dem Publikum auf.

Sorgen um die Stromversorgung

Thierry Burkart, Ständerat und Parteipräsident FDP.
Bild: Severin Bigler

«Uns ist wohl nicht klar, wie oft wir in den letzten Jahren an einem Blackout vorbeigeschrammt sind», ermahnte Burkart. Die Gesprächsrunde war sich einig: Die Lage um die Stromversorgung ist ernst. Geht es nach Burkart, sollen die erneuerbaren Energien gefördert und der Bau von AKW ermöglicht werden. «Das eine tun, das andere aber nicht lassen», wie er sagte.

Lelia Hunziker, Grossrätin SP.
Bild: Severin Bigler

Was Hunziker an dieser Haltung stört: Wird wieder über Atomkraft diskutiert, sende dies das falsche politische Signal. Nämlich jenes, dass es früher oder später nicht ohne AKW gehen werde. «Dabei ist klar: Niemand will ein Atomkraftwerk bauen und niemand will es versichern.»

Dass den Befürworterinnen der Atomkraft – in diesem Fall ausgerechnet der FDP – vorgeworfen wird, eine finanziell unsinnige Technologie fördern zu wollen, wollte Jeanine Glarner nicht auf sich sitzen lassen. In der Schweiz sei heute jede Stromproduktion subventioniert, auch jene von erneuerbaren Energien. «Ich will gleich lange Spiesse für alle Technologien.»

Jeanine Glarner, Gemeindeammann und Grossrätin für die FDP.
Bild: Severin Bigler

Alte und neue Technologien

Immerhin an diesem Punkt habe sich die Energiedebatte in den vergangenen Jahren weiterentwickelt, sagte Roger Nordmann: «Heute ist man sich einig, die Energieversorgung ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, die der Markt nicht regeln kann.» Schweizer Produktion statt Import, darin waren sich die vier einig.

Roger Nordmann, SP-Nationalrat aus Lausanne.
Bild: Severin Bigler

Das Potenzial der erneuerbaren Energien habe man bei der Ausarbeitung der Energiestrategie 2050 unterschätzt, so Nordmann. Doch es stimme, dass die Umsetzung von Wind-, Wasser- und Solarprojekten schneller gehen müsse. Den Windpark nahe an seinem Wohnort in Sainte-Croix VD zu realisieren, dauerte 25 Jahre: «Davon waren 23 Jahre Verfahren und 2 Jahre Bau. Das darf nicht sein.» Da müsse auch seine eigene Partei Hand bieten.

Burkart nähme freiwillig ein Mini-AKW

Eine technologische Neuerung seitens Atomkraft lehnen Nordmann und Hunziker klar ab: die Mini-AKW. An solchen wird aktuell am PSI geforscht. Die Hoffnung: Sie könnten schneller und mit geringerem finanziellem Aufwand und weniger Ressourcen gebaut werden. Das Problem: Um den Strom eines Atomkraftwerks zu produzieren, bräuchte es 30 Mini-Reaktoren und damit dreissig Standorte.

Hunziker zeigte sich lieber gewillt, den Badeplatz an der Aare für die Wasserkraft aufzugeben, als ihren Garten für ein Mini-AKW. Und sie ist sich sicher, dem Grossteil der Aargauer Bevölkerung ginge es gleich. Burkart sieht das anders: «Ich würde eines nehmen.» Wären seine Nachbarn einverstanden, bräuchte es nur noch 29 weitere Standorte.

Was bisher geschah in der Schweizer Energiepolitik

Vor sieben Jahren stimmte die Stimmbevölkerung deutlich für die Energiestrategie 2050 – und beschloss damit den Ausstieg aus der Atomenergie. Diesen Juni hat das Stimmvolk das Stromgesetz angenommen. Der Auftrag: Die erneuerbaren Energien fördern. Nur zwei Monate später trauen die Stromproduzenten ihren Ohren nicht. Energieminister Albert Rösti präsentiert einen Gegenvorschlag zur «Blackout-Initiative» und verkündet, dass das Verbot für den Bau von neuen Atomkraftwerken aufgehoben werden soll. Ein sehr umstrittenes Unterfangen, wie eine neue Umfrage zeigt.

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