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Erhöhte Suchtgefahr durch hip verpackte E-Zigaretten bei Minderjährigen – das raten Profis den Eltern

Dampfen ist bereits bei 13-Jährigen im Trend. Wie gehen Eltern am besten damit um? Hélène Neuhaus vom Badener Beratungszentrum BZBplus und Reto Zurflüh von der Suchtprävention Aargau geben Auskunft.

Kürzlich auf dem Schulweg zu einer Oberstufe im Bezirk Baden. Zwei Mädchen mit Rucksäcken sind unterwegs als eine weisse Wolke über ihren Köpfen aufsteigt. Sie vapen und verstecken es gar nicht erst: Sie haben sich vom Trend mit den lässig verpackten E-Zigaretten, auch Puff- oder Elfbars genannt, anstecken lassen. Sie sehen aus wie Leuchtstifte und schmecken nach Erdbeere oder anderen fruchtigen Aromen.

Die E-Zigaretten, es gibt sie mit und ohne Nikotin beigemischt, haben sich inzwischen bereits bei 13-Jährigen etabliert. Für den Nachwuchs ist es auch kein Problem, an die Dinger heranzukommen. Deren Verkäufer werden dabei von der Tiktok-Generation schon mal «Dealer» genannt. Sie kommen aus dem Freundeskreis und erwerben die E-Zigis zum Beispiel mit einem gefälschten Ausweis. Es gibt sie an allerlei Orten zu kaufen, in Kiosken, Supermärkten oder natürlich in Dampfwarenläden. Doch nicht überall müssen sie einen Ausweis zeigen.

«Leider schützt das schweizerische Gesetz Jugendliche derzeit nicht vor E-Zigaretten. Sie unterliegen dem Geltungsbereich des Lebensmittelgesetzes und sind deshalb ohne Altersbeschränkung auf dem Markt erhältlich», klärt Suchtberaterin Hélène Neuhaus von der Badener Beratungsstelle BZBplus auf. Das soll sich mit dem laut dem Bundesamt für Gesundheit auf Anfang 2024 geplanten, neuen Tabakproduktegesetz ändern.

Solche sogenannten Elfbars sind bei Minderjährigen besonders im Trend. Sie haben Nikotin beigemischt.
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Einige Kantone hätten entsprechende Gesetze geschaffen, die den Verkauf an Minderjährige verunmöglichen. Der Aargau zähle aber nicht dazu. «Es gibt aber Anbieter, die sich freiwillig verpflichten, keine E-Zigaretten an Minderjährige zu verkaufen», sagt Neuhaus.

Einweg-E-Zigaretten besonders populär

Fälschlicherweise würden die Jugendlichen meinen, dass sie sich mit dem Vapen nicht schaden. Es entbehrt derweil nicht einer gewissen Ironie, dass ein grosser Teil der langjährigen Zigarettenrauchenden, die vom Umstieg auf E-Zigaretten gesundheitlich profitieren könnten, diese für «gefährlich» halten, so Neuhaus. «Obwohl Tabakzigaretten doch viel schädlicher sind, da durch die Tabakverbrennung krebserregender und giftiger Rauch entsteht.» Bei E-Zigaretten hingegen finde keine Verbrennung statt.

Hélène Neuhaus ist Suchtberaterin bei der regionalen Fachstelle BZBplus in Baden.
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Deshalb seien sie aber nicht automatisch gesund. Vielmehr könnte das Dampfen von nikotinhaltigen E-Zigaretten bei Jugendlichen schnell zu einer Abhängigkeit führen. Junge Menschen, die noch nie Tabak konsumiert hätten und nicht abhängig von Nikotin seien, sollten «ganz klar keine dieser Produkte konsumieren», sagt Neuhaus.

Besonders populär bei den Jugendlichen sind Einweg-E-Zigaretten: «Diese umweltschädlichen Geräte sind leider für den einmaligen Kauf günstig», sagt Neuhaus. Günstiger als wiederaufladbare und -auffüllbare E-Zigaretten. Sie sprechen die Jugendlichen durch ihre vielfältigen Geschmäcker, das hippe Design, die Dampfwolken, die sich produzieren lassen, und natürlich nicht zuletzt durch das Gefühl an, das der Nikotinkonsum bewirke. «Zudem stinken sie nicht – die Eltern und Lehrpersonen werden nicht mal misstrauisch», erklärt die Suchtberaterin.

Dialog statt Verbot

Was rät sie Eltern, wenn sie es entdecken? Ein Verbot aussprechen? Laut Neuhaus nützt ausschliesslich verbieten nur wenig. «Hilfreich ist, mit seinen Kindern darüber ins Gespräch zu kommen und seine Haltung und die eigenen Wahrnehmungen und Befürchtungen mitzuteilen.» Und sie über das Abhängigkeitspotenzial von Nikotin zu informieren.

Sei kein Konsens über den Verzicht möglich, empfiehlt sie, den Jugendlichen vorzuschlagen, wenn überhaupt, dann E-Zigaretten ohne Nikotin zu nutzen, damit sie einfacher wieder aufhören können. Und womöglich müssten die gemeinsam erarbeiteten Regeln um einen Punkt erweitert werden: «Daheim darf nicht gedampft werden.»

Das Übertreten von Grenzen gehöre aber für viele Jugendliche zum Erwachsenwerden dazu. Durch die späte Reifung des Frontallappens des Gehirns, die sich bis zum 25. Altersjahr hinziehen könne, würden Jugendliche oft impulsiv, unkontrolliert und risikobereit handeln. «Wir können von unseren Teenies also nicht Verantwortungsbewusstsein einfordern, sondern sind dazu aufgefordert, optimale Rahmenbedingungen zu geben, die es ermöglichen, Selbstdisziplin, Motivation und Lernverhalten zu trainieren.»

Ein letzter Tipp für verzweifelte Eltern

Auch Reto Zurflüh von der Aargauer Suchtprävention plädiert für Gespräch und Beziehung statt Verboten. «Wenn es um ein konkretes Produkt geht, können sich die Eltern darüber informieren, sich mit den Jugendlichen hinsetzen und die Inhaltsstoffe gemeinsam besprechen.» Man könne auch danach fragen, welche Gefühle das Dampfen im Jugendlichen auslöse und ob ihm oder ihr das guttue. Dabei dürfe man gut auch gleich den eigenen Konsum thematisieren, ob es nun um Alkohol oder darum gehe, wenn die Eltern selbst rauchen.

Die Philosophie der Suchtprävention sei, dass zu einer nachhaltigen Erziehung, die Kinder und Jugendliche gesund aufwachsen lasse, eine gute Beziehung gehöre. «Die Dampfer zu verbieten, aus den Händen zu reissen oder gar die Zimmer der Jugendlichen zu durchsuchen, halte ich für kontraproduktiv.» Im Dialog zu bleiben, sei wichtiger. «Es schadet auch nicht, wenn Eltern dabei ihre eigenen Unsicherheiten ansprechen», erklärt Zurflüh. Im Gegenteil: «Das stärkt die Beziehung.»

Am Ende sei es eine individuelle Entscheidung, welche Abmachungen beziehungsweise Regeln getroffen werden. Als Eltern könne man kaum verhindern, dass sich die Kinder ausprobieren, das gehöre zum Erwachsenwerden einfach dazu. Besser sei, einen gemeinsamen Weg zu finden, wie es wieder von diesem Produkt wegkommen könnte.

Suchtberaterin Hélène Neuhaus hat noch einen Tipp für Eltern, die deswegen der Verzweiflung nahe sind. «Dann hilft vielleicht dieser Gedanke: Wenn mein Kind jetzt nicht dampfen würde, was würde es wohl stattdessen konsumieren? Und dann wären wir letztlich vielleicht doch gar nicht so unglücklich darüber, dass es ab und zu heimlich einen Zug von einer E-Zigarette nimmt.»