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«Hassredner wollen ihren Frust loswerden»: Aktiv werden gegen «Hate Speech» im Internet

Die Stiftung SET veranstaltet am Montag im Rahmen der Aktionswoche gegen Rassismus einen Online-Workshop über «Hate Speech» (Hassreden) im Internet.

«Der Hass im Netz explodiert», sagt der Badener Urs Urech, der Geschäftsleiter der nationalen Stiftung Erziehung und Toleranz (SET) ist und mit seinem Team verschiedenen Initiativen das friedliche Zusammenleben in einer pluralistischen Gesellschaft erarbeitet und umsetzt.

Eine davon ist die sogenannte «Toleranz-Box», dank der Kinder spielerisch erfahren, dass Vielfalt willkommen und positiv ist, egal ob es sich um Aussehen, Talente und Fähigkeiten, Kultur, Hautfarbe oder Religion handelt. Sie kommt bereits in über 20 Kitas in Baden zur Anwendung.

Kinder und Jugendliche vor Hate Speech schützen

Mit seinem Online-Workshop gegen «Hate Speech» im Internet richtet er sich nun am 17. März von 17.30 bis 18.30 Uhr anlässlich der Aktionswoche gegen Rassismus an alle Menschen, die Hass online wahrnehmen und sich dagegen engagieren wollen. «Im Speziellen sind das Erwachsene, die mithelfen wollen, Kinder und Jugendliche vor Hate Speech zu schützen und sich dagegen zu wehren», meint Urech.

Die Teilnehmenden können ihre eigenen Erfahrungen einbringen, dann werden neue wirkungsvolle Strategien dagegen erarbeitet. Der Workshop-Leiter dazu: «Ich informiere auch über die verschiedenen Beratungsstellen, bei denen Betroffene Unterstützung finden können. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Denn wer mit Hass auf dem Internet konfrontiert wird, fühlt sich oft machtlos und alleine gelassen.»

Frauen schlägt oft der blanke Hass entgegen

«Schlampe», «Bitch», «dumme Fotze»: Frauen schlägt in den sozialen Netzwerken oft der blanke Hass entgegen. Auch der Alltags-Rassismus verlagere sich zunehmend ins Internet, weiss Urech aus Erfahrung. Mit einer normalen Kritik haben solche Kommentare nichts zu tun: «Hassredner wollen ihren Frust loswerden und Dampf ablassen. Wenn sich ihre verbalen Attacken gezielt gegen eine Person richten, ist das enorm destruktiv und kann bisweilen gar gefährliche Konsequenzen haben.»

Längst sind davon nicht mehr nur Menschen des öffentlichen Lebens betroffen. «Der Ton ist online allgemein schärfer und brutaler geworden», bekundet Urech. Eine weitere Problematik ist, dass der steigende Medienkonsum kaum noch kontrollierbar ist und die grossen Plattformen oft sehr schwache Regulationen haben. «Griffige Massnahmen gibt es noch nicht. Das öffnet dem Hass leider alle Türen», bekundet der SET-Fachmann.

Einen Hate-Kommentar auf Social Media zu ignorieren oder jemanden zu blockieren, sei nur eine Methode, um sich davor zu schützen. «Gerade wenn die Person aus einem bekannten Umfeld kommt, kann das bisweilen schwierig werden. Die andere Variante wäre, Haltung zu zeigen und ganz klar mitzuteilen: einen solchen Umgang tolerieren und wollen wir auf dem Netz nicht», findet Urech.

Um die Handbremse zu ziehen und aktiv gegen den Hass anzugehen, sei das gemeinsame Handeln aller gefordert. Dafür brauche es allerdings etwas Zivilcourage. «Wenn aber mehrere Menschen am gleichen Strick ziehen und online kommentieren, dass sie Hate Speech absolut nicht o. k. finden, wird das auch von anderen Usern gelesen. Diese Multiplikation zeigt mit der Zeit Wirkung.»

Stoppen kann man Wutredner mit Argumenten meist nicht. Wenn sich jemand zur Gegenrede (Counter Speech) veranlasst fühlt, rät Urech dringend dazu, sich ein privates Profil zuzulegen und dies keinesfalls öffentlich zu tun. Denn das könnte zu einem wahren Flächenbrand ausarten.

Strategien in den Alltag einfliessen lassen

Hass online erkennen, benennen und gemeinsam etwas dagegen unternehmen, statt sich ohnmächtig zu fühlen, ist die Devise des Online-Workshops «Hate Speech» von Urs Urech. «Wichtig ist vor allem, dass die dabei erarbeiteten Strategien später in den Alltag einfliessen und zur Normalität werden. Ich bin überzeugt, dass dann eine Veränderung in eine positive Richtung möglich ist», meint der SET-Geschäftsführer zum Schluss. Anmeldungen sind noch möglich unter mail@urs-ure.ch.

Die von der Fachstelle der Region Baden koordinierte Aktionswoche gegen Rassismus bietet vom 17. bis 23. März ein vielfältiges Programm mit verschiedenen Workshops, Stadtrundgang, einer Filmvorführung, Erzählcafé, Begegnungsbank, interkultureller Tafelrunde und Spiele-Nachmittag, um das Bewusstsein gegen Diskriminierung und für einen respektvollen Umgang miteinander zu schärfen.

Beteiligt sind neben der Stiftung SET dieses Jahr: Kino Sterk AG, Kafi Royal, Kinder- und Jugendtheater Turgi, Boulderhalle Bouba, Begegnungs-Bank, WeltCHOR Baden, Eat’n’Meet, Gemeindebibliothek Wettingen, Bücher Doppler GmbH und Librium Bücher AG. Weitere Infos gibt es auf www.integrationregionbaden.ch.

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