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Nazi-Raubkunst: Ein zweites Langmatt-Bild hat eine problematische Herkunft – Vergleich mit jüdischen Erbinnen erzielt

Das Badener Museum Langmatt hat die Ergebnisse eines knapp dreijährigen Provenienzforschungsprojekts publiziert. Neben «Früchte und Ingwertopf», das vor einem Jahr versteigert wurde, fällt ein weiteres Werk in die Kategorie «eindeutig problematisch».

Das Badener Museum Langmatt hat die früheren Besitzerverhältnisse ihrer Bilder aufgearbeitet. Untersucht worden sind 13 zumeist impressionistische Gemälde, die Jenny und Sidney Brown als späte Ergänzungen ihrer Impressionismus-Sammlung in der Nazi-Zeit zwischen 1933 und 1940 erworben hatten.

Jetzt liegen die Resultate dieser Provenienzforschung vor, die in Zusammenarbeit mit Lange & Schmutz Provenienzrecherchen gemacht und vom Bundesamt für Kultur unterstützt wurde. «Für zwei der Werke hat die Stiftung Langmatt auf Grundlage der Washingtoner Richtlinien eine gerechte und faire Lösung mit den Nachkommen der ehemaligen Eigentümerschaft erzielt», heisst in einer Mitteilung. Für die übrigen Werke ergaben sich per Projektabschluss keine Hinweise oder Belege für NS-Raubkunst, oder ein solcher Zusammenhang konnte ausgeschlossen werden.

Beim einen Bild handelt es sich um «Früchte und Ingwertopf» von Paul Cézanne, welches das Museum vor einem Jahr in New York für 33,5 Millionen Dollar versteigerte. Wenige Wochen vor der Versteigerung war im Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung in Köln ein Dokument gefunden worden, das den Schluss erlaubte, der Verkauf des Bildes am 5. November 1933 in der Luzerner Galerie L’Art Moderne an Jenny und Sidney Brown könnte als NS-verfolgungsbedingter Entzug eingestuft werden.

Daraufhin nahm die Stiftung Langmatt proaktiv mit den Erbinnen und Erben des vormaligen Eigentümers Jacob Goldschmidt (1896–1976) Kontakt auf und erzielte eine Vergleichsvereinbarung. Das wurde vor der Versteigerung öffentlich bekannt.

Browns kauften Bild in Genfer Galerie

Wie das Museum nun mitteilt, ist es im Zusammenhang mit einem weiteren Bild zu einer Vergleichszahlung gekommen. Es handelt sich um das kleinformatige Bild «Fischerfrauen am Strand von Berck» von Eugène Boudin. Zu Beginn des Provenienzforschungsprojekts 2022 fanden Lange & Schmutz auf der Datenbank «LostArt» des Deutschen Zentrums für Kulturverluste eine Suchmeldung für das Bild. Auch in diesem Fall nahm die Stiftung Langmatt proaktiv mit den Erbinnen des Bildes Kontakt auf und erzielte eine Vergleichsvereinbarung.

«Das Museum Langmatt und die Erbinnen sind überzeugt, mit der gefundenen Lösung einer Entschädigung zum Verkehrswert eine gerechte und faire Lösung gefunden zu haben, die den Prinzipien der Washingtoner Richtlinien von 1998 entspricht», heisst es in der Mitteilung. Erfreulicherweise könne das Bild weiterhin im Eigentum der Stiftung verbleiben und somit im Museum Langmatt gezeigt werden.

Jenny und Sidney Brown hatten das Bild am 23. Mai 1936 in der Galerie Moos in Genf gekauft. Aus der Korrespondenz zwischen Sidney Brown und der Galerie geht jedoch nicht hervor, ob die Provenienz offen kommuniziert wurde. Das Bild befand sich zu dieser Zeit im Eigentum von Richard Semmel (1875–1950), einem jüdischen Industriellen und Kunstsammler. Ab 1919 war er Eigentümer der Wäschefabrik Arthur Samulon & Co. in Berlin. Bald darauf begann er, seine umfassende Sammlung anzulegen, die hauptsächlich aus Werken von französischen Kunstschaffenden der Moderne bestand.

Gute historische Quellenlage

Aufgrund der nationalsozialistischen Repressalien flohen Richard Semmel und seine Frau Claire Cäcilie bereits im Frühjahr 1933 nach Amsterdam. Kurz vor dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht setzten sie 1940 ihre Flucht über Chile in die USA fort, wo sie 1941 eintrafen. Richard Semmel war es 1933 gelungen, grosse Teile seiner Sammlung nach Amsterdam in Sicherheit zu bringen, wo er sie weitgehend verkaufte.

Die historische Quellenlage der Erwerbungsumstände der impressionistischen Bilder im Archiv des Museums Langmatt sei sehr gut, heisst es in der Mitteilung. «Dies darf als Glücksfall gewertet werden, weil ihre Untersuchung für das im September 2024 abgeschlossene Provenienzforschungsprojekt von entscheidender Bedeutung war.»

Vier Werke fielen in die Kategorie A (rekonstruierbar und unbedenklich), sieben in die Kategorie B (keine Belege oder Hinweise für NS-Raubkunst) und die beiden oben erwähnten Bilder in die Kategorie D (eindeutig problematisch).

Das umfangreiche und arbeitsintensive Provenienzforschungsprojekt des Museums Langmatt habe zahlreiche Erkenntnisse gebracht und die hohen Erwartungen erfüllt. «Da Ergebnisse der Provenienzforschung generell Momentaufnahmen darstellen, wird das Thema auch in Zukunft weiterverfolgt»