Plot gegen Polizisten: Mitfahrer decken betrunkenen Lenker – seine schwangere Freundin sei gefahren
In einer Aprilnacht im Jahr 2023 nahm eine Polizeipatrouille im Bezirk Baden die Verfolgung eines auffällig fahrenden Autos auf. Zuvor hatte jemand der Notrufzentrale gemeldet, dass ein Auto zu schnell unterwegs sei und der Fahrer möglicherweise alkoholisiert sei.
Gegen halb eins sichteten zwei Polizisten das Fahrzeug und folgten diesem bis zum Tor einer Tiefgarage. Einer der Beamten stieg aus dem Streifenwagen aus, als das Auto plötzlich beschleunigte und in die Garage fuhr. Der Polizist schilderte später, wie er hinterherrannte, das Auto kurz aus den Augen verlor, weil es um ein, zwei Ecken bog, und danach sah, wie es schräg auf zwei Parkfeldern stehen blieb. Der Lenker sei auf seiner Seite ausgestiegen, schnell auf die andere Seite gerannt und habe dort die Beifahrertür geöffnet.
Kurz darauf wurde bei ihm eine Blutalkoholkonzentration von über zwei Promille festgestellt. Der Deutsche, Mitte 30, wurde deshalb per Strafbefehl zu einer unbedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 70 Franken verurteilt. Er erhob Einsprache, weshalb das Bezirksgericht Baden den Fall behandelte und das Urteil im März 2024 bestätigte. Anschliessend zog der Mann vor Obergericht.
Doch auch das Aargauer Gericht glaubt ihm nicht. Er behauptet, nicht gefahren zu sein, sondern seine schwangere Freundin. Sie habe ihn und zwei Freunde vom Bahnhof abgeholt und nach Hause gebracht. In der Tiefgarage sei er nur zum Kofferraum gegangen, als der Polizist auf ihn zukam. Dass er ihn aus dem Auto aussteigen sah, sei nicht wahr. Seine Mitfahrer stützen diese Version vor Obergericht.
Der Beschuldigte kritisiert auch, dass die nur von einem Polizisten durchgeführte Kontrolle unsauber verlaufen sei, da nur seine Personalien aufgenommen worden seien, die seiner Begleiter jedoch nicht. Seiner Ansicht nach hätte auch das Polizeifahrzeug problemlos in die Garage fahren können. Er sei «in dubio pro reo» («im Zweifel für den Angeklagten») freizusprechen.
Das Obergericht hörte auch die Mitfahrer an, die – trotz Androhung von Strafen bei Falschaussagen – die Version des Beschuldigten bekräftigten. Im Widerspruch dazu steht die Darstellung des Polizisten: Er habe die Situation genau verfolgt und zweifelsfrei gesehen, dass der Beschuldigte gefahren sei, versicherte er in der Berufungsverhandlung.
Weil ihr übel war, sei die schwangere Freundin zügig gefahren
Die Aussagen des «erfahrenen» Polizisten sind laut Obergericht jedoch «konstant, schlüssig und nachvollziehbar». Der Beamte sei geschult, solche Vorgänge zu beobachten. Zudem passe seine Schilderung zur Meldung einer Drittperson, dass ein zu schnell fahrendes Auto unterwegs war und der Lenker betrunken wirkte. Die Aussage der Freundin, sie sei zügig gefahren, weil ihr übel war, fand das Gericht unglaubwürdig: «Das passt nicht zur Fahrweise einer Schwangeren», schreibt es im Urteil.
Dass der Polizist nicht alle Personalien aufnahm, rechtfertigt das Obergericht damit, dass sich der Beschuldigte renitent verhielt: Er habe sein Portemonnaie herumgeworfen und um sich geschlagen. Die «Bestätigungen» der Mitfahrer wertet es als «Schutzbehauptungen» und «Gefälligkeitsschreiben». Insbesondere die Freundin habe ein starkes Interesse daran, ihn zu entlasten, da eine Verurteilung Konsequenzen für die ganze Familie hätte.
Das Obergericht bestätigt die Verurteilung wegen Fahrens in fahrunfähigem Zustand mit qualifizierter Blutalkoholkonzentration. Der Mann muss die 7000 Franken Geldstrafe zahlen sowie die Verfahrenskosten von 7012.50 Franken tragen. Es belässt es auch bei der unbedingten Geldstrafe, weil er nicht aus vorherigen Verurteilungen gelernt habe: So ist der Deutsche bereits mehrfach wegen Verkehrsdelikten aufgefallen, darunter auch schon wegen Alkohol am Steuer.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Nach Eintritt der Rechtskraft werden die Akten der Staatsanwaltschaft zugestellt, die prüfen werde, ob sie gegebenenfalls eine Strafuntersuchung wegen Ablegung falschen Zeugnisses gegen die drei Zeugen einleitet, sagt die Medienstelle der Gerichte Kanton Aargau auf Anfrage.