Ungarischer Stadler-Konkurrent bleibt am spanischen Bahnhersteller Talgo dran – Zünglein an der Waage ist die Madrider Regierung
In die Zukunft des spanischen Schienenfahrzeugherstellers Talgo, über die auch der Ostschweizer Mitbewerber Stadler ein Wörtchen mitreden könnte, kommt Bewegung: Die spanische Börsenaufsicht CNMV hat mittlerweile den Antrag der ungarischen Gesellschaft Ganz-Mavag, ein öffentliches Übernahmeangebot für sämtliche Talgo-Aktien vorzulegen, zur Bearbeitung zugelassen.
Das heisst: Die CNMV prüft, ob sie das Übernahmeangebot genehmigen wird oder nicht, wie die CNMV-Kommunikationsabteilung auf Anfrage schreibt. Für einen Entscheid bedarf es jedoch vorgängig der Zustimmung der spanischen Regierung zur geplanten Transaktion. Die Frist zur Bewilligung einer solchen Direktinvestition durch ein ausländisches Unternehmen beträgt drei Monate, kann aber auch verlängert werden. Ganz-Mavag benötigt also zunächst grünes Licht seitens der spanischen Regierung und danach auch noch das Plazet der CNMV.
Gespräche mit Stadler als Plan B
Ob es dazu kommt, steht in den Sternen. Denn die Regierung in Madrid hat sich bisher dezidiert gegen eine Übernahme Talgos durch Ganz-Mavag ausgesprochen, weil sie Talgo als strategisch wichtiges Unternehmen einstuft und sich an mutmasslichen Verbindungen der ungarischen Gesellschaft zur Budapester Regierung unter Viktor Orbán stört.
Wegen dieser Bedenken Madrids ist der britische Investmentfonds Trilantic Capital Partners, der als grösster Aktionär Talgos gut 40 Prozent am spanischen Bahnbauer hält und dieses Paket eigentlich an Ganz-Mavag verkaufen will, angeblich an Stadler herangetreten. Dies mit der Absicht, um quasi als Plan B Gespräche über einen möglichen Einstieg Stadlers bei Talgo aufzunehmen. Stadler hat sich über das Thema nicht geäussert.
Ganz-Mavag, zu der unter anderem die Eisenbahngruppe Magyar Vagón gehört, hatte im März 2024 gemeinsam mit der staatlichen ungarischen Investmentgesellschaft Corvinus ein öffentliches Übernahmeangebot für Talgo angekündigt. Dies zu einem Preis von 619,3 Millionen Euro für sämtliche Aktien. Am Montagnachmittag war Talgo an der Börse gut 545 Millionen Euro wert.
Stadler wäre plötzlich mit über 300 km/h unterwegs
Käme bei Talgo hingegen Stadler zum Zug, würde das Unternehmens von Ankeraktionär und Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler einen Wachstumssprung hinlegen. Zudem würde Talgo Stadlers Portfolio um Höchstgeschwindigkeitszüge (Very High Speed) erweitern. Talgo hat hier mit dem Talgo 350 und dem Avril zwei Produkte im Angebot. Den Avril hat die spanische Bahngesellschaft Renfe im April 2024 als Erstkundin nach dreijähriger Verzögerung in Betrieb genommen.
Möglicherweise kommt noch eine weitere Option ins Spiel: So soll die spanische Regierung den Plan verfolgen, spanische Unternehmen aus der Industrie und der Finanzbranche für einen Einstieg bei Talgo zu gewinnen. Bisher allerdings hat die CNMV kein anderes Übernahmeangebot für Talgo neben jenem von Ganz-Mavag registriert.