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Eine PUK zur Rettung der Credit Suisse ist so gut wie beschlossen: So geht es nun weiter 

Die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments haben am Montagabend entschieden, die Vorgänge rund um die CS-Rettung vertieft abzuklären. «Aufgrund der grossen Tragweite der Ereignisse» unterstützen beide GPK die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK). Jetzt geht das Gerangel um den genauen Auftrag und die Besetzung der Kommission los.

Alle Fraktionen des Parlaments haben sich früh für eine vertiefte Untersuchung der CS-Rettung ausgesprochen. Nun ist das Parlament einen entscheidenden Schritt weitergekommen.

Die Zeichen stehen auf PUK. Weshalb?

Eine PUK ist eine parlamentarische Untersuchungskommission. Sie ist das schärfste Mittel der Oberaufsicht des Parlaments über Bundesrat und Verwaltung. Sie wird eingesetzt, um Geschehnisse von grosser Tragweite zu untersuchen. Die staatlich verordnete Zwangsübernahme der Credit Suisse durch die UBS gehört zweifellos dazu. Dazu war nicht nur Notrecht nötig, sondern auch Bundesgarantien von 259 Milliarden Franken.

Für das Büro des Nationalrates, in welchem alle Fraktionen vertreten sind, war bereits Ende März klar, dass eine PUK eingesetzt werden soll. Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Ständerates wollte zunächst eigene Vorabklärungen machen. Sie entschied am Montag nach Gesprächen mit dem Bundespräsidenten Alain Berset, der Finanzministerin Karin Keller-Sutter sowie den Vorständen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) und der Finanzmarktaufsicht (Finma), dass aufgrund der grossen Tragweite der Ereignisse, der Vielschichtigkeit der Themen und der zahlreichen involvierten Akteure eine PUK notwendig ist.

Wer entscheidet definitiv über die Einsetzung der PUK?

Zunächst ist jetzt das Büro des Ständerates am Zug, das organisatorische Leitungsorgan der kleinen Kammer. Dieses wird am Mittwoch entscheiden, ob es die Einsetzung einer PUK unterstützt. Davon ist nach dem Ja der Geschäftsprüfungskommission auszugehen. Danach wird das Büro des Nationalrates einen Bundesbeschluss ausarbeiten. Darin sind der Auftrag und die finanziellen Mittel der PUK festgehalten, allenfalls auch die Anzahl Mitglieder.

Mit dem Dossier vertraute Politiker gehen davon aus, dass der Bundesbeschluss sehr generell gehalten und keinen detaillierten Untersuchungsauftrag enthalten wird. Definitiv entscheiden über die Einsetzung der PUK werden National- und Ständerat in der Juni-Session. Einzelne Ratsmitglieder können natürlich Änderungsanträge zum Beschluss einreichen. Auch wird sich der Bundesrat äussern können.

Was untersucht die PUK genau?

Die Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte haben bereits Leitplanken für die Untersuchung formuliert. Sie fordern etwa, dass nicht nur die Ereignisse im März 2023 untersucht werden, sondern auch die relevanten Entwicklungen in den Vorjahren. Dabei geht es auch um die Frage, ob SVP-Bundesrat Ueli Maurer als ehemaliger Finanzminister in der Causa CS richtig gehandelt hat. Maurer selbst hat in dieser Zeitung die Einsetzung einer PUK begrüsst. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass um den Auftrag noch ein politisches Gefeilsche stattfinden wird.

Weiter sollen unter anderem folgende Themen vertieft werden: die Krisenfrüherkennung durch das zuständige Finanzdepartement und der Einbezug des Bundesrates, die Aufsichtstätigkeit der Finma gegenüber der CS, die Rolle der Schweizerischen Nationalbank, die Anwendung des Notrechts, die Evaluation und das Monitoring zur Wirkung der Too-big-to-fail-Gesetzgebung sowie die Umstände der Rettungsaktion im März 2023.

Wer wird Mitglied der PUK?

Eine PUK ist eine gemeinsame Kommission der beiden Räte: Die Hälfte der Mitglieder kommt aus dem Nationalrat, die andere Hälfte aus dem Ständerat. Sie werden von ihrem jeweiligen Büro gewählt. Bei der Zusammensetzung wird die Fraktionsstärke berücksichtigt, aber nicht nur. Nach Möglichkeit auch die angemessene Vertretung von Amtssprachen und Landesgegenden.

Aktuell sieht es danach aus, dass die Kommission 14 Mitglieder (je sieben) umfassen wird. Sicher werden nur Parlamentarierinnen und Parlamentarier bestimmt, die mit grosser Wahrscheinlichkeit im Herbst wiedergewählt werden. Politische Erfahrung ist ein Vorteil, GPK-Mitglieder sehen sich in einer guten Position, weil sie das Rüstzeug haben, Anhörungen und Untersuchungen durchzuführen. Es sollen zudem Parlamentsmitglieder sein, die die Rolle der Oberaufsicht wahrnehmen können. Das heisst, sie müssen den Willen haben, Transparenz über die Geschehnisse zu schaffen – unabhängig davon, ob Parteikolleginnen oder Parteikollegen betroffen sind.

Zu erwarten ist, dass innerhalb der Fraktionen ein Gerangel um die PUK-Mitgliedschaft entsteht. Besonders das Präsidium kann ein Karrierebooster sein. Kurt Furgler (CVP), der 1964 die PUK zur Mirage-Affäre leitete, und Moritz Leuenberger (SP), der 1989 die PUK zur Kopp-Affäre präsidierte, welche den Fichenskandal aufzudecken half, zogen später beide in den Bundesrat ein.

Welche Rechte hat die PUK?

Eine PUK hat das uneingeschränkte Recht, die von ihr benötigten Informationen zu beschaffen. Dazu gehören auch Bundesratsprotokolle und geheime Berichte. Sie kann Auskünfte von allen Bundesbehörden verlangen, aber auch von Amtsstellen ausserhalb der Bundesverwaltung und Privatpersonen. Auch die einstigen CS-Chefs werden wohl antraben müssen. Im Unterschied zur GPK kann eine PUK Zeugen aufbieten, um sie zu vernehmen.

Eine PUK bekommt ein eigenes Sekretariat, sie kann Personal für die Untersuchung einstellen. Und sie kann auch einen Untersuchungsbeauftragten für die Beweiserhebung einsetzen.

Besondere Rechte hat auch der Bundesrat. Er wird ein Mitglied bestimmen, das den Bundesrat gegenüber der PUK vertritt. Es kann bei der Befragung von Auskunftspersonen oder Zeugen teilnehmen und selbst Fragen stellen. Zudem kann der Bundesrat alle Unterlagen, Gutachten und Einvernahmeprotokolle der PUK sichten.

Wann werden die Resultate der PUK erwartet?

Eine Prognose dazu wagt niemand. Klar ist nur, dass der PUK-Bericht nicht innerhalb von wenigen Monaten vorliegen wird. Die Erwartung besteht aber, dass die PUK die Arbeit raschestmöglich aufnehmen wird, voraussichtlich im Herbst.

Wie häufig ist eine PUK?

Bislang hat die Bundesversammlung vier Mal eine PUK eingesetzt. Die letzte 1995 zur Untersuchung der Missstände bei der Pensionskasse des Bundes. 1990 gab es ein PUK, um Vorkommnisse im Militärdepartement zu untersuchen. Ein Jahr zuvor wurde eine PUK im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Bundesrätin Elisabeth Kopp eingesetzt, die schliesslich den Fichenskandal aufdeckte. Und 1964 untersuchte eine PUK das Mirage-Beschaffungsdebakel.

Sieben Mal wurde eine PUK seit 1995 beantragt und abgelehnt, 2010 auch zur Aufarbeitung der Finanzkrise und der Rettung der UBS.

Welche Konsequenzen kann eine PUK haben?

Eine PUK hat zwar weitreichende Untersuchungsbefugnisse, doch es bleibt letztlich eine politische Aufarbeitung. Sie nimmt keine Aufgabe im Bereich der Strafverfolgung wahr. Ihre Aufgabe ist es, einen Sachverhalt zu ermitteln, Unzulänglichkeiten festzustellen, Verantwortlichkeiten festzulegen und Verbesserungen vorzuschlagen. Die PUK wird einen Bericht veröffentlichen – und Empfehlungen abgeben, damit kein zweiter Fall CS passieren wird. Sie kann aber nichts verordnen und schon gar keine Sanktionen aussprechen. Aber eine PUK könnte mit den üblichen parlamentarischen Instrumenten etwa Gesetzesänderungen anregen.