Asylzentren sollen kein «Bed and Breakfast» mehr sein: Bundesrat Jans geht gegen Asylmissbrauch vor
Am Schluss der Medienkonferenz in Chiasso sagte Beat Jans fast ein bisschen entschuldigend: «Sie sind vielleicht erstaunt, diese Massnahmen von einem SP-Bundesrat zu hören.» Doch Wegschauen sei keine linke Politik.
Jans besuchte am Dienstag das Bundesasylzentrum in Chiasso und nutzte die Gelegenheit, schärfere Massnahmen im Asylbereich anzukündigen. Es gehe darum, Missbräuche im System zu vermeiden und zugleich die Hilfe für echte Schutzbedürftige zu verbessern, erklärte der neue Vorsteher des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD). Zugleich sollten diese Massnahmen helfen, das Personal im Asylwesen zu entlasten und Pendenzen abzubauen: «Es geht um 15’000 Menschen, die auf einen Entscheid warten.»
Unter den konkreten Massnahmen nannte Jans die Ausweitung des «24-Stunden-Verfahrens», das in den vergangenen Monaten im Bundesasylzentrum Zürich gemäss dem Staatssekretariat für Migration (SEM) erfolgreich getestet wurde. Es soll bis Ende April 2024 in allen Bundesasylzentren angewandt werden. Es betrifft Asylsuchende aus Herkunftsstaaten mit einer Asylgewährungsquote von weniger als 1 Prozent, insbesondere aus Ländern wie Algerien, Tunesien und Marokko.
«Dem müssen wir einen Riegel schieben»
Zudem hat das SEM festgestellt, dass die Asylstrukturen insbesondere von Personen aus diesen Herkunftsstaaten an Wochenenden regelmässig als vorübergehende Unterkunft genutzt werden. Bevor am Montag die Fingerabdrücke genommen werden und das Verfahren formal eröffnet wird, sind diese Personen schon wieder verschwunden. «Dem müssen wir einen Riegel schieben», so Jans, «Asylzentren sind keine Notschlafstellen.» Daher wird geprüft, die Zentren für Neuankömmlinge am Wochenende gänzlich zu schliessen, damit diese nicht als «Bed and Breakfast» genutzt werden. Für besonders vulnerable Personen wie schwangere Frauen oder Kranke müsse aber eine Lösung gefunden werden.
Auch zur heiss debattierten Frage, ob Asylsuchende allenfalls in Containersiedlungen untergebracht werden sollen, äusserte sich Jans. Er habe diese Möglichkeit geprüft, sei aber zum Schluss gekommen, «keinen entsprechenden Antrag zu stellen».
Kantonale Behörden sollen durchgreifen
Jans ging zudem auf das Problem von straffällig gewordenen Asylsuchenden ein. Bei den Kriminellen handele es sich nur um einen sehr kleinen Teil der Asylsuchenden, doch diese wenigen seien sehr belastend für die Bevölkerung und für jene Asylsuchenden, die sich an die Regeln hielten und Schutz brauchten. Er verstehe, dass sich die Bevölkerung nicht sicher fühle. Temporäre Festnahmen dieser Personen hätten kaum Erfolg. Er appellierte an die kantonalen Behörden, in solchen Fällen alle strafrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, inklusive Ausschaffungen.
Für den Grossteil der Flüchtlinge sei es indes wichtig, in den Zentren eine bessere Tagesstruktur zu verwirklichen, welche auch mehr Beschäftigungsmöglichkeiten vorsehe. Dafür werde nun mehr Personal bereitgestellt. Auch der Austausch mit der Zivilgesellschaft müsse intensiviert werden. Ein besonderes Augenmerk gelte den unbegleiteten Minderjährigen. Im Tessin soll im Schuljahr 2024/2025 ein Pilotprojekt für einen Schulbetrieb von 16- und 17-jährigen unbegleiteten Minderjährigen beginnen.