«Beim ersten Besuch im Bad Lauterbach dachte ich sofort: Käse! Fleisch! Urchig!»
Zur Person
Daniel Pittet wurde am 9. Juni 1977 in Villars-le-Terroir im Kanton Waadt geboren. Nach mehreren Umzügen liess sich die Familie im Limmattal nieder. Pittet absolvierte seine Kochlehre im Wallis, wo er danach in mehreren Sterne-Betrieben arbeitete. In Visp führte er ab 2003 ein eigenes Restaurant, das mit 15 Gault&Millau-Punkten ausgezeichnet wurde. Zuletzt stand der 42-Jährige im Berner Hotel «Innere Enge» und im «Kreuz» Egerkingen als Küchenchef am Herd.
So richtig gerechnet hat wohl niemand mit einem gastronomischen Neuanfang im Landgasthof Bad Lauterbach oberhalb von Oftringen. Erst recht nicht auf dem Niveau, das der Walliser Sternekoch Daniel Pittet anstrebt.
Zum Interview empfängt der neue Geschäftsführer und Küchenchef Daniel Pittet den Journalisten und den Fotografen in der «Jägerstube», einem der neugestalteten Gasträume im Bad Lauterbach. Er habe sich überlegt, dass er uns während des Interviews ein paar Kostproben aus der Küche serviere, das sei einfacher, als über Essen zu reden. Dagegen haben wir natürlich nichts einzuwenden
Herr Pittet, zuletzt standen Sie als Küchenchef im Egerkinger Kreuz in der Küche, zuvor waren Sie in vielen Punkte- und Sterne-Restaurants tätig. Wie sind Sie auf das Bad Lauterbach aufmerksam geworden?
Pittet: Durch einen guten Bekannten, der bereits im Bad Lauterbach involviert war und mir erzählte, dass es nicht so lief, wie er sich das wünschte. Wir sind dann zusammen hingefahren und ich war sofort sehr angetan von der Idee, hier anzufangen.
Wie war Ihr Eindruck beim ersten Besuch?
Auf Anhieb hat mich natürlich die Terrasse und die sensationelle Weitsicht umgehauen. Die Lage ist einfach phänomenal! Beim allerersten Rundgang durch die Gasträume dachte ich sofort: Käse! Fleisch! Urchig! Die Vielfältigkeit des Raumangebotes begeisterte mich auf Anhieb, nach kürzester Zeit hatte ich bereits ein konkretes Konzept im Kopf, das sich kaum unterschied von dem, das wir nun umgesetzt haben.
Pittet verschwindet in die Küche und kehrt mit einem lauwarmen, marinierten Geisskäse auf zweifarbigem Randen-Carpaccio zurück.
Sie haben innert weniger Wochen das ganze Restaurant auf den Kopf gestellt, verschiedene Gasträume mit unterschiedlichen Themen kreiert, ein neues Logo entworfen, eine neue Homepage erstellt, spezielle Speisekarten gestaltet. Viel Freizeit hatten Sie wohl nicht in letzter Zeit?
Nein, das war recht sportlich, das stimmt. Natürlich hatte ich das ohne Hilfe von vielen netten Menschen und meinem Team nicht geschafft. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich überdies auf die Hilfe einer Dame zählen kann: die eine unterstützt mich bei der Dekoration, dem Marketing und der Buchhaltung und die andere hat als Investorin dafür gesorgt, dass ich das alles in so kurzer Zeit realisieren konnte. Ich selber bin quasi das Mädchen für alles, ich koche, putze, wasche ab und serviere auch, wenn‘s nötig ist. Ich arbeite gerne, 18-Stunden-Tage sind nichts Aussergewöhnliches.
Welche gastronomischen Pläne verfolgen Sie nun konkret im Bad Lauterbach?
Grundsätzlich werden nur saisonale Produkte aus der Schweiz verwendet, wenn möglich aus der Region, das ist mir sehr wichtig. Zudem mache ich alles selber, was man selber machen kann, mit Ausnahme des Brotes, das schaffe ich nicht, denn wir sind nur zu zweit in der Küche. In der Jägerstube offerieren wir wöchentlich drei verschiedene Mittagsmenus. Das Rustico ist ein Grillrestaurant, da steht abends Schweizer Fleisch mit frischen Beilagen im Zentrum. Der Gast kann auf der Speisekarte ankreuzen, welche Teile des Tieres er auf dem heissen Stein zubereitet haben möchte. In der Walliserstuba ist selbstverständlich Käse Trumpf, den ich, wie es sich gehört für einen Walliser, selber im Wallis produziere. Im Gourmet-Stübli ziehe ich alle Register der raffinierten Küche auf gehobenem Niveau in gemütlich-edlem Ambiente.
Nun steht ein sensationell fruchtiges Peperoni-Süppchen in der Militär-Gamelle vor uns.
Wann wussten Sie eigentlich, dass Sie Koch werden wollen?
Mit meinen Grosseltern war ich oft auswärts essen. Am meisten begeistert hat mich das riesige Serviceportemonnaie der Kellner, darum wollte ich anfangs Kellner werden. Nach der Schule habe ich allerdings eine Verkaufslehre im Mediamarkt angefangen, warum, weiss ich heute nicht mehr so genau (lacht). Die Lehre habe ich geschmissen und sass danach arbeitslos zu Hause, was natürlich nicht ging. Gekocht habe ich schon als Jugendlicher Zuhause gerne, da habe ich meiner Mutter oft über die Schulter geschaut und dabei viel gelernt. Ich entschloss mich deshalb ein Praktikum in einem Gourmet-Tempel anzutreten, bevor ich Rekruten- und Unteroffiziersschule absolvierte. Danach folgte dann die Kochlehre in einem ziemlich bekannten Walliser Gourmet-Restaurant.
Zur Auflockerung gibt’s nun ein hausgemachtes Mango-Sorbet. «80 Prozent Fruchtanteil», betont Pittet und freut sich offensichtlich, dass es uns schmeckt.
Sind Punkte und Sterne ein erklärtes Ziel von Ihnen im Bad Lauterbach?
Als junger Koch, der seine Sporen abverdient, waren mir Punkte und Sterne sehr wichtig. 2003 habe ich in Visp ein eigenes Lokal eröffnet. Ich startete mit 12 Gault&Millau-Punkten, nach drei Jahren waren es 15. Das war schon befriedigend, aber auch ziemlich viel Stress, denn der Druck ist gross und wer einen Punkt verliert, gilt schnell als Absteiger. Heute finde ich es entscheidender, dass der Gast einen schönen Abend erlebt, sich freut über das Essen und glücklich nach Hause geht. Und natürlich wiederkommt (lacht). Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss natürlich auch stimmen. Ich denke nicht, dass das Bad Lauterbach der richtige Ort ist für ein hochdekoriertes Gourmet-Lokal wäre. Das Gourmet-Stübli liegt mir trotzdem sehr am Herzen. Und von wegen Sterne und Punkte: Mit dem Lauterbach würde ich sehr gerne bei «Best of Swiss Gastro» in der Kategorie «Classic» oder «Activity» eine Auszeichnung holen, da stehe ich dazu.
Wir haben gehört, Sie hätten sogar eine spezielle Speisekarte für den Hund? Ist das ein Scherz?
Nein, das ist bestimmt kein Scherz. Sehen Sie, der Hund ist heute für viele Besitzer viel mehr als ein Haustier, er ist ein Freund, ein Wegbegleiter, ja fast ein Familienmitglied geworden. Dazu kommt, dass viele Restaurants eher hundefeindlich sind. Da dachte ich mir, ich kreiere eine Hundekarte und signalisiere damit: Hunde willkommen! Wir haben sogar Hundeglacés und eine schöne Auswahl an naturbelassenem Geräuchertem aller Art zum Kauen für die Vierbeiner. Und Hundedecken und Trockentücher, das ist auch wichtig.
Nun folgt eine besonders interessante Kreation: Spaghetti an einer Pernodsauce mit butterzarten Lachswürfeln im Pfeffermantel. «Ihr mögt schon noch weiteressen?», fragt Pittet etwas besorgt, als wir uns nach dem Teller zufrieden zurücklehnen.
Haben Sie bereits Pläne für die Terrasse?
Klar, da möchte ich, kurz gesagt, einfache Klassiker neu interpretieren, etwa ein selbstgemachtes Tartare, Salate, Melone mit Rohschinken und natürlich auch hausgemachte Glacé. Das Essen auf der Terrasse soll simpel, aber raffiniert, frisch und hausgemacht sein. Den Spielplatz müssen wir noch auf Vordermann bringen, mir schwebt auch eine Art betreuter Kinderhort vor an den Wochenenden, damit die Eltern auch ein wenig entspannen können. Ende März müssen wir bereit sein.
Zum Restaurant gehört ja bekanntlich auch das Dancing «Lutertätsch», wo regelmässig Tanznachmittage stattfinden. Werden Sie diese weiterführen?
Vorläufig bestimmt ja. Ein interessantes Völkchen, die Tänzer, viele bringen sogar spezielle Tanzschuhe mit. Ich würde mal sagen: sportlich, speziell, aber eher sparsam (grinst). Was ich sagen will: vom Dancing kann ich nicht leben. Aber ich verstehe natürlich, dass Tanzen und Trinken, vor allem Alkohol, keine ideale Kombination darstellt.
In einem kleinen Frittierkörbchen folgen nun Egli-Knusperli aus dem Bielersee in einem hauchdünnen Bierteig mit hausgemachter Tartare Sauce und zweierlei Pommes., «Auf keinen Fall in der Fritteuse frittieren, sonst verbrennt der Fisch», sagt Pittet, als wir die den saftigen Fisch in knusprigem Mantel loben.
In den vergangenen Jahren hörte man immer wieder, auch von ihren Vorgängern, Im Bad Lauterbach bleibe keiner lang, weil einem die Nachbarschaft das Leben schwer machen würde …
(unterbricht) Das habe ich auch gehört und es hat mich ehrlich gesagt ein wenig verunsichert. Ich selber habe bis jetzt keinerlei negative Erfahrungen machen müssen, im Gegenteil, man hat mir sogar viel Glück gewünscht. Übrigens habe ich auch vernommen, dass unter meinen Vorgängern zeitweise jeden Sonntag Tanz mit Livemusik stattfand – und zwar draussen! Da hätte ich ehrlich gesagt als Anwohner auch ein wenig Probleme damit…
Die beiden Burger, vegetarisch und fleischig, die nun aus der Küche kommen, sind gigantisch gross und ebenso lecker. «Da mache ich auch die Brötchen selbst» sagt Pittet nicht ohne Stolz.
War der Oftringer Gemeinderat eigentlich auch schon hier?
Nein. Mir schien bei meinen Besuchen auf der Gemeinde, dass alle ein wenig zusammenzucken, wenn sie den Namen Bad Lauterbach hören (lacht). Im Ernst: Sollte der Gemeinderat nach einer Sitzung mal ein kleines Hüngerchen verspüren, würde ich gerne ein paar Häppchen kreieren für sie. Jederzeit willkommen!