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Bekannter Staatsrechtler sprach über das Thema «Neutralität der Schweiz – wie weiter?»

Die Liberalen 60+ aus dem Wahlkreis Willisau erhielten prominenten Besuch. Der Baselbieter Alt-Ständerat René Rhinow zog die Besucher mit seinen Ausführungen zur schweizerischen Neutralität in seinen Bann.

«Neutralität wie weiter?» Zu diesem mit dem Ukrainekrieg hochaktuell gewordenen Thema konnte Emil Peyer kürzlich alt Ständerat René Rhinow (FDP) aus Liestal als kompetenten Referenten willkommen heissen. Seinen spannenden und fundierten Ausführungen folgte eine grosse Schar FDP-Senioren in der «Sonne» in Ebersecken. Rhinow vertrat Baselland von 1987 bis 1999 in Bern und war Ständeratspräsident. Zudem war der renommierte Staatsrechtler lange ordentlicher Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel. 

Der Referent zog die Besucherinnen und Besucher mit seinen Ausführungen zur geschichtlichen Entwicklung der Neutralität der Schweiz – seit dem Dreissigjährigen Krieg und deren Anerkennung am Wiener Kongress 1815 durch die Siegermächte bis zum heutigen Tag – in seinen Bann.

Heute basiert die Schweizer Neutralitätspolitik auf dem Völkerrecht und vor allem auf dem Haager Abkommen von 1907, das unter anderem kriegführenden Parteien untersagt, ein neutrales Land anzugreifen. Für die Schweiz gilt: Die völkerrechtliche Neutralität ist zudem weder eine wirtschaftliche noch eine moralische Neutralität und schon gar keine Gesinnungsneutralität. Sie ist ausschliesslich eine Kriegsneutralität und sie diente früher auch dem Zusammenhalt des Landes.

Funktioniert die Schweizer Neutralität heute noch?

Die Verbindung von Unabhängigkeit und Neutralität wird heute kaum hinterfragt, weil sie sich bewährt habe. Wobei die Neutralität in Europa kein Schutzfaktor mehr ist. Man muss sich fragen, ob es eine Neutralitätspflicht zwischen einem Kriegstreiber, der das Völkerecht massiv verletzt, und einem angegriffenen Staat überhaupt noch geben kann.

Die Neutralität bezieht sich nur auf eigentliche Kriege unter Nationalstaaten. Was ist mit existenzdrohenden Gefahren unserer Zeit – die Folgen von Klimakatastrophen oder Migration, von Cyberattacken, Terrorismus und organisierte Kriminalität? Was ist heute ein «Krieg»?

Mit der völkerechtswidrigen Annexion der Krim-Halbinsel durch sogenannt undefinierbare Truppen und der krass gegen das Völkerrecht verstossenden Bombardierung der Zivilbevölkerung der Ukraine sind wir in den heutigen finsteren Tagen Europas und im politischen Minenfeld der Schweiz gelandet.

Kann sich die Schweiz noch autonom verteidigen?

Mit der Neubeurteilung der Neutralität angesichts der europäischen Integration und dem Schutzschild der Nato seit 70 Jahren stellt sich die Frage: Kann sich die Schweiz noch autonom verteidigen? Muss die Schweiz lernen von Mythen Abschied zu nehmen, vom Glauben an eine Unabhängigkeit, die mehr Rhetorik als Realität ist – wir liegen nun einmal mitten in Europa und sind von diesem mehrfach abhängig.

Mit den Worten «Sicherheit und Wohlstand ist ohne Europa nicht zu haben» und «Unsere Heimat ist die Schweiz – die Heimat der Schweiz ist Europa!» schloss René Rhinow sein Referat. Die FDP-Senioren nutzten nach langanhaltendem Applaus und dem Dank von Emil Peyer an den Referenten die Gelegenheit Fragen zu zu stellen und zu diskutieren. Die Fragen drehten sich speziell um die aktuelle Situation rund um den Ukrainekrieg und die damit verbundenen Neutralitätsprobleme unseres Landes.