Den Rekord von Ueli Steck gebrochen: Zwei Berner Oberländer bezwingen die Swiss Skyline in nur 13 Stunden
Als Mammut-Athlet Nicolas Hojac ein Teenager war, blickte er erstmals von einem Viertausender hinunter. Sofort wurde ihm schlecht: «Auf dem Gipfel war ich höhenkrank», erinnert sich der heute 30-Jährige. Dass er einige Jahre später Profibergsteiger werden würde, hätte er sich wohl selber nicht erträumt.
Mit 15 Jahren trat er dem Schweizer Alpen-Club bei, wo er das Rüstzeug zum Bergsteiger erlernte. Drei Jahre später bestieg Hojac zum ersten Mal die Eiger Nordwand, bald darauf folgten das Matterhorn und die Grandes Jorasses Nordwand.
Ein weiteres Etappenziel erreicht
In diesem Sommer erreichte der Berner Oberländer gemeinsam mit seinem 33-jährigen Kollegen Adrian Zurbrügg, der hauptberuflich Landschaftsgärtner ist, einen wichtigen Meilenstein. Am 12. Juli bestiegen die beiden in einer neuen Bestzeit von 13 Stunden und 8 Minuten die 4000er-Bergtrilogie Eiger, Mönch und Jungfrau im Berner Oberland. Eine Fabelzeit, die den Rekord des verstorbenen Ueli Steck um mehr als drei Stunden verbessert.
Um ein Uhr in der Nacht starteten die Alpinisten in Grindelwald, um 13 Stunden später das Ziel in Stechelberg zu erreichen. Insgesamt haben die beiden knapp über 30 Kilometer und 4780 Höhenmeter zurückgelegt. Zu seinem Rekord sagt Hojac:
«Als ich im Ziel ankam, konnte ich es nicht glauben, dass wir so schnell waren. Es macht mich extrem stolz, aber ich würde nie behaupten, wir wären besser als Ueli Steck. Die Zeiten kann man nicht ganz miteinander vergleichen. Zum einen waren es unterschiedliche Strecken, zum anderen stand für Ueli die Zeit nie im Vordergrund.»
Dennoch findet es Hojak bemerkenswert, dass er und Zurbrügg eine solche Zeit erreicht hatten, obwohl sie die schwierigere Route gewählt hatten. Steck umging bei seinem Rekordanstieg im Jahr 2016 eine der schwierigsten Stellen am Jungfrau Ostgrat. Hojac und Zurbrügg setzen sich zum Ziel, den schwierigeren Abschnitt am Jungfrau Ostgrat über den Mathildespitz nicht auszulassen. «Ich bin kein Copy-Paste-Typ, jeder wählt seine Route, wie er das möchte», sagt Hojac zur Routenwahl.
Ueli Steck war Mentor und Ziehvater
Für Nicolas Hojac ist Ueli Steck ein grosses Vorbild, der 30-Jährige sagt:
«Er ist immer noch sehr präsent. Ueli war mein Mentor, ich habe viel von ihm mitgenommen und profitiert. Wenn man mit dem besten Bergsteiger der Welt trainieren kann, bringt einem das sehr viel weiter. Wir hatten auch noch ein paar Projekte vor uns.»
Der Eigernordwand-Speedrekord im Jahr 2015 – 3 Stunden und 46 Minuten brauchten die beiden für die Rekordbesteigung – zeigte, wie gut die beiden als Duo funktionierten.
Nach dem Tod von Steck lernte Hojac seinen heutigen Kollegen Zurbrügg kennen. Die erste gemeinsame Tour machten die beiden bei der Spaghetti-Tour vor zwei Jahren, wo das Duo 18 Walliser Viertausender in unter 14 Stunden erklomm. Erst einmal hatten die beiden zuvor gemeinsam trainiert. «Er ist konditionell sehr stark, nicht viele in der Schweiz schaffen es auf dieses Niveau», lobt Hojac seinen Kollegen.
Gute Vorbereitung und Bedingungen führen zur Rekordzeit
Drei Wochen vor dem neuen Rekord begehen die beiden den Jungfrau Ostgrat, einer der schwierigsten Passagen der ganzen Tour. Ausserdem verbringen Hojac und Zurbrügg eine Nacht auf 3500 Metern, um sich an die Höhe zu gewöhnen. «Zwei Drittel der Tour hatten wir schon im Training absolviert. Wir waren vorher recht angespannt, wussten nicht wie die Bedingungen am Tag X sein werden. Es gab wenig Schnee, wir konnten daher viel mit den Bergschuhen zurücklegen», erzählt Hojac.
«Während der Besteigung lief alles reibungslos, bis zum Gipfel zum Eiger war mir etwas schlecht, ich hatte wohl zu viel gegessen. Man ist halt nicht immer in guter Form», sagt der 30-Jährige. Bei der Ankunft seien die beiden von einer Filmcrew von Mammut erwartet worden, nächsten Frühling ist die Ausstrahlung einer Dokumentation geplant. «Nach der Ankunft waren wir natürlich sehr erschöpft, haben etwas gegessen und sind noch schnell in den Bach gehüpft.»
Neues Projekt bereits in Planung
Am Tag nach dem Rekord sagt Hojac: «Im Moment ist immer noch Regeneration angesagt, ich spüre meine Beine vom Abstieg nach wie vor.» Als Nächstes möchte Hojac nach Indien fliegen, um dort den Gipfel des Shivlings, der auf über 6500 Metern liegt, in Angriff zu nehmen.