Nur Freunde im Internet, gemobbt, Autismus-Verdacht: Neue Details zum Terror-Teenager aus Zürich
Ideologische Attentäter stammen in vielen Fällen aus einem Umfeld, in dem die handlungsleitende politische oder religiöse Ideologie geteilt wird. Im Falle des Zürcher Teenagers Anis T., der am 2. März im Zürcher Kreis 1 mit einem Messer auf einen orthodoxen Juden eingestochen und diesen schwer verletzt hat, scheint dies nicht der Fall zu sein.
Er hat sich zwar zur Terrororganisation Islamischer Staat bekannt, hatte aber offenbar kein entsprechendes radikales Umfeld in der realen Welt. Dies legt ein Bericht des«Tages-Anzeigers»nahe, der am Dienstag erschienen ist.
Darin wird Saïda Keller-Messahli zitiert, die sich seit Jahren kritisch mit Islamismus auseinandersetzt und wie die Familie des Teenagers aus Tunesien stammt. Die Familie von Anis. T. sei zwar konservativ, aber in keiner Art und Weise extremistisch. Keller-Messahli hatte gemäss dem Bericht Einblick in Erklärungen, welche Angehörige von Anis T. nach der Tat abgegeben haben.
Er wurde offenbar in der Schule gemobbt
Anis T. hatte gemäss dem Bericht länger als bisher bekannt in Tunesien gelebt. Er kam 2008 in Bülach ZH zur Welt. Als er fünf Jahre alt war, sei seine Mutter mit ihm in ihre Heimat zurückgekehrt. Er habe zuerst eine öffentliche, dann eine private Schule besucht. Hinweise auf einen islamistischen Einfluss in dieser Zeit gebe es keine. Der Vater sei in der Schweiz geblieben. Erst im Jahr 2021, im Alter von 12 Jahren, sei Anis T. in die Schweiz zurückgekehrt .
In dem Bericht heisst es weiter, dass der 15-Jährige vor der Tat stark zurückgezogen lebte. Er soll gemäss seinen Angehörigen ausser virtuellen Internet-Bekanntschaften keine Freunde gehabt haben und sei kaum noch aus dem Haus gegangen. Zuvor sei er in der Schule gemobbt worden.
Er hatte Mühe, Brot zu schneiden
Zudem sprechen Angehörige von «autistischen Zügen» bei Anis T. Die Mutter sagt, ihr Sohn sei in der Wohnung «ständig hin und her gelaufen». Zudem sei er unfähig gewesen, einfache alltägliche Dinge zu tun. Er sei etwa daran gescheitert, die Schuhe zu binden oder eine Thon-Büchse zu öffnen. Der Vater wird dahingehend zitiert, dass sein Sohn nicht in der Lage war, Brot zu schneiden, weshalb er ihm im ersten Moment die Tat gar nicht zugetraut habe.
Anis T. befindet sich zur Zeit in einer geschlossenen Einrichtung für Jugendliche. Sein Opfer konnte das Spital mittlerweile wieder verlassen.(rit)