Wegen Zwangsheiraten im Haus der Religionen in Bern: Imam Mustafa Memeti tritt zurück
Mustafa Memeti warnte in der Vergangenheit immer wieder, dass konservative Kräfte beim Islam in der Schweiz an Gewicht gewännen. Der Imam des muslimischen Vereins Bern setzte sich auch dezidiert für ein Verhüllungsverbot ein. Jetzt gibt der Mann, eine Stimme der liberalen Muslime, per Ende April sein Amt als Imam des muslimischen Vereins Bern ab.
«Ich bin überzeugt, dass dies die beste Entscheidung für den muslimischen Verein ist und eine wichtige Signalwirkung hinsichtlich der Schaffung einer demokratischen Organisation aller muslimischen Glaubensgemeinschaften in der Schweiz entfalten wird», schreibt Memeti.
Mit seinem Rücktritt reagiert er auf Vorwürfe, wonach in der Moschee im Haus der Religionen in Bern Zwangsehen geschlossen wurden. Im November hatte das Schweizer Radio und Fernsehen enthüllt, dass dort mehrere Personen gegen ihren Willen vermählt wurden, unter anderem eine 18-jährige Frau mit einem Verwandten.
Dem «Tages-Anzeiger» sagte Memeti damals: «Die Person, welche die Zwangsehen durchgeführt haben soll, kennen wir nicht, und sie besass auch zu keinem Zeitpunkt irgendeine Funktion in unserer Moschee.»
Das Haus der Religionen ist ein interreligiöses Vorzeigeprojekt, das acht Gemeinschaften unter einem Dach vereint und dem Dialog dient. Die Institution ist als Verein organisiert und pflegt eine Politik der offenen Türen. «Wir kontrollieren nicht, wer alles ein und aus geht», sagte die Geschäftsführerin im November.
Zu wenig genau hingeschaut
Vor den medialen Enthüllungen hat Memeti laut eigenen Angaben nichts über die Zwangsheiraten gewusst. Er räumte aber ein, dass er bei Heiraten zu wenig genau hingeschaut habe. In der Moschee im Haus der Religionen sei nicht immer mit der nötigen Sorgfalt verifiziert worden, ob die Ehe zivilrechtlich schon geschlossen worden sei. Offenbar wurde dazu nicht bei allen Paaren ein schriftliches Dokument verlangt.
Memeti übernimmt mit seinem Rücktritt nun die Verantwortung für diese Versäumnisse. Er sagt: «Zwangsehen sind ein abscheuliches und grosses Verbrechen. Mich machen diese Ereignisse fassungslos.»
Es sei aber wichtig, dass die Ereignisse publik würden. Die Moschee im Haus der Religionen sei keine Hinterhofmoschee, sondern eine wichtige muslimische Institution und ein Ort, an dem die Öffentlichkeit hinschauen könne und müsse.
Das Haus der Religionen hat derweil wegen der mutmasslichen Zwangsehen Strafanzeige gegen unbekannt erstattet. Der Vorstand wolle die offenen Fragen im Zusammenhang mit der missbräuchlichen Nutzung der Moschee vollständig klären, teilte er mit.
Zudem hat er neue Leitlinien erlassen. So verpflichten sich die Religionsgemeinschaften zu prüfen, ob vor der religiösen Zeremonie eine Zivilehe geschlossen wurde. Zudem müssen sie bei allen Heiraten sorgfältig abklären, ob sie auf dem freien Willen der Beteiligten beruhen.