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Vor Abschuss zum DNA-Test: So geht es mit Problem-Wolfsrudel weiter – Bündner Regierung kritisiert Bund scharf

Nach dem Riss einer Kuh kritisiert der Bündner Regierungspräsident den Bund scharf. Und seine Wildhüter versuchen vergeblich, einen Beverin-Wolf zu betäuben und mit einem Sender auszustatten. Was es für einen Abschuss noch braucht und was der Jagdvorsteher fordert.

Vier Wildhüter warteten fast die ganze Nacht auf die Wölfe des Beverin-Rudels. Doch erfolglos. Kein einziger zeigte sich auf der Alp am Schamserberg, wo mutmasslich Tiere dieses Problemrudels am Wochenende eine Mutterkuh gerissen hatten. Das sagte der Bündner Jagdvorsteher Adrian Arquint am Montag auf Anfrage von CH Media. Damit ist auch der zweite Versuch gescheitert, einen Wolf zu narkotisieren und mit einem GPS-Sender auszustatten.

Denn bereits in der Nach auf Sonntag hatte die Wildhut auf der Alp Nurdagna angesetzt. Sechs Wölfe kehrten zwar zurück an den Ort des Risses. Aber zu wenig nahe, als dass es zum Betäuben gereicht hätte.

DNA-Test soll zeigen, ob der Leitwolf beim Riss dabei war

Im Hintergrund laufen derweil die Abklärungen, welche Einzeltiere am Riss der Mutterkuh beteiligt waren. Aufschlüsse sollen DNA-Tests geben. Allerdings dauert es laut Jagdvorsteher Arquint zwei bis drei Wochen, bis die Resultate vorliegen. Besonders von Interesse ist dabei die Frage, ob der Leitwolf M92 des Beverin-Rudels mit von der Partie war.

Adrian Arquint, Vorsteher des Amtes für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden.
Alex Spichale

Laut Adrian Arquint wird der Kanton Graubünden danach vermutlich einen erneuten Antrag um Abschusserlaubnis beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) stellen, wenn der Nachweis für eine Beteiligung von M92 vorliegt. Dies scheint allerdings sehr wahrscheinlich, wie Wolfskenner David Gerke im Interview mit CH Media sagte. Auch er begrüsst im Lichte der jüngsten Vorkommnisse inzwischen einen Abschuss des Problemwolfs.

Bereits im letzten Jahr hat der Kanton Graubünden einen Antrag gestellt, den Leitrüden abschiessen zu dürfen – jedoch erfolglos. Das Bafu gestattete nur den Abschuss von drei Jungtieren des Beverin-Rudels.

Bafu beobachtet die Entwicklung des Beverin-Rudels «mit Sorge»

Zu den jüngsten Geschehnissen äussert sich das Bafu nur sehr zurückhaltend. Man beobachte die Spezialisierung der Beverin-Wölfe auf Rinder und Esel «mit Sorge», teilt das Bundesamt auf Anfrage von CH Media mit. Es sei am Kanton zu entscheiden, ob die Anforderungen für den Abschuss eines Elterntiers (wie M92) erfüllt seien. Erst, wenn ein entsprechender Antrag vorliegt, werde sich das Bafu dazu äussern.

Aus Graubünden erntet das Bafu derweil harsche Kritik. Das Amt scheine «den Ernst der Lage zu verkennen», schreibt Regierungspräsident Marcus Caduff auf Twitter. «Solche Aussagen sind ein Hohn und ein Schlag ins Gesicht für alle Bemühungen der Betroffenen. Ich mag sie nicht mehr hören.» Ein Rudel wie jenes vom Beverin «müsste längst unschädlich gemacht werden», fordert Caduff.

Die Möglichkeit zum Abschuss eines ganzen Wolfsrudels sei in der Eidgenössischen Jagdverordnung «nicht vorgesehen», entgegnet das Bafu in seiner Stellungnahme gegenüber CH Media. Wolfsrudel könnten nur reguliert werden, wenn zehn Schafe oder Ziegen getötet wurden.

Angriffe werden jedoch nur dann gezählt, wenn der Landwirt Herdenschutzmassnahmen ergriffen hatte. Bei grossen Nutztieren wie Kühen oder Pferden reichen gemässe Bafu zwei getötete Tiere aus, um einen Eingriff in das Rudel zu rechtfertigen. Herdenschutzmassnahmen sind da nicht vorgesehen.

Abschuss des ganzen Rudels wäre für den Jagdvorsteher wünschenswert

Derweil ist das Parlament dabei, eine Vorlage zur Änderung des Jagdgesetzes vorzubereiten. Die Vorlage beabsichtigt laut Bafu, dass künftig «proaktiv in Wolfsbestände eingegriffen werden kann». Jedoch zielt auch diese Revision vornehmlich auf den erleichterten Abschuss von Einzeltieren ab. Der Abschuss von ganzen Wolfsrudeln ist auch darin nicht vorgesehen.

Im Falle des Beverin-Rudels wäre es aber laut Adrian Arquint «aus fachlicher Sicht wünschenswert», das ganze Rudel entfernen zu können. «Ein solcher Fall müsste in einem künftigen Jagdgesetz geregelt werden», sagt dem Bündner Jagdvorsteher. Der Vorschlag zur Ausweitung müsse jedoch aus der Politik kommen, nicht von ihm als Mitarbeiter der Verwaltung.