Sebastian Kurz zu acht Monaten bedingt verurteilt – doch für den Ex-Kanzler könnte es noch viel schlimmer kommen
Es sei nicht seine Absicht gewesen, vor dem Strafrichter zu landen. Das sagte Sebastian Kurz in seinem Schlusswort vor dem Richter am Freitag. «Herr Rat, sie können mir glauben», so der Ex-Kanzler. Der Rat glaubte ihm nicht. Und Unwissenheit und Unabsicht schützen bekanntermassen ohnehin nicht vor dem Gesetz. So lautet das am Freitagabend nach zwölf Verhandlungstagen verkündete Urteil im Verfahren gegen Sebastian Kurz: Acht Monate bedingt. Probezeit: Drei Jahre. Auch der Mitangeklagte in dem Verfahren, Kurz’ einstiger Kabinettschef Bernhard Bonelli, bekam sechs Monate bedingt.
Das Urteil bezieht sich auf den Anklagepunkt der Falschaussage vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Kurz hatte unter Eid ausgesagt, mit der Bestellung eines Intimus zum hoch dotierten Vorstand der staatlichen Beteiligungs-AG ÖBAG nichts zu tun gehabt zu haben. Der Richter entschied jetzt, dass Kurz die Abgeordneten falsch über seine Involvierung informiert hat.
Damit entschied der Richter im Wesentlichen im Sinne der Anklage. Laut der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatten die beiden Angeklagten ihre Rolle bei Postenbesetzungen in der Holding kleingeredet. Die beiden hatten das freilich bestritten.
Das wirklich schwerwiegende an dem jetzigen Urteil: Dieser Intimus – Thomas Schmid – ist heute der Hauptzeuge im Vorgehen der Justiz gegen den Ex-Kanzler. Und glaubt die Justiz diesem Mann, dann droht Kurz noch weit mehr Ungemach: Denn dieser einstige Intimus ist auch Auskunftgeber in zahlreichen weiteren Skandalen rund um Kurz, die – sollten sie jemals zu einer Anklage kommen – weitaus schwerer wiegen als das jetzige wegen Falschaussage. Denn da geht es dann um die Zweckentfremdung von Budgetgeldern für PR-Angelegenheiten in eigener Sache, Manipulation von Umfragen, Einschüchterung von Ermittlungsbehörden sowie Medien.
Der Hauptzeuge gilt als glaubwürdig
Die alarmierende Nachricht für Kurz: Der Richter begründete das jetzige Urteil damit, dass er die Aussagen des Hauptzeugen in dem Verfahren für glaubwürdig halte. Seine Äusserungen hätten sich mit den Erkenntnissen aus sichergestellten Chats gedeckt. Und Sebastian Kurz: Der nahm das Urteil demnach regungslos zur Kenntnis.
Was wohl auch nicht zur Vertrauensbildung beigetragen hatte: Kurz’ Verteidigung hatte zwei russische Unternehmer in den Zeugenstand berufen. Diese hatten in einer schriftlichen Erklärung vorab angegeben, der Hauptzeuge Thomas Schmid habe im Zuge eines Bewerbungsgesprächs gegenüber ihnen angegeben, von der WKStA unter Druck gesetzt zu werden, um belastende Aussagen gegen Kurz zu tätigen. Vor dem Richter schwächten beide Zeugen ihre Aussagen dann aber massiv ab: Sie hätten das Gefühl gehabt, dass es so sei, oder sie hätten Aussagen in diese Richtung interpretiert.
Allerdings – und das ist zunächst die entscheidende Einschränkung bei dem am Freitag gefällten Richterspruch: Das Urteil vom Freitag ist noch nicht rechtskräftig. Wird es das, wäre Sebastian Kurz vorbestraft – was einer weiteren politischen Karriere des einstigen Shootingstars der Rechten im Weg stehen würde. Es gilt als sicher, dass Kurz Berufung einlegen wird.