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Twint hat über 5 Millionen User – doch die beste Funktion fehlt weiterhin
«Weit über die Hälfte der Schweizer Bevölkerung nutzt Twint», vermeldet die Schweizer Bezahl-App. Genaue Nutzerzahlen gibt Twint nicht mehr bekannt, aber es seien «weit über 5 Millionen Nutzende». Damit hat sich das Userwachstum 2024 auf hohem Niveau abgeschwächt. Fast zehn Jahre nach der Lancierung haben vermutlich fast alle die App installiert, die sie wollen.
Die Userzahl allein sagt indes wenig über die Nutzung von Twint aus. Ein User, der die App einmal pro Monat nutzt, um den Kindern Taschengeld zu überweisen, ist anders zu bewerten als Kunden, die fast täglich an der Ladenkasse twinten. Daher ist die Zahl der Transaktionen respektive die Frage, wie oft getwintet wird, wichtiger, um den Erfolg der App beurteilen zu können.
Das Unternehmen schreibt hierzu: «Insgesamt wurden im Jahr 2024 über 773 Millionen Transaktionen mit Twint getätigt.» Das sind 31 Prozent mehr als im Vorjahr.
Twint in Läden und Online-Shops auf dem Vormarsch
«Am stärksten ist Twint im vergangenen Jahr an der Ladenkasse gewachsen», sagt ein Mediensprecher. Das sei nicht zuletzt dem vereinfachten Zahlungsprozess via Twint-Widget auf dem Smartphone und der Integration von Kundenkarten wie Coop Supercard und Migros Cumulus zu verdanken.
Auch im Online-Handel habe man «stark zugelegt», sagt das Unternehmen. Dass Twint beim Zahlen in Online-Shops beliebter wird, bestätigt Digitec Galaxus: «Der Twint-Anteil ist bei uns 2024 gestiegen», sagt ein Mediensprecher. Bereits 2023 erfolgte mehr als jede dritte Bezahlung beim grössten Schweizer Online-Händler via Twint, 2018 waren es erst 13 Prozent.
So wird Twint genutzt
Im vergangenen Jahr waren 25 Prozent der Transaktionen kostenlose Überweisungen zwischen Freunden und in Familien. 75 Prozent machten die für Twint wichtigen Bezahlvorgänge an Ladenkassen, Hofläden, Online-Shops und dergleichen aus. Zum Vergleich: 2022 fanden erst 65 Prozent der Twint-Bezahlungen im Handel statt. Nur an diesen kommerziellen Transaktionen verdient Twint mit, zwischen 0,4 und 1,5 Prozent. Die Gebühren, nicht nur bei Twint, sind ein leidiges Thema.
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Bild: zvg
Generell wird die Twint-Nutzung vielfältiger: Beispielsweise wurden 2024 rund 77 Millionen Twint-Transaktionen in den Bereichen Mobilität und öffentlicher Verkehr getätigt. Die Nutzenden haben im letzten Jahr zudem rund «11 Millionen Franken zurückerhalten, weil sie ihre Parkzeit in der Twint-App frühzeitig und minutengenau beenden konnten».
Wie stark die App inzwischen in der Bevölkerung verankert ist, unterstreicht eine andere Zahl: Über 40’000 Vereine und gemeinnützige Organisationen nutzen Twint, etwa zum Sammeln von Spenden, fürs Bezahlen bei Anlässen oder für Mitgliedschaftsgebühren.
Apple spuckt Twint in die Suppe
Einen lange gehegten Wunsch vieler User kann Twint weiterhin nicht erfüllen: kontaktloses Bezahlen am Kassenterminal. Zwar musste Apple 2024 auf dem iPhone seinen NFC-Chip für kontaktloses Bezahlen für andere Bezahl-Apps auf Druck der EU öffnen. Dies aber ausschliesslich im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und nicht bei uns. Während in Norwegen die Bezahl-App Vipps zur Apple-Pay-Alternative wird, müssen Twint-User weiter warten. In der Schweiz blockiert Apple NFC nach wie vor, um Apple Pay vor Konkurrenz abzuschirmen.
Twint hierzu: «Wir sind der Ansicht, dass die vollständige, gleichberechtigte und gebührenfreie Öffnung der NFC-Schnittstelle für Drittanbieter in der Schweiz mindestens analog zur Öffnung im EWR erfolgen muss, damit ein fairer Wettbewerb möglich ist.»
Die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) meinte vor einem Jahr, sie rechne damit, dass Apple hierzulande dieselben Regeln anwenden werde wie im europäischen Ausland. Das ist bislang nicht der Fall. «Die Weko setzt auf das Prinzip Hoffnung, aber sie müsste in die Offensive gehen», forderte die Stiftung für Konsumentenschutz bereits im letzten Juli. Denn:
Neben Twint und Apple bräuchte es laut Stiftung für Konsumentenschutz noch weitere starke Anbieter, um den Schweizer Markt aufzumischen.
Unabhängigkeit von Tech-Giganten
Man biete «der Schweiz ein Stück Unabhängigkeit von den globalen Zahlungskonzernen und Tech-Giganten mit ihren Wallets», sagt Twint. Tatsächlich kann sich die Bezahl-App der Schweizer Banken bislang gegen ausländische Tech-Konzerne behaupten, diese haben aber etwas Boden gut gemacht.
Twint ist der Platzhirsch unter den Bezahl-Apps, verliert aber laut «Swiss Payment Monitor 2024» der Hochschulen ZHAW und der Universität St. Gallen Marktanteile an ausländische Tech-Konzerne. Dennoch hat die Schweiz eine eigene, mobile Bezahllösung, was viel grössere Nationen nicht geschafft haben. In Deutschland teilen US-Konzerne wie PayPal, Apple oder Google den Markt unter sich auf.
Twint hingegen hat sich in der Schweiz etabliert. Die Bezahl-App wird von 81 Prozent der stationären Geschäfte und 84 Prozent der Online-Shops in der Schweiz als Zahlungsmittel angeboten.
Ein, je nach Perspektive, grosser oder kleiner Nachteil von Twint ist, dass der Dienst nur in der Schweiz verfügbar ist. Twint sagt hierzu: «Wir konzentrieren uns aktuell darauf, die Nutzung in der Schweiz auszubauen – hier gibt es noch viel Potenzial.» Zudem sei es schon jetzt möglich, «bei zahlreichen internationalen Online-Händlern wie Airbnb, Booking.com oder bei Zalando mit Twint zu bezahlen».
Mobiles Bezahlen überholt bald Bargeld
Die Schweizer Bevölkerung zeige sich «digitalen Bezahlungen gegenüber äusserst offen», sagt Twint. Die ältesten Twint-Nutzerinnen und Nutzer seien über 100 Jahre alt.
Die wachsende Akzeptanz mobiler Bezahldienste belegt die im vergangenen Jahr publizierte Studie «Swiss Payment Monitor». Demnach legte das Bezahlen via Smartphone oder Smartwatch zwischen 2019 und 2024 von 3 auf 23 Prozent zu. Das Bezahlen via Handy liegt nur noch knapp hinter der Debitkarte mit 29 Prozent und Bargeld mit rund einem Viertel aller Zahlungen.