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Junger Marihuana-Dealer schrammt knapp an unbedingter Freiheitsstrafe vorbei: «Er ist ein passionierter Kiffer»

Ein 23-Jähriger musste sich wegen einer langen Liste von strafbaren Handlungen vor dem Bezirksgericht Baden verantworten – darunter Pornografie und Drogenhandel. Das Gericht nahm ihm den Eigenkonsum nicht ab, gab ihm aber trotzdem eine letzte Chance.

Pornografie, mehrfache Beschimpfung, qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfache Verletzung des Privatbereichs durch Aufnahmegeräte, mehrfache Übertretungen des Betäubungsmittelgesetzes sowie Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen. So lautet die beachtliche Liste der strafbaren Handlungen, deretwegen sich ein knapp 23-jähriger Mann vor dem Bezirksgericht Baden verantworten musste.

Ins Rollen gekommen war die Sache, nachdem eine Bekannte des Mannes zur Polizei gegangen war, weil er ein Video auf sein Instagram-Profil gestellt hatte. Dieses zeigt, wie sie am Beschuldigten sexuelle Handlungen vornimmt. Dabei hatte er die Frau als «Schlampe» und «billige Bitch» betitelt.

Bei der anschliessenden Hausdurchsuchung beim Beschuldigten ­fand die Polizei neben knapp 70 Gramm Haschisch, rezeptpflichtigen Medikamenten und Utensilien, wie sie im Drogenhandel zum Einsatz kommen, gut ein Kilo Marihuana sowie Bargeld im Betrag von rund 26’000 Franken in drogenhandelsüblicher Stückelung.

Vor Gericht, in der Befragung durch Bezirksgerichtspräsidentin Gabriella Fehr, erklärte der Beschuldigte – der bei seiner Mutter lebt und keiner geregelten Arbeit nachgeht – zur Herkunft des Geldes, dass er auf Krypto-Plattformen aktiv sei und dabei Gewinn gemacht habe. So habe er sich 15’000 Franken auszahlen lassen.

Auf die Frage der Vorsitzenden, wie denn eine Auszahlung vor sich gehe, meinte er: «Da müssen Sie meinen Mentor fragen.» Auf Fragen nach der Herkunft des Marihuanas, des Geldes sowie zu den Chats auf seiner Telegram-Gruppe mit immerhin 77 Abonnenten meinte er stereotyp: «Keine Aussage.» Das gefundene Marihuana habe er selbst konsumieren wollen.

Mit Krypto will er viel Geld verdienen

Dass er das Video hochgeladen habe, stimme, gestand er ein. Das sei auf ein «Riesenmissverständnis» im Gefolge einer Auseinandersetzung in den sozialen Medien zurückzuführen, bei der er sich in die Ecke gedrängt gefühlt habe.

Zum Vorwurf des Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung ­– eine Wegweisung durch die Polizei – machte er geltend, dass er unter Alkoholeinfluss gestanden habe.

Auf die Frage der Gerichtspräsidentin, wie es denn in seinem Leben weitergehen soll, entgegnete er: «Wie meinen Sie das? Ich habe ein Ziel. Ich weiss, was ich machen will. Online gibt es viele Möglichkeiten, viel Geld zu verdienen.»

Für die Staatsanwaltschaft sind die Aussagen des Beschuldigten nicht glaubhaft. «Es sind reine Schutzbehauptungen», so der Staatsanwalt. «Wir haben viel über Kryptowährungen gehört. Es ist aber rechtsgenüglich gewerbsmässiger Drogenhandel nachgewiesen. Der Beschuldigte hatte keinerlei Einkommen. Er hat den Drogenerlös für seinen Lebensunterhalt verwendet.» Zur Verletzung des Privatbereichs der Frau stellte der Staatsanwalt fest: «Diese Taten zeigen deutlich das primitive Verhalten des Beschuldigten auf.»

Eine Freiheitsstrafe sei nicht zu vermeiden, so der Ankläger. Er forderte zwei Jahre, eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu 30 Franken – beides unbedingt – sowie eine Busse von 1000 Franken.

Bedingte Freiheitsstrafe von 20 Monaten

«Eine Verurteilung gemäss Anklage wäre ein äusserst einschneidender Eingriff», betonte dagegen der amtliche Verteidiger unter Hinweis auf das Alter seines Mandanten. Er stellte das Vorliegen qualifizierter Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz infrage. «Naheliegend ist, dass das Marihuana für den Eigenkonsum bestimmt war», erklärte er. «Mein Mandant ist ja ein passionierter Kiffer.»

Bei der Videoaufnahme sei zumindest von einem konkludenten Einverständnis auszugehen. Zudem sei die Frau auf dem Video nicht identifizierbar. Sein Mandant sei in diesem Punkt freizusprechen. Der Verteidiger beantragte wegen Besitzes, Aufbewahrung und Eigenkonsums von Drogen sowie Pornografie und allenfalls Ungehorsams gegen die Wegweisung eine Busse von 1100, eventuell 1200 Franken.

Das Gericht stellte die Verfahren wegen Verletzung der Privatsphäre und Beschimpfung ein. In den übrigen Punkten sprach es den jungen Mann schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 30 Franken – beides bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von drei Jahren – sowie einer Busse von 1000 Franken.

Das Gericht sei zum Schluss gekommen, dass der Beschuldigte gewerbsmässig mit Drogen gehandelt habe, so die Gerichtspräsidentin zum Urteil. Das Gericht habe auch eine längere Diskussion darüber geführt, ob nicht eine unbedingte oder eine teilbedingte Strafe auszusprechen sei. «Das Gericht gibt Ihnen eine letzte Chance», redete sie dem jungen Mann ins Gewissen. «Sie stehen an einem Wendepunkt in Ihrem Leben. Es ist wirklich ein Schuss vor den Bug.»