Untergetaucht: Tägipark-Dieb steht nach acht Jahren doch noch vor der Richterin
«Das Gesetz hat einen langen Atem», sagte ein Strafverteidiger kürzlich vor dem Badener Bezirksgericht. Auch Jahre später könne ein Straftäter von seinen Delikten eingeholt werden. Das gilt besonders für seinen Mandanten David (Name geändert). Für Delikte, begangen vor bald neun Jahren, stand der 43-jährige Georgier vor dem Bezirksgericht Baden. Als Einzelrichterin amtete Gerichtspräsidentin Gabriella Fehr.
David und sein Komplize haben im Juni 2014, so stellte es die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift dar, in der Coop-Filiale Reusspark in Mellingen zehn Flaschen Spirituosen im Wert von 311 Franken gestohlen. Wenige Tage später klauten die beiden auch in der Wettinger Coop-Filiale im Tägipark 16 Spirituosenflaschen.
In den Kosmetikabteilungen zweier Migros-Filialen in Wettingen und Mellingen stahlen sie Gillette-Rasierklingen im Wert von 2890 Franken. Am 9. Juli, zwei Tage nach dem Diebstahl der Rasierklingen, hielten David und sein Komplize mit einem Alfa Romeo bei einer Tankstelle in Kölliken, tankten und fuhren ohne zu bezahlen davon.
Nach Delikten untergetaucht
Auch ausserhalb des Aargaus fiel das Duo auf: Ende Juni stellte die Kantonspolizei Schwyz bei einer Verkehrskontrolle im Auto der beiden 13 Flaschen Spirituosen, acht Packungen Zigaretten und drei Rucksäcke sicher. Der Angeklagte und sein Kamerad hatten die Gegenstände am gleichen Tag von einer unbekannten Person für 130 Franken erworben. Gemäss Staatsanwaltschaft hätte David damit rechnen müssen, dass es sich um gestohlene Ware handelte.
Die Staatsanwaltschaft erhob bereits im November 2014 Anklage gegen David. Im Juli zuvor war er untergetaucht. Im vergangenen Januar, also nach über acht Jahren, wurde David jedoch verhaftet. Die Diebstähle habe der damals Arbeitslose begangen, um mit dem Verkauf des Diebesguts seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, so die Staatsanwaltschaft. Deren Wert bezifferte sie auf rund 3800 Franken.
Die Staatsanwaltschaft warf David banden- und gewerbsmässigen Diebstahl, Hehlerei und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz vor. Der Angeklagte konsumierte nämlich an mehreren Tagen Methadon, für das er zuvor auf der Strasse ungefähr 20 Franken pro 70 Gramm bezahlt hatte. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von 11 Monaten und eine Busse von 200 Franken.
Vorfall an Tankstelle nur ein Missverständnis?
In seinem Plädoyer lehnte der Verteidiger die Qualifikation als Bande ab. Nicht jede Form von Mittäterschaft würde ein bandenmässiges Verhalten begründen. Weiterhin habe es sich beim Vorfall an der Tankstelle um ein Missverständnis gehandelt. Sein Klient sei davon ausgegangen, dass die Benzinfüllung bereits von seinem Kameraden bezahlt worden sei.
Der Verteidiger forderte eine bedingte Haftstrafe von 4,5 Monaten bei einer Probezeit von 4 Jahren. Bedingt deshalb, weil bei David seit 2014 mit keinen weiteren Delikten aktenkundig geworden seien.
Bandenmässiges Verhalten in Frage gestellt
Das Gericht verurteilte David wegen gewerbsmässigen Diebstahls zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft. Für einen bandenmässigen Diebstahl seien zu wenige Anhaltspunkte gegeben, sagte Richterin Fehr. Sie sprach David wegen Hehlerei frei. Mehrere Delikte, etwa der Methadonkonsum, waren bereits verjährt.
Dagegen bezweifelte Fehr, dass es sich beim Vorfall an der Tanksäule um einen Irrtum gehandelt habe. Auf dem Video sei klar ersichtlich, dass David in ein Fahrzeug eingestiegen war, das bereits im Begriff war, schnell wieder loszufahren.