Mann beantragte Covid-19-Kredit für sein Geschäft – das zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr aktiv war
Um umfangreiche Erklärungen war der Angeklagte, der sich vor dem Bezirksgericht Brugg zu verantworten hatte, nicht verlegen. Auch als Gerichtspräsidentin Alina Enkegaard ihn während der Verhandlung mehrfach darauf hinwies, dass er soeben seinen Aussagen, die er bei der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft gemachte hatte, widersprach, brachte er eine Entschuldigung vor.
Damals habe er keinen Dolmetscher verlangt und entsprechend vieles schlecht verstanden, behauptete der Türke, dem Betrug, Urkundenfälschung, Geldwäscherei, Misswirtschaft, Unterlassung der Buchführung sowie mehrfache Nichtabgabe von Kontrollschildern und Fahrzeugausweisen zur Last gelegt wurden.
Mehrere Jahre lang war der Fünfzigjährige einziger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Im Frühling 2021 wurde der Konkurs über diese eröffnet. Mangels Aktiven wurde das Konkursverfahren jedoch wenige Monate später eingestellt.
Doch schon rund ein Jahr zuvor, als der Beschuldigte eine Vereinbarung für einen Covid-19-Kredit in der Höhe von knapp 78’000 Franken unterzeichnet hatte, befand sich seine im Lebensmittelbereich tätige GmbH in finanzieller Schieflage. In der Kreditvereinbarung gab er an, einen Umsatzerlös von 775’000 Franken zu erzielen. Doch verschiedene Ungereimtheiten machten stutzig. «So wurde gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung für das Jahr 2019 ein Umsatz von 0 Franken deklariert», heisst es in der Anklageschrift.
Ausserdem existiere keine Buchhaltung besagter GmbH, aufgrund der sich dieser Umsatz nachweisen liesse. Und auf ihrem einzigen Geschäftskonto seien wesentlich tiefere Zahlungen eingegangen. Da die GmbH zum Zeitpunkt der Kreditbeantragung gar nicht mehr operativ tätig war, sei auch die Angabe, dass sie durch die Pandemie wirtschaftlich erheblich beeinträchtigt worden sei, falsch, steht in der Anklageschrift.
Erste Betreibungen gingen im 2016 ein
Gemerkt, dass es der GmbH nicht mehr gut gehe, habe er zu Beginn von Corona, so der Angeklagte. Die ersten Betreibungen seien aber bereits 2016 eingegangen, merkte Engekaard an und fragte den Fünfzigjährigen, wieso er keine Zwischenbilanz habe erstellen lassen. «Weil ich es nicht wusste, der Buchhalter hätte mir das sagen müssen», so der Beschuldigte.
Das Antragsformular für den Covid-19-Kredit will er nicht selbst ausgefüllt haben. Das habe die Firma, die für seine Buchhaltung zuständig gewesen sei, gemacht. Er habe es lediglich unterschrieben. «Haben Sie denn gelesen, was dort draufsteht?», hakte Aline Enkeegard nach. Worauf der Beschuldigte entgegnete: «Ich hätte es doch sowieso nicht verstanden.» Er habe der Buchhaltungsfirma vertraut. Die Aussage einer Mitarbeiterin besagter Firma, dass er das Formular selbst ausgefüllt habe, sei gelogen.
Auch davon, dass gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung für das Jahr 2019 ein Umsatz von 0 Franken für seine GmbH deklariert wurde, will der Mann nichts gewusst haben. «Diese Zahl sehe ich zum ersten Mal.» Sicher habe er Fehler gemacht, räumte der Beschuldigte dann während der Verhandlung doch noch ein. «Aber nie in betrügerischer Absicht.»
In allen Anklagepunkten schuldig gesprochen
Dass er im Jahr 2022 Kontrollschilder und Fahrzeugausweise trotz Aufforderung des Strassenverkehrsamtes nicht abgegeben hatte, ist gemäss dem Beschuldigten ein Versehen. Er sei in diesem Jahr von Zuhause ausgezogen und seine Frau habe ihm die Post nicht weitergeleitet. Wegen solcher Vergehen war er schon einmal verurteilt worden.
Das Gericht sprach den Mann in allen Anklagepunkten schuldig. Das Urteil wurde ihm schriftlich eröffnet. Er erhielt eine bedingte Freiheitsstrafe von 10 Monaten mit einer Probezeit von zwei Jahren und einer unbedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 100 Franken. Der bedingte Vollzug einer anderen Geldstrafe vom Oktober 2020 wird widerrufen. Die Anklagegebühr und die Entscheidgebühr werden dem Beschuldigten auferlegt. Zudem muss er der Zivil- und Strafklägerin, einer Bürgschaftsgenossenschaft, rund 84’000 Franken bezahlen.