Streit im Wohnquartier eskaliert: Aggressiver Nachbar bedroht Familienvater
«Mongo», «Pussy», «Hurensohn» – wer sein Gegenüber mit solchen Bezeichnungen tituliert, macht sich strafbar. Wegen mehrfacher Beschimpfung musste Ken (alle Namen geändert) sich in Zurzach vor dem Gericht verantworten, beschuldigt obendrein der mehrfachen Drohung.
Der 25-jährige Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt, waren doch bereits mehrfach die Pferdestärken mit ihm durchgegangen: Eine Vorstrafe wegen Temporauschs auf Strassen und aggressiven, gefährlichen Verhaltens am Steuer hatten ihn gar hinter Gitter gebracht, die Probezeit einer weiteren bedingt erlassenen Haftstrafe läuft noch.
Ken wohnte 2021 noch bei seinen Eltern in der Nachbarschaft von Stefans Familie. Da häufig Kinder auf der Quartierstrasse spielen, hatte Stefan den 25-Jährigen mehrfach auf dessen Fahrverhalten angesprochen, worauf er Kens Mittelfinger zu sehen bekam. An einem Abend im Oktober – der 34-jährige Stefan war mit Tochter und Hund draussen – eskalierte das Ganze so, dass Stefan den Notfalldienst der Polizei anrief.
Auf Bewährung mit Fussfessel
Laut Anklageschrift hat Ken Stefan in Angst und Schrecken versetzt mit den Sätzen «Was isch los, Pussy? Ich zerriss di, du Hueresohn. Ich mach di, dini Tochter und din Hund kaputt.» Später hat Stefan bei der Staatsanwaltschaft einen weiteren Vorfall vom August 2021 geschildert, während dem Ken ihm mit «Soll ich dir die Fresse polieren, du Mongo», gedroht haben soll.
Ken, gross, schlank, Bürstenschnitt, schwarzer Pulli und Jeans und weisse Turnschuhe. Nachdem er auf Bewährung aus der Haft entlassen worden ist, befindet er sich seit knapp vier Monaten in einem sogenannten «Monitoring» und trägt rund um die Uhr eine Fussfessel.
Bereitwillig zeigt er diese dem vorsitzenden Richter Cyrill Kramer. Seit einem Jahr lebt er mit seiner Freundin im Kanton Zürich, wo er in einer Entsorgungsfirma arbeitet und monatlich 4200 Franken verdient. Die Drohungen gegenüber Stefan stellt er ganz entschieden in Abrede, räumt lediglich ein, ihn einmal «Pussy» genannt zu haben.
«Stefan seinerseits hat mir, meiner Schwester und Kollegen gegenüber allerdings Sachen gesagt, die nicht angemessen sind.» Kens Behauptung, er wisse nichts davon, dass seine Mutter deswegen Anzeige gegen Stefan erstattet hat, kommentierte Kramer lapidar mit: «Es ist nicht das erste Mal, dass Sie vor Gericht lügen.»
«Angst und Unsicherheit» nicht ausreicheichend für Verurteilung
Die Staatsanwältin forderte eine unbedingte Geldstrafe von 11’000 Franken. Der Anwalt der Zivilpartei betonte die Glaubwürdigkeit Stefans – «ein unbescholtener Familienvater und zuverlässiger Berufsmann» – und beantragte für Ken einen vollumfänglichen Schuldspruch und eine «angemessene Strafe».
Naturgemäss ganz anders der Verteidiger Kens: Ausser weniger Anklagepunkte im Bereich Beschimpfung seien – nach dem Grundsatz in dubio pro reo – Freisprüche zu erfolgen und von einer Strafe sei Abstand zu nehmen. «Der Kläger stellt sich dar, als sei er seinerseits nie ausfällig geworden, mein Mandant sagt aber etwas anderes.» Dass bei Stefan eine «gewisse Angst und Unsicherheit» bestanden habe, sei nicht ausreichend für eine Verurteilung wegen vollendeter Drohung.
Tonbandaufzeichnung belegt Schrecken nicht
Das Gericht stellt die Anklage wegen Drohung «Fresse polieren» vom ersten Vorfall, mangels diesbezüglicher Strafanzeige von Stefan, ein. Von der Drohung vom Oktober – «ich mach di, dini Tochter und din Hund kaputt» – wird der dies vehement abstreitende Beschuldigte freigesprochen:
«Es steht Aussage gegen Aussage und in der Tonbandaufzeichnung von seinem Anruf bei der Polizei ist in Stefans Stimme weder Angst noch Schrecken zu hören.» Bleiben «Mongo», «Pussy» und «Hurensohn»: Schuldig dieser Beschimpfungen wird Ken zu einer Geldstrafe von 1800 Franken verurteilt. Ausserdem muss der 25-Jährige die Hälfte sowohl der Verfahrens- und Gerichtskosten als auch seines Verteidigers und von Stefans Anwalt bezahlen.