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Die heimliche Königsdisziplin: Die Biathlon-Staffeln ziehen weit über 15’000 Zuschauer in die Lenzerheide
Auf der Lenzerheide gibt es etwas zu feiern. Zwar bisher keine Schweizer Medaillen, jubiliert wird aber darüber, dass der Biathlon-Weltcup auch im kommenden Olympiazyklus zweimal in Lantsch/Lenz ausgetragen wird. Im Januar 2028 und im März 2030 ist die Biathlonarena ein weiteres Mal Mittelpunkt der Biathlon-Welt. Ein hart erkämpfter Erfolg, wie Walter Reusser gestern vor Ort sagte. Der Co-CEO von Swiss-Ski sieht es als Beweis, dass rund um die Anlässe der vergangenen Jahre sehr gute Arbeit geleistet worden sei. Für die Lenzerheide sprachen im umkämpften Biathlon-Weltcup nebst der Organisation auch die Schneesicherheit, die Landschaft – und wohl auch die stimmungsvollen Rennen.
Heute dürfte das Stimmungsbarometer noch einmal ganz nach oben ausschlagen. Es stehen die Staffelrennen der Frauen und der Männer an. 16’000 Zuschauerinnen und Zuschauer werden erwartet – so viele wie nie in den vergangenen eineinhalb Wochen. Es ist die Lieblingsdisziplin des Publikums.
Was die Faszination der Staffel ausmacht
Biathlon ist ein Nervenspiel. Das «Drama» gehört zur Sportart, wie das Schweizer Team in den vergangenen Tagen gerne wiederholt hat. In der Staffel kommt dazu, dass die Athleten mit einem persönlichen «Drama» am Schiessstand ein ganzes Team runterziehen können. Oder sie stecken mit einem Exploit die Kollegen an. «Die Staffel ist immer etwas Besonderes, weil alle fürs Land laufen. Es ist ein klassisches Teamevent, wir freuen uns schon sehr auf den Samstag», sagt Sandra Flunger, die Cheftrainerin des Schweizer Teams. Das Gute: Der Kreis von möglichen Medaillengewinnern ist gross – weil das «Drama» so unberechenbar ist.
Wer die Nase normalerweise vorne hat
Anders als im Langlauf sind nicht die Norweger und Norwegerinnen auf Staffelgold geeicht. An den vergangenen acht Weltmeisterschaften gab es bei den Männern fünf Sieger: Norwegen dreimal, Frankreich zweimal, Deutschland, Russland und Schweden je einmal. Bei den Frauen waren es Norwegen viermal, Deutschland zweimal, Frankreich und Italien je einmal. In diesem Jahr deutet vieles auf Frankreich hin. Die Teams um Éric Perrot und Julia Simon sind kaum zu schlagen – weil auch das Skimaterial stimmt bei den Franzosen. «Sie stechen da etwas aus der Masse des Feldes heraus», sagt Flunger. «Aber wir waren hinsichtlich Material bis jetzt auch gut dabei.»
Die Schweizer Biathlon-Staffelbilanz
Die Schweiz wartet weiter auf die erste WM-Medaille. Nahe dran war sie 2024 und auch in diesem Jahr in der gemischten Staffel. Die Männer- und Frauenstaffeln haben hingegen noch keine Annäherungen ans WM-Podest geschafft. 2023 liefen erstmals beide Staffeln in die Top Ten. 2024 gab es einen Rückschlag, als die Männer 14. und die Frauen 9. wurden. Immerhin: Mit viel Fantasie liesse sich ein Schweizer Staffel-Grosserfolg nennen. 1924, an den ersten Olympischen Winterspielen in Chamonix, holte eine Schweizer Biathlon-Staffel Gold. Wobei das Ganze damals noch «Militärpatrouille» hiess. Vier Männer machten sich gleichzeitig auf eine 30-km-Strecke, im Wald wurde an einem 250-m-Schiessstand um Zeitbonifikationen geschossen. Die Schweizer Patrouille war vor der finnischen im Ziel. Zwei von sechs Teams gaben wegen schlechten Wetters auf, weiss die Website olympedia.com.
Die Schweizer Staffel-Chancen
Aufgrund der bisherigen WM-Resultate ist Zuversicht angesagt. Das Schweizer Trainerteam hat es geschafft, die Formkurve bei den Laufleistungen auf die WM hin richtig zu legen. Das findet auch Sandra Flunger, die sagt: «Es wird eine enge Sache, wie es bei Staffeln oft der Fall ist.» In der Männerstaffel ersetzt der 21-jährige Fribourger James Pacal den gesundheitlich angeschlagenen Jérémy Finello. Er wird an der Seite von Niklas Hartweg, Sebastian Stalder und Joscha Burkhalter starten. Bei den Frauen werden neben Amy Baserga und Lena Häcki-Gross die Schwestern Aita und Elisa Gasparin an den Start gehen. Sollte es nicht klappen mit einer Medaille, ist da noch der Sonntag: Dann geht es im Massenstart um die letzten WM-Entscheidungen.