Nach Treffen mit EU-Abgeordneten: Schweizer Parlamentarier wollen an Rahmenabkommen anknüpfen
Nach einem Treffen der Europa-Delegation des Schweizer National- und Ständerats und ihres Pendants im EU-Parlament in Rapperswil-Jona ist klar: Die Volksvertreter aus Bern und der EU wollen vorwärtsmachen. Das kommt in einer gemeinsamen Erklärung zum Ausdruck, welche im Namen der beiden Delegationspräsidenten, dem St. Galler Ständerat Benedikt Würth (Mitte) und dem südbadischen EU-Abgeordneten Andreas Schwab (CDU), verabschiedet wurde. Auf der Schweizer Seite hat die Delegation über die Erklärung abgestimmt.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Parlamentarier dort anknüpfen wollen, wo der Bundesrat im Mai 2021 die Verhandlungen zum Rahmenabkommen überraschend abgebrochen hat. Das zeigt sich an verschiedenen Punkten. Erstens wird die dynamische Rechtsübernahme nicht infrage gestellt. Zweitens wird der Mechanismus der Streitschlichtung samt Rolle des Europäischen Gerichtshof explizit als «angemessener Kompromiss» beschrieben. Die künftigen institutionellen Lösungen zwischen der Schweiz und der EU sollten «darauf zurückgreifen». Und auch bei den Staatsbeihilfen sind sie der Meinung, dass eine «gegenseitig akzeptable Lösung» im Rahmenabkommen bereits gefunden worden sei.
Würth: «Alte Fragen sind nach wie vor da, nur müssen sie besser gelöst werden»
Differenzen gibt es wenig überraschend beim Schweizer Lohnschutz und der Personenfreizügigkeit. Aber: Die Instrumente, welche im Rahmenabkommen zur Sicherung der Flankierenden Massnahmen enthalten seien, sollten hier «die Basis jeder Entwicklung» sein. Anders gesagt: Die Parlamentarier fordern, an den Kompromisslösungen weiterzufeilen, die man damals ins Rahmenabkommen eingebaut hat. Für die Schweizer Seite wichtig ist hier, dass die autonome Durchführung der Arbeitsmarktkontrollen und die Kontrolldichte abgesichert werden.
Beim zweiten Zankapfel der Personenfreizügigkeit und spezifisch bei der Unionsbürgerrichtlinie sei «ein Ausgleich der Interessen» zu finden. Während «Ausnahmen» im Bereich der ständigen Niederlassung und den Ausschaffungen auch von den EU-Parlamentarier anerkannt werden, ist von der Ausklammerung der ganzen Richtlinie, wie sie der Bundesrat in den Verhandlungen gefordert hatte, keine Rede mehr. Auf Anfrage sagt Delegationspräsident Benedikt Würth, es sei massgeblich, dass die Schweiz die Grundsätze ihrer Migrations- und Integrationspolitik weiterführen könne. Klar ist: Es geht hier auch um die Ausschaffung von kriminellen Ausländer, welche die Schweiz per Volksinitiative in die Verfassung geschrieben hat.
Generell ist Würth überzeugt, dass die Differenzen zur EU überbrückbar und die Probleme mit gutem Willen lösbar seien. In diesem Sinne erwarte er vom Bundesrat wie auch von der EU-Kommission mehr Engagement und Pragmatismus. Zur Frage einer Wiederbelebung des Rahmenabkommens sagt er, dass der Bundesrat ein neues Mandat vorlegen müsse. Der neue vertikale Ansatz sei gut, aber: «Die alten Fragen sind nach wie vor da, nur müssen sie besser gelöst werden», so Würth.
Neben den Diskussionen über Lohnschutz und Personenfreizügigkeit liessen sich die Parlamentarier auch von Staatssekretärin Livia Leu und Juraj Nociar, dem Kabinettschef des für die Schweiz zuständigen EU-Kommissars Maros Sefcovic auf den neusten Stand der Gespräche bringen.