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Es mangelt auch im Nationalrat an Rezepten gegen den Lehrermangel

In der Schweiz fehlen Lehrerinnen und Lehrer. Nun hat sich der Nationalrat mit dem Lehrermangel beschäftigt. Bahnbrechende Ideen gab es da nicht. Aber immerhin eine Erleichterung für angehende Lehrpersonen.

Es ist der Traum jeder Schülerin und jedes Schülers: Bei der Prüfung einen Fehler machen, diesen nach der Abgabe bemerken und dann doch noch einmal eine Chance bekommen. Es bleibt ein Traum. Anders war es am Donnerstag im Nationalrat. Da bemerkte die SVP nach der Abstimmung, dass sie eigentlich hätte anders stimmen wollen, stellte einen Ordnungsantrag und bekam die Chance noch einmal. Das Thema war: Der Lehrpersonenmangel.

Es sei «schlicht zu wichtig», sagte Verena Herzog (SVP/TG) um jetzt wegen eines dummen Abstimmungsfehlers Lösungsansätze zu blockieren. Und siehe da: Statt zweimal «Nein» gab es nun zweimal «Ja». Wer jetzt aber glaubt, damit sei der Lehrermangel subito behoben, der sitzt auf der gleichen Träumerwolke wie das Schulkind, welches seinen Fehler nach der Prüfung korrigieren will. Denn beschlossen hat der Nationalrat lediglich zwei Untersuchungen.

Welchen Einfluss haben Schulreformen?

Erstens muss der Bund nun abklären, warum Lehrpersonen im Beruf bleiben – oder eben nicht. Und zweitens soll eruiert werden, welchen Einfluss «grundlegende nationale Schulreformen» haben. Dabei soll aufgezeigt werden, welche Auswirkungen die einzelnen Reformen auf die Schülerinnen und Schüler «im Positiven wie im Negativen» haben «sowie die zusätzlichen Belastungen der Lehrpersonen». Beide Vorstösse stammen aus der Küche der Bildungskommission. So sollen nachher «gezielte Massnahmen gegen den Lehrpersonenmangel» diskutiert und ergriffen werden können.

Simon Stadler (Mitte/UR), ausgebildeter Primarlehrer, fürchtete, dass es durch diese Abklärungen für die Lehrpersonen «nur noch mehr Bürokratie» gibt. «Die müssen dann Fragebögen ausfüllen, anstatt, dass sie sich um die wirklich wichtigen Sachen zu kümmern können. Etwa die Unterrichtsvorbereitung.» Die Vorstösse würden die Probleme nicht lösen. Es ging Stadler, wie es manchem Lehrer auch manchmal ergeht: Die Klasse, hier der Nationalrat, hörte nicht auf ihn.

Mindestens ein Stückchen konkreter ist eine andere Forderung, die am Donnerstag ebenfalls eine Mehrheit fand. Neu sollen Absolventinnen und Absolventen einer Berufsmatura prüfungsfrei an pädagogischen Hochschulen zugelassen werden. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion angenommen. Gegen den Willen des Bundesrats. Dieser wollte das aus zwei Gründen nicht. Erstens sei das Sache der Kantone und zweitens garantiere eine Berufsmatura nicht die «breite Allgemeinbildung», die für ein «erfolgreiches Studium» erforderlich ist.

Die PHs können die Lücken nicht füllen

Auch hier war Lehrer Stadler Wortführer. Dieses Mal aber für und nicht gegen den Vorstoss. Auch er selbst kam nach der Berufsmatura in den Pädagogenjob. Er konterte den Vorwurf, dass mit der Abschaffung der Aufnahmeprüfung der Lehrerberuf abgewertet werde: «Das Schlimmste, was dem Lehrerberuf passieren kann, ist, dass unausgebildete Leute als Lehrerinnen und Lehrer angestellt werden. Ich glaube, das schadet unserem Berufsstand mehr als diese Motion.»

Und genau das passiert derzeit. Gerade im vergangenen Sommer mussten mehrere Kantonen Personen ohne Lehrerdiplom anstellen, da sonst die Stellen nicht hätten besetzt werden können. Und die laufenden Prognosen des Bundes sehen beim Lehrermangel keine Entspannung. Bis im Jahr 2031 müssen die Kantone für die Primar- und Oberstufe rund 70’000 neue Lehrpersonen rekrutieren. Abgängerinnen und Abgänger von Pädagogischen Hochschulen werden die Lücke gemäss dem Bundesamt für Statistik nicht schliessen können.