Sorge um die Schwächsten: Die Aargauer Sonderschulen sind voll, Therapieplätze Mangelware
Im aktuellen Schuljahr werden an der Heilpädagogischen Schule in Zofingen 106 Kinder und Jugendliche unterrichtet. Eigentlich hätte es nur Platz für 100. Die Heilpädagogische Schule in Döttingen musste im letzten Sommer Kinder und Jugendliche abweisen, weil der Platz nicht reichte. Ähnliche Situationen gab es in Wohlen, Lenzburg oder Wettingen. Denn: Die Sonderschulen im Aargau sind voll, die Nachfrage nach Plätzen ist grösser als das Angebot.
In den vergangenen Jahren hat der Platz an den Sonderschulen nie ausgereicht, obwohl der Aargau eine der höchsten Sonderschulquoten der Schweiz hat. Im letzten Jahr fehlte für 111 Kinder und Jugendliche ein angemessener Bildungsplatz. Dabei gilt Schulpflicht auch für Kinder mit einer Behinderung. Das Problem wurde erkannt, mit dem «Projekt Sonderschulung» will es der Kanton angehen. Letzten Sommer schaffte er als Puffer zudem 40 zusätzliche Sonderschulplätze, befristet auf drei Jahre.
Doch nach wie vor fehlten für Kleinkinder, Kinder und Jugendliche entsprechende Plätze. Das schreiben Grossrätinnen und Grossräte aller Parteien (ausser der EDU) in einer Interpellation an den Regierungsrat. Dabei geht es nicht nur um die Sonderschulen, sondern auch um Therapieplätze in Ambulatorien, etwa für Logopädie, Psychomotorik, Autismus oder die Heilpädagogische Früherziehung.
Mit monatelanger Ungewissheit auf Platzsuche
«Eltern und Angehörige beklagen sich über sehr lange Wartelisten mit entsprechenden monatelangen Wartefristen aufgrund mangelnder Kapazitäten in den Ambulatorien», heisst es im Vorstoss. Schulleitungen, Schulpsychologische Dienste und Eltern suchten in «monatelanger Ungewissheit verzweifelt nach geeigneten freien Plätzen» in Sonderschulen. Insbesondere für Kinder und Jugendliche mit sozialen Beeinträchtigungen und schweren Spracherwerbsstörungen sei der Platz knapp.
Vom Regierungsrat wollen die Interpellantinnen wissen, wie viele Kinder und Jugendliche sich derzeit auf einer Warteliste für einen Therapieplatz befinden und wie lange die Wartezeiten sind. Weiter wird nachgefragt, wie viele Schülerinnen und Schüler im nächsten Jahr keinen Platz an einer Sonderschule erhalten, obwohl diese vom Schulpsychologischen Dienst empfohlen wird, sowie wie viele aufgrund der Kapazitätsengpässe eine Privatschule oder eine ausserkantonale Sonderschule besuchen.
Wie die hohe Quote senken?
Insbesondere aber haben die Grossrätinnen und Grossräte Fragen zum weiteren Vorgehen: Welche konkreten Unternehmungen der Kanton vornehme, um die Engpässe zu lindern, wollen sie wissen. Und ob sich die aktuelle kantonale Angebotsplanung bei Therapien und Sonderschulen auch tatsächlich mit dem Bedarf decke. Und schliesslich erhoffen sie sich Klarheit bei jener Frage, die bisher immer unbeantwortet blieb: Warum ist die Sonderschulquote im Kanton Aargau so hoch?
Antworten gibt es voraussichtlich in drei Monaten.