Martin Suters Romanbiografie über Bastian Schweinsteiger ist sein schlechtestes Buch
Wenn man eine kitschige Lebensgeschichte voller sprachlicher und psychologischer Banalitäten über einen deutschen Fussball-Multimillionär und Weltmeister lesen will, ist man mit diesem Buch gut bedient. Der Schweizer Bestsellerautor Martin Suter macht es den Literaturkritikern dieses Mal etwas gar leicht. Der Spott ergiesst sich in den Feuilletons denn auch grosszügig über ihm. «Ein richtig schlechtes Buch» titelte etwa die «Süddeutsche Zeitung». Sogar im SRF hiess es: «Kitschig.»
Basti, der sportvernarrte Lausbub aus der bayerischen Provinz, der es vom Schulschwänzer bis zum Helden der WM in Rio de Janeiro gebracht hat, bei Bayern München 14 Millionen Euro im Jahr erhielt und als vorläufige Krönung seines noch recht jungen Lebens die schönste Tennis-Nr. 1 der Welt in einer Luxus-Traumhochzeit in Venedig heiratet. Basti, der nicht mehr – wie früher von Fans gerufen – Schweini genannt werden will (seine PR-Agentur versucht, es den Medien zu verbieten). Basti also hat sich den Bubentraum erfüllt, den er aus reiner Spielfreude erreicht haben will, war ein paarmal verletzt, rappelte sich aber immer wieder auf.
Einziger Tiefpunkt: Er hat 2012 einen entscheidenden Elfmeter im Champions-League-Final gegen Chelsea verschossen. So einer also sagt nach seinem Abschiedsspiel in München:
«Ich bin einer von euch und werde immer einer von euch bleiben.»
Er meint das offenbar wirklich so – weil er trotz Jetset-Leben ein einfacher, netter Bursche geblieben sei. Die paar wenigen ästhetischen Eskapaden (gefärbte Haare) haben ihm die Fans denn auch verziehen. Schweinsteiger tritt ja tatsächlich nicht auf wie andere abgehobene Fussball-Freaks wie Christiano Ronaldo oder Neymar Jr.
Eine Geschichte voller Plattitüden ist halt kein Roman
Ronaldo und Neymar wären natürlich die besseren, weil schrilleren und widersprüchlicheren Romanfiguren. Denn man fragt sich beim Lesen von «Einer von euch» ständig: Kommt da noch etwas Literarisches? Er selbst habe eine autorisierte Biografie über seine Karriere bisher immer abgelehnt, liess Bastian Schweinsteiger vor Erscheinen dieses Buches verlauten.
Seine Meinung habe er erst geändert, als ihm ein Freund vorschlug, Martin Suter könne ja doch mit literarischen Freiheiten eine Romanbiografie über ihn schreiben. Gewiss eine originelle Idee, auch wenn Schweinsteiger eher Videogames statt Romane konsumiert. Nur blöd und entlarvend dankt Suter im Nachwort den Personen für die verwendeten Zitate. Also darf man annehmen, seine Romanfiguren reden im realen Leben tatsächlich so.
Das ist denn auch das Hauptproblem dieses Buches: die psychologische und sprachliche Plattheit. Bevor Schweinsteiger seine Tennis-Nr. 1 kennen lernt, hat er zwei Trennungen von langjährigen Freundinnen hinter sich gebracht. Beide Male erklärt er dazu lediglich, sie hätten sich wohl «auseinandergelebt». Kein zusätzlicher Satz, kein Gedanke mehr fällt ihm dazu ein. Darf man als Schriftsteller seine Hauptfigur als einen solchen Einfaltspinsel blossstellen? Wenn Martin Suter über die fussballerischen Qualitäten seiner Romanfigur schreibt, tönt das so: «Er hatte einen unglaublich sicheren Pass und eine hohe Spielintelligenz.»
So was sagt ein Fussballreporter, aber kein Schriftsteller. Schweinsteigers lebensphilosophische Kurzsätze wie «Pech im Spiel, Glück in der Liebe» oder der Trostversuch seiner Ex-Freundin «Das ist normal, nach der Euphorie fällt man manchmal in ein Loch» sind halt peinliche Plattitüden. Suter rettet sein Buch ein wenig mit charmanten Kindheitsszenen, in denen Bastis Entengang und seine Küsse auf dem Friedhof mit Ironie beschrieben sind.
Von «Small World» bis «Der Koch» hat Martin Suter einige elegante und kluge Zeitgeistromane geschrieben, «Einer von euch» aber ist ein Ärgernis.