Klimastreik-Bewegung kündigt Demonstration gegen Notkraftwerk Birr an – Kanton verlangt Nachbesserungen
Obwohl die Einsprachefrist noch läuft, haben die Bauarbeiten für das Reservekraftwerk auf dem GE-Areal in Birr bereits begonnen. Dies kritisiert die Klimastreik-Bewegung in einer Mitteilung vom Donnerstag scharf: «Vor einigen Tagen hat der Bundesrat den Bau von acht Öl- und Gasturbinen eigenhändig angeordnet. Dies geschieht ohne jegliche demokratische Mitsprachemöglichkeiten. Das Recht zur Einsprache hat dabei keine aufschiebende Wirkung und verkommt wohl zur Farce.»
Am vergangenen Freitag hat der Bundesrat die Bewilligungspflichten angepasst. Die Landesregierung hat beschlossen, dass das Umweltdepartement (Uvek) den Bau des Kraftwerks mittels Verfügung bewilligen kann. Auf diese Weise könnten die Bauarbeiten rasch realisiert werden, heisst es in der Mitteilung des Bundesamtes für Energie. Am Montag fuhren in Birr bereits die ersten Maschinen auf, Einsprachen gegen das Notkraftwerk sind beim Bund bisher keine eingegangen.
Demonstration gegen Reservekraftwerk in Birr am 8. Oktober
Widerstand gibt es aber sehr wohl: In einer Mitteilung ruft die Klimastreik-Bewegung zu einer Demonstration gegen das Reservekraftwerk in Birr auf. Diese finde am 8. Oktober statt und beginnt um 14 Uhr beim Bahnhof Birr – in unmittelbarer Nähe des Bauplatzes für das Kraftwerk.
Lena Bühler hält in der Mitteilung der Klimastreik-Bewegung fest: «Gleich neben dem Kraftwerk befinden sich mehrere Landwirtschaftsbetriebe und eine Schule.» Bei der Verbrennung von Öl würden verschiedene für Kinder und ältere Menschen höchst gesundheitsschädliche Schadstoffe emittiert. Bühler kritisiert: «Ohne exakte Informationen über die gesundheitlichen Folgen wird hier das schmutzigste Kraftwerk der Schweiz gebaut. Dagegen wehren wir uns.»
Klimastreik rechnet mit 1600 Tonnen CO2-Ausstoss pro Tag
Für den Bau der Öl- und Gaskraftwerke habe der Bundesrat sämtliche Verordnungen bezüglich Umweltstandards und -abklärungen ausser Gefecht gesetzt, schreibt die Klimastreik-Bewegung. Es sei «absolut unhaltbar, im Jahr 2022 fossile Infrastruktur noch weiter auszubauen.» Besonders kritisch sehen die Aktivisten das Reservekraftwerk Birr, weil dieses wohl nicht mit Gas, sondern mit Öl betrieben wird.
Stromerzeugung aus Öl ist wegen des höheren CO2-Ausstosses noch klimaschädlicher als ein Betrieb mit Gas. Dazu habe der Bund an der entsprechenden Infoveranstaltung keine Zahlen vorlegen können, bemängelt Jonas Kampus vom Klimastreik. Eigene Berechnungen hätten ergeben, dass die acht Turbinen pro Tag über 1600 Tonnen CO2 emittieren werden.
Klimastreik-Bewegung kritisiert fehlende Filter beim Notkraftwerk
«In Birr wird es diesen Winter mächtig stinken und unglaublich laut sein. Die Planlosigkeit der Beamtinnen aus Bundesbern an der Informationsveranstaltung hat mich doch ziemlich stutzig gemacht», lässt sich Jonas Kampus, der wohl bekannteste Vertreter des Klimastreiks, in der Mitteilung zitieren.
Abgesehen von der grundsätzlichen Kritik an fossilen Kraftwerken ärgern sich die Klimastreik-Aktivisten darüber, dass für diesen Winter bei den Turbinen in Birr keine Luftpartikelfilter eingebaut und wohl nur eine kleine Schallschutzwand errichtet werde.
Regierungsrat fordert besseren Schutz von Umwelt und Bevölkerung
Der Aargauer Regierungsrat begrüsst das Reservekraftwerk Birr, setzt sich aber für Nachbesserungen zum Schutz der Bevölkerung ein. Das sagte Energiedirektor Stephan Attiger am Donnerstag an einer Medienkonferenz zur Gas- und Strommangellage. Attiger wiederholte die bereits früher gestellte Forderung, den Einsatz des öl- oder gasbetriebenen Kraftwerks auf ein Minimum zu beschränken und andere, stufengerechte Energiespar-Massnahmen vordringlich auszuschöpfen.
Zudem forderte der zuständige Regierungsrat:
«Die Anlage in Birr muss so gebaut und betrieben werden, dass möglichst wenig Immissionen entstehen und der Schutz von Bevölkerung und Umwelt jederzeit gewährleistet ist.»
Es gelte, minimal einzuhaltende Grenzwerte für die Lärm- und Luftbelastung sowie technisch und wirtschaftlich zumutbare Absenkpfade zu definieren. Überdies habe der Kanton beim Bund und bei General Electric interveniert und verlangt, die Standortwahl auf dem Gelände zu überprüfen «respektive überzeugend darzulegen, warum kein besser geeigneter Standort möglich ist».