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«Birrer-Wäldli»: Der private grüne Fleck bleibt auf der Rothrister Waldkarte

Die ehemalige Kiesgrube, bekannt als Birrer-Wäldli, ist nach intensiven Rodungsarbeiten kranker und geschwächter Bäume neu ein Waldbiotop.

Im Wald herbstet es nicht nur, «es herrsche auch eine Toilettenpapierstimmung», meinte kürzlich ein regionaler Forstwart in einem Interview, angesprochen auf die enorme Nachfrage nach Brennholz. Holz aus ihrer eigenen 32 Aren grossen Waldparzelle mitten im dicht besiedelten Rothrister Wohnquartier am Brunner-, Born- und Stauwehrweg haben Margrit und Peter Birrer seit dem Einsatz einer Gruppe des Forstbetriebes Region Zofingen unter der Leitung von Förster Peter Gruber mehr als genug.

Das «Birrer-Wäldli», das ohne menschliches Dazutun aus einer ehemaligen Kiesgrube während Jahrzehnten mit bis zu 30 Meter hohen Bäumen heranwuchs, ist im Gebiet ennet des Bahngleises, im «Nordrist», vermutlich der grösste private Forst. Obwohl keinen wirklichen wirtschaftlichen Nutzen habend, liegt das Wäldli anstehend an ihr Chalet dem Ehepaar sehr am Herzen. Peter Birrer war sich bewusst, dass der Baumbestand längst ein kritisches Alter erreicht hatte und geschwächte Bäume für die Anwohner und Strassenbenützer bei Windböen eine Gefahr waren.

Auf dieser Aufnahme von 1925 ist unten rechts die für den Kraftwerkbau genutzte Kiesgrube zu sehen.
Bild: Bildarchiv ETHZ/Stiftung Luftbild Schweiz

Am 23. Juni krachte es um 20 Uhr am Stauwehrweg

Dass etwas zur Sicherheit der Anwohner und Passanten geschehen musste, zeigte sich am Sturmabend vom 23. Juni, als es gegen 20 Uhr gewaltig krachte und eine etwa 30 Meter hohe Esche quer über den Stauwehrweg fiel und aus dem Gartenzaun eines Einfamilienhauses Kleinholz machte. «Kaum auszudenken, wenn Passanten oder ein vorbeifahrendes Fahrzeug getroffen worden wären», sagt ein nachdenklicher Peter Birrer.

Für den Schaden am Gartenzaun in der Höhe von einigen 1000 Franken musste der Waldeigner selbst aufkommen. «Die Angst vor weiteren Sturmereignissen liess uns nicht mehr ruhig schlafen», sagt Birrer. Nach Kontaktaufnahme mit Kantonsförster Erwin Städler nahm sich Peter Gruber vom Forstbetrieb Region Zofingen der Waldparzelle inmitten des Wohnquartiers an. Unter seiner Leitung wurden durch ein Holzerteam Bäume mit Gefahrenpotenzial gefällt. Das «Birrer-Wäldli» ist nun als Waldbiotop eingestuft, die Parzelle weiterhin nicht überbaubar.

Birrer erinnert sich daran, dass der Schwiegervater seiner verstorbenen ersten Frau Ruth, Fritz Wehrli, den Aushub für den Bau des Chalets im Jahre 1952 selbst realisierte und mit unzähligen Bollensteinen im Wäldli einen Terrassengarten angelegt hatte. Diese Steinmauern befinden sind noch immer in einem guten Zustand.

Nachdem die Grube ihren Zenit überschritten hatte, überliess man sie Mutter Natur. Nach und nach wuchs ein Wäldchen heran. «Vor etwa 30 Jahren entschied der damalige Kreisoberförster Herbert Schatzmann aus Zofingen, dass die Parzelle mit gut 50 Bäumen ins Waldregister eingetragen werden müsse. Pro Kalenderjahr durften wir 10 Kubikmeter Holz entnehmen», sagt Birrer.

Grube lieferte einst Kies für Kraftwerk Ruppoldingen

Aus Überlieferungen von Alfred Brunner, Grossvater der ersten Frau von Peter Birrer, und Schwiegervater Fritz Wehrli, ursprünglicher Besitzer der Parzelle, kennt Birrer die Entstehung seines Wäldlis, das etwa vor 80 Jahren auf steinigem Boden zu wachsen begann. Vorher wurde aus der Grube, die sich gegen Westen ungefähr bis zur Stahlrohr AG (heute Benteler AG) erstreckte, Kies abgebaut. Material, das für den Bau des nahen Stauwehrs und den künstlich angelegten 750 Meter langen Kanal des Kraftwerks Ruppoldingen in grossen Mengen benötigt wurde. Mit den Bauarbeiten wurde im November 1894 begonnen , die zwei Jahre später abgeschlossen wurden. Das Kraftwerk war damals eines der grössten der Schweiz. Das Kanalkraftwerk, das über 100 Jahre funktionierte, musste im Jahr 2000 einem modernen, 220 Mio. Franken teuren Flusskraftwerk weichen.