
«Eine gute Zeit, zu kaufen»: Dieser Trump-Post wirft Insiderhandel-Fragen auf
Etwa vier Stunden vor Trumps Ankündigung am Mittwoch, alle (zusätzlichen) Zölle ausser diejenigen auf chinesische Importe für 90 Tage aussetzen zu wollen, setzte der US-Präsident zwei Posts auf seiner Plattform Truth Social ab.
Der erste las sich so: «BE COOL! Alles wird sich zum Guten wenden. Die USA werden grösser und besser sein als je zuvor!»
Vier Minuten später folgte ein weiterer Post: «Das ist eine gute Zeit, zu kaufen!!! DJT»

Screenshot Truth Social
Nun muss man kein Börsen-Genie sein, um zu vermuten, dass Donald Trump, insbesondere mit seinem zweiten Post, die nächste Bewegung der Aktienmärkte – ein Heraufschnellen nach tagelangen Abstürzen – vorwegnahm.
Kurz vor 13:30 Uhr (US-Zeit) kündigte Trump die Zoll-Pause an, was die Aktienkurse in die Höhe schnellen liess. Der technologielastige Nasdaq-Index verzeichnete mit einem Anstieg von fast 12 Prozent den grössten Tagesgewinn seit 2008, während der zweite grosse US-Börsenindex, der S&P 500, um 9,5 Prozent und der dritte, der Dow-Jones-Index, um 8 Prozent zulegten.
«Korruption ist der zweite Vorname»
Mitarbeitende der Trump-Administration – die alle noch am Vortag erklärt hatten, Trump würde «niemals nachgeben» – behaupteten daraufhin zwar, es sei dies immer schon Trump Strategie gewesen, nichts anderes als «the art of the deal» – also seine «Kunst, zu verhandeln».
Trump selber war vor allem stolz auf den fast 12-Prozent-Kursanstieg: «Das ist der grösste Anstieg in der Geschichte des Aktienmarktes. Das ist ziemlich gut», so der US-Präsident vor Reportern im Oval Office.
Doch seine Kritiker fanden das weit weniger lustig. In Teilen auf Social Media sowie unter seinen politischen Gegnern ist man sich einig: Das Ganze riecht verdächtig nach Insider-Handel.
Der demokratische Senator Adam Schiff schrieb am Mittwoch: «Trump sorgt mit seinen immer wiederkehrenden Zöllen für gigantische Marktschwankungen», so Schiff in einem X-Post.«Diese ständigen Schwankungen in der Politik bieten gefährliche Möglichkeiten für den Insiderhandel. Wer in der Verwaltung wusste im Voraus von Trumps jüngstem Kurswechsel bei den Zöllen? Hat jemand Aktien gekauft oder verkauft und auf Kosten der Öffentlichkeit profitiert?» Er werde sich mit diesen Fragen an die Trump-Administration wenden – «die Öffentlichkeit hat ein Recht, das zu erfahren.»

J. Scott Applewhite / AP
Und der Demokrat Richard Blumenthal meinte gegenüber NBC News, die Trump-Administration sei ohnehin «voll von Trickbetrügern» – und: «Korruption ist ihr zweiter Vorname».
Keine Hinweise auf Insider-Handel
Nun muss man festhalten: Zurzeit liegen keine Hinweise vor, dass Trump oder seine Mitarbeitenden Insider-Handel betrieben hätten. Vielmehr,so sagt es zum Beispiel CNN,seien praktisch alle um ihn herum selber ob seinen Entscheidungen überrascht gewesen.
Trotzdem: «Wie kann das keine Marktmanipulation sein?», fragte auch der Abgeordnete Mike Levin, Demokrat aus Kalifornien, in den sozialen Medien. «Wenn Sie ein Trump-Anhänger sind und getan haben, was er gesagt hat, und gekauft haben, dann haben Sie gut gehandelt. Wenn Sie hingegen ein Rentner oder ein älterer Mensch oder jemand aus der Mittelschicht sind, der in den letzten Tagen keine Risikotoleranz hatte und sich zum Verkauf entschlossen hat, dann wurden Sie verarscht.»
Doch Republikaner und Trump-Mitarbeitende dementierten sämtliche Vorwürfe. «Es liegt in der Verantwortung des Präsidenten der Vereinigten Staaten, die Märkte und die Amerikaner in Bezug auf ihre wirtschaftliche Sicherheit angesichts der pausenlosen Angstmacherei der Medien zu beruhigen», sagte zum Beispiel ein Sprecher des Weissen Hauses, Kush Desai, in einer Erklärung.
Und Jamieson Greer, US-Handelsbeauftragter der Trump-Administration sagte:
«Das ist keine Marktmanipulation. Wir versuchen, das globale Handelssystem neu zu ordnen.»
Allerdings lösten Aussagen wie diese unter den Demokraten nur noch mehr wütende Fragen aus: «Und wie haben Sie das erreicht?», fragte ihn Stefen Horsford, Demokrat aus Nevada am Mittwoch während eines Komitee-Treffens im Kapitol. «Wenn es also keine Marktmanipulation ist, was ist es dann? Wer profitiert davon? Welcher Milliardär ist gerade reicher geworden?»n
Nun ist es nicht das erste Mal, dass sich Trump dem Vorwurf des Insider-Handels stellen muss. Noch bevor er für seine zweite Amtszeit vereidigt wurde, sah sich Trump im Zusammenhang mit der Einführung seines Meme-Coins $TRUMP mit Kritik an Insidergeschäften konfrontiert.
Was Experten sagen
Doch ist es nun Insider-Handel, oder nicht? Gemäss mehreren US-Medien, die dazu Expertinnen und Experten befragten, würden Aktionen wie diese zumindest Untersuchungen einleiten.
Kathleen Clark, Professorin für Regierungsethik und Korruption an der Washington University School of Law,sagte gegenüber der «New York Times»,die Handlungen von Trump würden «normalerweise eine Untersuchung durch die Börsenaufsichtsbehörde S.E.C. auslösen». Angenommen, die USA befinden sich noch in einem «robusten Rechtsstaat», dann würde die Aktion untersucht werden. Auf eine Anfrage der NYT hat die S.E.C., die Börsenaufsichtsbehörde, noch nicht geantwortet.
Auch Richard Painter, Professor für Ethik und Sicherheitsvorschriften und leitender Ethik-Anwalt des ehemaligen Präsidenten George W. Bush,ist der Meinung,dass der Vorfall zu Ermittlungen führen könnte, «wer was wann wusste, bevor [Trump] ankündigte, dass er die Zölle auf alle Länder ausser China aufschieben würde». Es sei eine «schreckliche Idee» gewesen, diese Posts zu verfassen.
Wie auch immer diese Vorwürfe weiter verfolgt werden – ruhiger dürfte es in nächster Zeit nicht werden. Denn auch wenn Trump die Märkte – zumindest vorerst – beruhigte, warf er gleich schon neue Fragezeichen auf. Zum Beispiel, indem er andeutete, dass er in Erwägung ziehen würde, einige US-Unternehmen von Zöllen zu befreien – bevor er sagte, er würde solche Entscheidungen aber ohnehin «instinktiv» treffen.(lak/watson.ch)