Warum Lulas Wahlsieg eine gute Nachricht für den Amazonas-Regenwald ist
In seiner ersten Rede als gewählter Präsident hielt Luiz Inácio Lula da Silva fest, Brasilien sei bereit, seine führende Rolle im Kampf gegen die Klimakrise wieder aufzunehmen und den Amazonas zu schützen. «Lasst uns für eine Null-Abholzung kämpfen», sagte der Linkspolitiker.
Unter dessen erster Präsidentschaft gelang es Brasilien bereits, die Entwaldung im Amazonasgebiet zwischen 2004 und 2013 um satte 84 Prozent zu reduzieren. Möglich wurde dies durch eine Erhöhung der Zahl der geschützten Gebiete sowie einer besseren Durchsetzung der bestehenden Vorschriften.
Im Gegensatz dazu hielt Jair Bolsonaro nichts von Umweltschutz. Der Verlust des Amazonas-Regenwalds erreichte während seiner Amtszeit einen Höchststand. Er förderte unter anderem den Bergbau, fuhr die Durchsetzung von Umweltgesetzen zurück und säte Misstrauen zu den Daten zur Entwaldung.
Als Konsequenz stieg die Vernichtung des Regenwaldes seit seiner Wahl im Jahr 2019 im Vergleich zu den vorangegangenen fünf Jahren um 70 Prozent an. Dabei wurden über 11’000 Quadratkilometer Wald gerodet, was rund einem Viertel der Fläche der Schweiz entspricht. Zudem lag die Zahl der Brände im August 2019 dreimal so hoch wie im gleichen Monat des Vorjahrs. Auch eine Zunahme der Gewalt gegen Umweltaktivisten und Indigene wurde beobachtet. Hinzu kommt, dass Brasilien internationale Klimaverhandlungen häufig blockierte.
Die Wälder Brasiliens dürften nun mit der erneuten Wahl des Linkspolitikers Lula wieder besser geschützt werden: «Obwohl Lula keinen Kongress hat, der ihn unterstützt, wird er immer noch über beträchtliche Macht verfügen, um die Abholzung zu reduzieren, da ein Grossteil der nötigen Infrastruktur bereits vorhanden ist», sagt Rachael Garrett, Professorin für Umweltpolitik an der ETH Zürich.
So habe er während seiner ersten Amtszeit ein System zur Registrierung von Grundstücken entwickelt, das mit dem System zur Erkennung von Entwaldung in nahezu Echtzeit verknüpft werden könne. Ausserdem habe er das Budget und das Personal der Umweltbehörden aufgestockt, die für die Überwachung der Abholzung und die Durchsetzung der Vorschriften zuständig seien und er unterstützte die landwirtschaftlichen Forschungseinrichtungen, die zur nachhaltigen Intensivierung innerhalb der bereits gerodeten Flächen beitragen.
Landspekulation als Herausforderung beim Schutz des Regenwaldes
Der Amazonas-Regenwald zählt zu den artenreichsten Regionen der Welt und den wichtigsten Kohlenstoffsenken. Eine Studie aus dem vergangenen Jahr ergab jedoch, dass der Regenwald durch Trockenheit, Rodungen und Brände in der Summe bereits mehr CO2 abgibt, als er aufnimmt. Noch sind Tonnen von Kohlenstoff im Amazonas-Regenwald gespeichert. Würden diese freigesetzt, wäre das fatal für das globale Klimasystem. Fachleute sprechen von einem «Kipppunkt», die Folgen wären irreversibel.
Als die grösste Herausforderung im Kampf gegen die Zerstörung des Amazonasgebietes nennt die ETH-Professorin Garrett die Landspekulation. Dabei beschlagnahmen Akteure Land, das offiziell noch nicht als öffentlich oder privat registriert ist und versuchen durch Rodung Rechte am Land zu erwerben. «Auf diese Weise können sie das Land, das sie sozusagen umsonst erhalten haben, behalten und es schliesslich mit hohem Gewinn verkaufen, meist für die Viehzucht und den Sojaanbau», so Garrett. Die Bekämpfung dieses Problems sei besonders schwierig, weil die Flächen anders als Schutzgebiete oftmals kein klares Überwachungssystem hätten.
Garrett zufolge ist die Wahl Lulas auch eine gute Nachricht für den brasilianischen Cerrado, der sich durch eine einzigartige biologische Vielfalt auszeichnet. Zwar habe Lula bereits während seiner ersten Präsidentschaft einen Plan zum Schutz der Savanne initiiert, doch im Rahmen der bestehenden Politik sei sie nur in sehr geringem Masse geschützt. «Die Bekämpfung der Entwaldung im Cerrado ist ebenso dringlich wie die im Amazonas-Regenwald, findet aber international relativ wenig Beachtung», so die Forscherin.